Berlin

Telefonüberwachung und Handyortung: CDU und SPD streichen unabhängige Auswertung | ABC-Z

Berlin taz | Eigentlich sollten die Befugnisse der Berliner Polizei zur Überwachung von Telefonkommunikation sowie zur Handyortung am 1. April enden – und ihr Nutzen vor einer möglichen Verlängerung wissenschaftlich ausgewertet werden. Nun aber will die schwarz-rote Koalition diese Befristung streichen und auch die Evaluation fallen lassen. Ein entsprechender Antrag von CDU und SPD wurde am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit den Stimmen der beiden Fraktionen sowie der AfD-Fraktion angenommen.

„Die Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung haben sich aus unserer Sicht bewährt, sie sind unersetzlich“, sagte CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger im Ausschuss. Sie würden ohnehin demnächst im Zuge der bevorstehenden Novelle des Berliner Polizeigesetzes ausgedehnt. „Bis dahin müssen die bestehenden Regeln in Kraft bleiben“, so Dregger.

„Wenn wir jetzt nicht gehandelt hätten, wären die Fristen abgelaufen“, ergänzte SPD-Mann Martin Matz. Bei der Entfristung der Überwachungsbefugnisse handele es sich um eine „Vorschaltmaßnahme“ zur großen Gesetzesreform. Warum überhaupt eine Vorgabe zur Evaluation im Gesetzestext gestanden habe, „erschließe sich gar nicht“, sagte Matz.

Die entsprechende Passage stammt aus der letzten großen Reform des Berliner Polizeigesetzes durch die damals rot-grün-rote Koalition im Jahr 2021. SPD, Grüne und Linke hatten darin die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) zur Gefahrenabwehr – und damit über die Strafverfolgung hinaus – eingeführt sowie der Polizei die Ortung von Handys gestattet.

Bedenken bei tiefen Grundrechtseingriffen

Auf Drängen von Grünen und Linken, die Bedenken angesichts dieser Grundrechtseingriffe äußerten, waren beide Maßnahmen auf vier Jahre befristet sowie eine wissenschaftliche Auswertung vorgeschrieben worden – um zu prüfen „ob ein solches Instrument effektiv und verhältnismäßig ist“, wie der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader am Montag vor dem Innenausschuss erklärte. „Wer so tief in die Grundrechte eingreifen möchte, der muss sich einer unabhängigen und objektiven Prüfung stellen“, forderte Schrader.

Das sei „aus verschiedenen Gründen“ nicht möglich gewesen, schreiben CDU und SPD hingegen in ihrem gemeinsamen Antrag. Unter anderem sei die Evaluation wegen der „hohen Anforderungen an eine Sicherheitsüberprüfung der vorgesehenen unabhängigen wissenschaftlichen Sachverständigen“ gescheitert, heißt es darin.

Datenschutzbeauftragte kritisiert Innensenatorin

Für Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kein Problem: Sie habe „keine Bedenken“ bezüglich Entfristung und Verzicht auf Evaluation, sagte Spranger. Sie verwies auf zwei Berichte ihrer Verwaltung, in denen der Einsatz der fraglichen Überwachungsmaßnahmen dokumentiert wird. Die Berichte zeigten, dass „praktischer Bedarf“ für präventive TKÜ und Standortabfrage in Bezug auf Gefährder bestehe, so Spranger. „Berlin kann sich keine Befugnislücken leisten. Die Entfristung ist unerlässlich.“

Dafür erntet Spranger allerdings deutliche Kritik von Berlins Datenschutzbeauftragter Meike Kamp. In einer Stellungnahme an den Innenausschuss, die der taz vorliegt, bemängelt Kamp die von Spranger genannten Senatsberichte als „äußerst knapp gehalten“. Sie beschränkten sich auf eine rein quantitative Darstellung der durchgeführten Maßnahmen – deren Anzahl sich im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich bewege.

„Diese Berichte stellen keinen adäquaten Ersatz für eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation dar. Ihr rein deskriptiver Charakter und ihr stark begrenzter Umfang erlauben keine fundierte Bewertung der Brauchbarkeit oder der Notwendigkeit der Maßnahmen“, stellt Kamp klar. Falle die Auswertung wie von CDU und SPD geplant weg, fehle eine „wichtige rechtsstaatliche Sicherung“, so Kamp. Das gefährde „die Ausgewogenheit der ursprünglichen Regelung“.

Nach der Zustimmung im Innenausschuss kommt der Antrag nun ins Plenum des Abgeordnetenhauses; dort wollen CDU und SPD die Gesetzesänderungen Ende März beschließen.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"