Tanz in München: Was ist in München geboten? – München | ABC-Z

Kann das wirklich sein, dass „Fase, Four Movements to the Music of Steve Reich“, dieses Schlüsselwerk von Anne Teresa De Keersmaeker, noch nie auf einer Münchner Bühne zu sehen war? Es stammt immerhin aus dem Jahr 1982 und machte die belgische Choreografin berühmt. Das ist ebenso erstaunlich wie der Aufführungsort, denn die Münchenpremiere wird am 27. Mai ausgerechnet im Volkstheater sein. Tobias Staab, der neue künstlerische Leiter des International Dance Festival München 2025, zieht mit diesem spektakulären Fest des Tanzes vom 22. bis 1. Juni quer durch die Stadt – auch in die Museen und Theatertempel. Auch Volkstheater-Intendant Christian Stückl hat er mit ins Boot geholt, der habe, so kolportiert es Staab, unlängst bei der Vorstellung des Festivalprogramms gesagt: „Ich verstehe zwar nichts vom Tanz, aber ich will unbedingt mitmachen.“ Die beiden Vorstellungen von „Fase“ (27. und 28. Mai) dürften ziemlich schnell ausverkauft sein, Karten unter www.dance-muenchen.de.
Seine Premiere als Tanzort hat das Volkstheater allerdings schon Ende März. Sophie Haydee Colindres Zühlke und Serhat „Saïd“ Perhat zeigen dort ihr Stück Grey, Premiere ist am 20. März (weitere Termine im März, April und Mai). Ein ausgesprochenes Power-Couple hat sich da für dieses Projekt zusammengefunden, zwei, die Münchens reiche Urban-Dance-Szene nun im theatralen Kontext repräsentieren.
Sophie Haydee Colindres Zühlke, Jahrgang 1999, ist von Kindheit an mit dem Bühnenkosmos vertraut, ihre Mutter arbeitet an der Bayerischen Staatsoper. Schon früh tanzte sie Hip-Hop, nahm Ballettunterricht, studierte nach dem Abi in München Sportwissenschaften. Später am Trinity Laban Conservatoire in London erkannte sie, was ihre Berufung sein wird: Choreografin. Ihr Tanztheaterstück „Kaleidoskop“ erhält den „Mosaikpreis gegen Rassismus“. Serhat Perhat, auch bekannt als Saïd, war darin einer ihre Tänzer.
Wie Zühlke wurde Saïd in München geboren und trägt noch eine weitere Kultur in sich: Sie die honduranische, seine Eltern sind Uiguren, die vor der Verfolgung durch das chinesische Regime fliehen mussten. Auch er ist tief in der Münchner Hip-Hop- und Breakdancer-Szene verwurzelt, gehörte als einer der besten Breakdancer des Landes zum Kader für die Olympischen Spiele in Paris 2024. Aufgewachsen im Kieferngarten, engagiert sich der Tänzer auch in der Münchner Jugend- und Sozialarbeit aktiv, gibt Kurse für Jugendliche.
In „Grey“, ihrer ersten gemeinsamen Produktion, verbinden sie zeitgenössischen Tanz mit urbaner Ästhetik. Sie führen in den Untergrund einer Stadt der Zukunft, in der U-Bahn treffen Menschen aufeinander, eine Situation, die jeder kennt. Was wird geschehen? Aggression, Gleichgültigkeit? Oder kann etwas wie eine Gemeinschaft entstehen, die nach Verbindung in einer Welt der Vereinzelung sucht.

Um Verbindungen, die abgerissen sind, geht es im April am Bayerischen Staatsballett. Lost Letters heißt das Stück, mit der die ehemalige Erste Solistin und in München hochverehrte Lucia Lacarra gemeinsam mit ihrer eigenen Kompagnie ins Nationaltheater zurückkehrt (13. April, Gastspiel während der Ballettwoche, Nationaltheater). Choreografiert hat ihr Tanzpartner Matthew Golding. Zur Musik Sergej Rachmaninow und Max Richter erzählt „Lost Letters“ eine wahre Feldpost-Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg. Wie wäre das Leben einer Frau verlaufen, wenn sie der Brief ihres Mannes von der Front nicht erreicht hätte?