Wirtschaft

Bauzinsen schießen hoch: „Stärkster Wochenanstieg seit Finanzkrise“ | ABC-Z

Die Aussicht auf neue Staatsschulden wirkt sich direkt auf Kredite für diejenigen aus, die eine Immobilie erwerben wollen. Deshalb halten Kreditvermittler auch vier Prozent Bauzinsen für möglich.

Das geplante Milliarden-Schuldenpaket von SPD und Union hat schwere Folgen für Hausbauer. Die Bauzinsen haben sich im Zuge stark gestiegener Renditen für Bundesanleihen drastisch erhöht. Nach Angaben der Frankfurter FMH-Finanzberatung wurden zuletzt für Immobilienkredite mit zehn Jahren Laufzeit Zinsen von rund 3,6 Prozent fällig. Eine Woche zuvor lagen die jährlichen Zinsen im Schnitt noch bei gut 3,4 Prozent und vor einem halben Jahr bei 3,38 Prozent. Da Hausbauer oder Immobilienkäufer oft Hunderttausende Euro an Schulden aufnehmen, werden schon kleine Zinsanstiege teuer.

Das Analysehaus Barkow Consulting schrieb, in der vergangenen Woche seien die Zinsen für Baufinanzierungen mit zehnjähriger Laufzeit auf den höchsten Stand seit sieben Monaten geklettert. Zugleich handle es sich um „den stärksten Wochenanstieg seit der globalen Finanzkrise vor 18 Jahren“.

Mit den Plänen von SPD und Union, die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben zu lockern und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur zu schaffen, kam es zu Turbulenzen an den Anleihenmärkten. So brachen die Kurse von zehnjährigen Bundesanleihen ein, mit denen der deutsche Staat frisches Geld aufnimmt. Im Gegenzug stiegen die Renditen so stark wie seit der Wiedervereinigung 1990 nicht mehr.

Investoren erwarten, dass der Bund im Zuge einer stark steigenden Verschuldung Anlegern mehr Zinsen bieten muss. Die zehnjährigen Bundesanleihen gelten als richtungsweisend am Kapitalmarkt, unter anderem die Bauzinsen orientieren sich an deren Rendite.

Spürbarer Dämpfer auf dem Markt erwartet

Der Immobilienkredit-Vermittler Interhyp rechnet nun mit einem erhöhten Zinsniveau. Auf Basis von mehrheitlichen Angaben befragter Banken dürften sich die Bauzinsen im Jahresverlauf zwischen 3,5 und 4 Prozent bewegen, schrieb Interhyp kürzlich. „Konkret gehen mehr als 70 Prozent des Bankenpanels von einem erhöhten Zinsniveau in der zweiten Jahreshälfte aus, letzten Monat hatten mit 57 Prozent noch deutlich weniger Experten steigende Zinsen für diesen Zeitraum prognostiziert.“

Der jüngste Anstieg der Bauzinsen könnte die Nachfrage von Verbrauchern nach Baukrediten spürbar dämpfen. Mit sinkenden Leitzinsen hatten die Bauzinsen noch vor wenigen Monaten spürbar nachgegeben, was zu einer kräftigen Erholung bei Baufinanzierungen geführt hatte. Auch die Immobilienpreise waren zuletzt wieder leicht gestiegen.

EZB hat Leitzinssätze bereits gesenkt

Vergangene Woche hatte die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts der schwächelnden Wirtschaft im Euroraum ihre Leitzinssätze gesenkt – zum sechsten Mal seit Juni 2024. Der zentrale Leitzins, der Einlagenzins, zu dem Geschäftsbanken Geld bei der EZB anlegen, liegt künftig bei 2,5 Prozent. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte die große Unsicherheit im wirtschaftlichen und politischen Umfeld als Begründung betont.

Auch ihre Wachstumsprognose hatte die EZB nach unten korrigiert: Für 2025 geht sie nun von einem Wirtschaftswachstum um 0,9 Prozent statt wie zuvor um 1,1 Prozent aus, für 2026 erwartet sie nun 1,2 statt zuvor 1,4 Prozent. Die Inflationserwartung dagegen hob sie um 0,2 Prozentpunkte auf 2,3 Prozent an.

Der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld von der EZB leihen können, liegt nun bei 2,65 Prozent; der Zins zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz, bei 2,90 Prozent.

dpa/kami

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"