Elfjährige bekommt Kind – acht Jahre Haft für Angeklagten im Missbrauchsprozess | ABC-Z

Das Landgericht Siegen hat Benjamin S. wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Kammer sah es demnach als erwiesen an, dass der Mann seine Stieftochter für Geschlechtsverkehr missbraucht und im August 2023 geschwängert hat.
Die damals Elfjährige hatte im Mai 2024 ein Kind zu Welt gebracht. Ein Vaterschaftstest hatte ergeben, dass es von Benjamin S. stammt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem 38 Jahre alten Mann zu Beginn des Prozesses sexuellen Missbrauch in insgesamt neun Fällen vorgeworfen, in fünf davon gingen die Ankläger von schwerem sexuellen Missbrauch aus. Am vorletzten Verhandlungstag hatte das Gericht einem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben, acht der neun Anklagepunkte fallen zu lassen. Nun ging es nur noch um den mutmaßlichen Missbrauch, in dessen Folge das Mädchen schwanger wurde. Offenbar fehlten für die anderen Verwürfe ausreichend Beweise.
Zu Beginn der Ermittlungen im vergangenen Jahr hatte die inzwischen Zwölfjährige den Ermittlern erzählt, sie sei verliebt in ihren Stiefvater gewesen und habe sich Sperma aus einem Kondom eingeführt, um schwanger zu werden. Nach psychologischer Betreuung änderte sie ihre Aussage, S. kam im Oktober 2024 in Untersuchungshaft.
Version mit Kondom gilt als unwahrscheinlich
Ein Reproduktionsmediziner hatte im Prozess die Version mit dem Kondom als höchstunwahrscheinlich bewertet. Eine Schwangerschaft im Alter des Mädchens sei nur dann möglich, „wenn ungezielt und häufiger kohabitiert wird“. Zudem hatte ein Spermiogramm dem Angeklagten eine äußerst schlechte Spermienqualität beschieden. Nach Einschätzung des Reproduktionsmediziners könne S. damit zwar noch Kinder zeugen, die Befruchtung einer Eizelle mit diesen Spermien ohne Geschlechtsverkehr sei aber äußerst unwahrscheinlich.
Mit dem verhängten Strafmaß blieb das Siegener Landgericht unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Anwältin, die die inzwischen zwölfjährige Stieftochter vor Gericht vertreten hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren beantragt, die Anwältin der Nebenklägerin die Höchststrafe von 15 Jahren. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Der Angeklagte hatte im Prozess zunächst geschwiegen, sich nach dem Gutachten des Rechtsmediziners dann doch eingelassen und die Vorwürfe weiterhin bestritten. Auch in seinem familiären Umfeld sollen mehrere Menschen von seiner Unschuld überzeugt sein.
Die Urteilsbegründung sollte am Dienstagnachmittag nach der Urteilsverkündung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, wie der Großteil des Prozesses, der Mitte Januar begonnen hatte und acht Verhandlungstage dauerte. Grund für den Ausschluss ist unter anderem der Schutz der Intimsphäre der Minderjährigen.
Die Anwältin der Nebenklägerin hatte nach den Plädoyers am vorletzten Prozesstag gesagt, sie blicke dem Urteil „gespannt, aber zuversichtlich“ entgegen. Der Verteidiger von S. hatte gesagt, er sei „angespannt“. Das Gericht habe keine leichte Entscheidung zu treffen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob die Ankläger oder die Verteidigung Revision einlegen wollen, war zunächst nicht bekannt.