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Liveblog zur Regierungsbildung: ++ Pistorius kritisiert offenbar Unions-Verhandler ++ | ABC-Z


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Stand: 11.03.2025 12:43 Uhr

Nach den Sondierungsgesprächen hat Verteidigungsminister Pistorius intern die Verhandler der Union einem Medienbericht zufolge scharf kritisiert. Juso-Chef Türmer droht mit Ablehnung eines Koalitionsvertrags.

Die wichtigsten Entwicklungen im Liveblog:

Im Bemühen um eine Einigung mit den Grünen auf ein Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur ist die SPD zu Diskussionen über eine Ausweitung des Verteidigungsbegriffs bereit. „Der Vorstoß der Grünen, den Sicherheitsbegriff zu erweitern, halte ich für durchaus diskussionswürdig“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Rheinischen Post. Es ergebe Sinn, „Verteidigung nicht nur im engeren Sinn zu betrachten, sondern auch innere Sicherheit und Bevölkerungsschutz stärker in den Blick zu nehmen“.

Die Grünen hatten am Montag erklärt, die von Union und SPD geplanten Grundgesetzänderungen für ihr Finanzpaket in der aktuellen Form im Bundestag nicht mittragen zu wollen. Sie legten dann einen eigenen Gesetzentwurf vor. Seitdem bemühen sich Union und SPD in Gesprächen um eine Annäherung mit den Grünen, um doch noch eine Mehrheit zu erzielen.

Die Grünen wollen laut ihrem Gesetzentwurf den Verteidigungsbegriff etwa auf nachrichtendienstliche Fähigkeiten, die Unterstützung für „völkerrechtswidrig angegriffene Staaten“ und den Schutz der Zivilbevölkerung ausweiten.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hat rechtliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Grundgesetzänderungen zur Schuldenbremse und dem Sondervermögen geäußert. „Das Gesamtpaket enthält eine Vielzahl von Regelungen, die die Rechtswissenschaft wohl auf Jahre beschäftigen werden“, sagte Heilmann dem „Stern“. Er verwies auf „zahlreiche verfassungsrechtliche Fragen“, die mit den Plänen von Union und SPD aufgeworfen würden. 

„Um ehrlich zu sein, bin ich mir über alle Fragen noch nicht ganz im Klaren, da alles sehr kurzfristig geschieht“, fügte er hinzu. Der CDU-Politiker hatte bereits vor zwei Jahren das Heizungsgesetz der Ampelkoalition vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich angefochten.

Das französische Innenministerium begrüßt den härteren Kurs in der Migrationspolitik, auf den Union und SPD sich bei ihren Sondierungsgesprächen verständigt haben. „Die vom neuen deutschen Bundeskanzler (Friedrich Merz) gezeigte Entschlossenheit ist eine gute Nachricht“, erklärte das Ministerium. Eine strenge Kontrolle der Zuwanderung sei ein Ziel, das Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau teile.

„Der Minister beabsichtigt natürlich, mit der neuen deutschen Regierung an einer entschlossenen europäischen Politik zur Kontrolle der Migrationsströme im Rahmen des europäischen Rechts zu arbeiten“, hieß es weiter.

Umweltpolitiker der Union gehen inmitten der Verhandlungen über das schwarz-rote Finanzpaket mit einem Klimakonzept auf die Grünen zu. Darin finden sich zahlreiche Punkte, die auch von den Grünen geteilt werden, wie aus dem 42-seitigen „Aktionsprogramm“ für die nächste Wahlperiode hervorgeht, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

Darunter ist ein klares Bekenntnis zu den Klimazielen für Deutschland und die EU, die zuletzt in der Kritik standen. Darüber hinaus wird sogar eine Wieder-Verschärfung des von der Ampelkoalition geänderten Klimaschutzgesetzes verlangt. Zwar wird das Abschalten der letzten drei Atommeiler als Fehler bezeichnet. Ein Wiederanfahren oder gar der Bau neuer Reaktoren wird aber als unwirtschaftlich abgelehnt. Dies steht im Widerspruch zu Positionen der Unionsführung.

Das Papier ist von der KlimaUnion verfasst. Sie ist kein formaler Teil der Union, setzt sich jedoch aus zahlreichen Unionspolitikern zusammen.

Die Gewerkschaft IG Metall hat ein mögliches Sondervermögen für die Infrastruktur in Deutschland grundsätzlich begrüßt, gleichzeitig aber konkrete Maßnahmen angemahnt. „Das Geld darf nicht mit der Gießkanne verteilt werden“, sagte der zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner. Die Menschen müssten an ihren Arbeitsplätzen schnell Verbesserungen spüren.

Die Einigung in den Sondierungsgesprächen von Union und SPD auf ein Sondervermögen für die Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro sei „eine gute Nachricht“ und ein „wichtiger Meilenstein“, sagte Kerner. Noch sei die konkrete Umsetzung aber offen. „Die Politik ist auf dem Weg zu liefern“, sagte auch IG-Metall-Chefin Christiane Benner.

Die IG Metall forderte den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Autos und Lastwagen, Investitionen in das Wasserstoffnetz und günstigere Energiepreise für die Industrie.

Der Chef des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat Union und SPD aufgefordert, die geplante massive Schuldenaufnahme auch wirklich zur Finanzierung zusätzlicher Ausgaben bei Verteidigung und Infrastruktur einzusetzen. „Was wir brauchen, sind nicht das Verteilen von Geschenken oder von Wohltaten“, sagte Fuest im ARDMorgenmagazin. Nötig seien im Bundeshaushalt „Kürzungen bei nicht prioritären Ausgaben“. 

Doch die voraussichtlich künftige Koalition „marschiert hier genau in die entgegengesetzte Richtung“, kritisierte Fuest. „Man muss jetzt darauf achten, dass es zusätzliche Investitionen sind, zusätzliche Verteidigungsausgaben, die mit den Schulden finanziert werden.“ Im Kernhaushalt müssten gleichzeitig „Ausgaben in Richtung der Prioritäten umgeschichtet werden“. Wenn Ausgaben für bestimmte Gruppen oder Steuersenkungen durch Schulden finanziert würden, „dann muss man sagen, das passt nicht in die Landschaft“.

Der CDU-Politiker Thorsten Frei sieht bei der geplanten Reform der Schuldenbremse eine Kompromissmöglichkeit mit den Grünen bei Verteidigungsausgaben. Der Vorschlag, dass die Ausgaben nicht ab einem Prozent der Wirtschaftsleistung, sondern erst ab 1,5 Prozent von der Schuldenbremse ausgenommen werden, „ist grundsätzlich im Bereich des Vorstellbaren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschlandfunk. Auch in den tagesthemen hatte Frei bereits betont, dass er eine Einigung weiter für möglich hält.

Skeptisch äußerte er sich nun zur Forderung der Grünen, den Verteidigungsbegriff sehr viel weiter zu fassen, damit auch Ausgaben etwa für Geheimdienste darunter fallen. Dies könne schnell an rechtliche Grenzen stoßen. „Aber das sind Details, die muss man sich im Einzelnen anschauen. Es ist jedenfalls nicht so, dass das meilenweit auseinanderläge, wo man keinesfalls zusammenkommen könnte.“

Grünen-Parteichef Felix Banaszak zeigt sich weiter offen für Gespräche zum Verteidigungs- und Infrastrukturpaket – sieht den Handlungsdruck aber bei Union und SPD. Die schwarz-rote Koalition werde auf der Grundlage verhandelt, „dass die Grünen ihnen erst mal sehr, sehr viel Geld zur Verfügung stellen“, sagte er bei RTL und ntv. „Deswegen bin ich gespannt auf das, was uns jetzt angeboten wird.“

Aus Sicht der Grünen sei weiter eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse notwendig, sagte Banaszak. Dafür könne die Union im neuen Bundestag auch eine Mehrheit mit der Linken ausloten. Wenn man sich darauf nicht verständigen könne, seien die Grünen weiter offen, im alten Bundestag mehr Geld für die Verteidigung zu beschließen. „Wir stehen im Zweifel zur Verfügung, auch nur das zu machen, was jetzt dringend ist“, sagte Banaszak.

Das ifo-Institut ist skeptisch, ob eine Lockerung der Schuldenbremse in allen Bundesländern gelingen kann. Nur in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und im Saarland könne die Schuldenbremse auf Länderebene per Gesetz mit einfachen Mehrheiten in den Parlamenten gelockert werden, teilte das ifo-Institut mit.

In den restlichen Bundesländern seien Verfassungsänderungen mit Zwei-Drittel-Mehrheiten notwendig. „Es ist keineswegs ausgemacht, dass in den Ländern Mehrheiten für eine Lockerung der Schuldenbremse zustande kommen“, sagte Joachim Ragnitz von der ifo-Niederlassung Dresden. Eine verfassungsändernde Mehrheit haben die Regierungsparteien den Angaben zufolge nur in Schleswig-Holstein.

CDU, CSU und SPD haben in ihren Sondierungen für eine Koalition auch vereinbart, die Schuldenregeln für die Länder zu lockern.

Im Streit zwischen Union und SPD über die Auslegung der gemeinsamen Sondierungsvereinbarungen zur Migrationspolitik hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Verhandler der Union einem Bericht zufolge scharf kritisiert. „Ich sag’s Euch wie es ist: Diese Gesprächspartner waren die mit Abstand unangenehmsten. Humanität und Verantwortung für andere Menschen? Null komma null“, sagte Pistorius nach Informationen des „Stern“ in der Sitzung des SPD-Bundestagsfraktion.

Der Minister nannte dabei namentlich zwei der Top-Verhandler der Union, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und den Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei. „Ich sage es Euch: Dobrindt und Frei, sie sind wirklich unangenehm. Sie haben kein Gewissen“, sagte Pistorius.

Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zum Thema Asyl verteidigte Pistorius. Man habe die schlimmsten Sätze aus dem Sondierungspapier „rausgekegelt“, berichtete er vor der Fraktion. Zwar habe die Union erreicht, dass der Begriff der Begrenzung wieder ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll, dabei handelt es sich laut Pistorius jedoch um ein „Placebo“. „Das hat null Wirkung. Gar keine.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr hat seine Ablehnung gegen den Schuldenpakt von Union und SPD bekräftigt. Dürr sagte der Nachrichtenagentur dpa, er habe seinen Gegenvorschlag als Alternative zu einem 500 Milliarden umfassenden Sondervermögen für Infrastruktur und eine Lockerung der Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben erläutert.

„Ich habe mich mit der Union getroffen und vorgeschlagen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts dauerhaft im Haushalt für Verteidigungsausgaben zu verankern. Darüber hinaus habe ich vorgeschlagen, einen Verteidigungsfonds für Deutschland in Höhe von 300 Milliarden Euro aufzulegen, in dem auch das bisherige Sondervermögen für die Bundeswehr aufgeht“, sagte er.

Linken-Chef Jan van Aken hat die Bereitschaft seiner Partei zu einer Reformierung der Schuldenbremse im alten Bundestag signalisiert. „Die Schuldenbremse muss weg! Da sind wir grundsätzlich sofort dabei“, sagte van Aken den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). „Wenn Union und SPD die Schuldenbremse nur in Teilen reformieren wollen, dann kommt es sehr auf das Detail an.“ 

Van Aken betonte, dass seine Partei „für eine generelle Reform“ der Schuldenbremse wäre „und keine, die nur für einzelne Investitionsbereiche Ausnahmen schafft“. „Wir brauchen Verbesserungen für die Mehrheit, keine Mogelpackung“, erklärte er.  Die Ablehnung der Grünen bewertete van Aken in diesem Zusammenhang als „taktischen Zug“. „Wahrscheinlich werden sie jetzt ein paar Zugeständnisse hineinverhandeln und dann doch zustimmen“, sagte er.

Die Grünen wollen dem Finanzpaket von Union und SPD nicht zustimmen. Nun formulieren sie einen eigenen Gesetzesvorschlag. Warum machen sie das nur?

Lesen Sie hier die komplette Analyse:

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat angesichts der unterschiedlichen Auslegungen der Sondierungsergebnisse von Union und SPD vor einem nationalen Alleingang in der Asylpolitik gewarnt. „Die Zurückweisungen an den deutschen Grenzen bauen wir weiter aus. Dabei beachten wir das europäische Recht und handeln in Abstimmung mit unseren Nachbarstaaten“, sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe. 

Das sei entscheidend, damit diese Zurückweisungen nicht binnen kurzer Zeit von Gerichten gestoppt würden und damit sie auch praktisch funktionierten. „Denn wenn unsere Nachbarstaaten Personen nicht zurücknehmen, scheitern die Zurückweisungen“, so Faeser. 

Juso-Chef Philipp Türmer sieht bei den Sondierungsergebnissen von Union und SPD eine rote Linie überschritten und zweifelt die Juso-Unterstützung für einen Koalitionsvertrag mit diesem Inhalt an. „In diesem Sondierungspapier stehen viele Punkte, die für eine sozialdemokratische Partei nicht vertretbar sind. Das müssen jetzt harte Verhandlungen werden, ohne Einigungszwang“, sagte der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation dem „Stern“. 

Türmer sieht besonders in den Bereichen Arbeit, Soziales und der Migration Mängel. „Insgesamt muss das ganze Paket besser werden – sonst wird es mit der Unterstützung der Jusos sehr schwierig. Ich könnte einem Koalitionsvertrag mit diesem Inhalt so nicht zustimmen.“

Der CDU-Politiker Frei hat in den tagesthemen erklärt, dass er Chancen sehe, sich mit den Grünen auf das geplante Milliarden-Schuldenpaket zu einigen. Grünen-Co-Chef Banaszak hat sich offen für Verhandlungen gezeigt.

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