Kanada: Wirtschaftsexperte Mark Carney wird Nachfolger von Justin Trudeau | ABC-Z

In Kanada ist der ehemalige Zentralbankchef Mark Carney zum neuen Parteivorsitzenden der Liberalen gewählt worden. Er tritt damit später auch die Nachfolge Justin Trudeaus als Premierminister Kanadas an. Der 59 Jahre alte Ökonom setzte sich bei der Wahl klar mit 85,9 Prozent der Stimmen der Mitglieder unter anderem gegen die ehemalige Vize-Premierministerin Chrystia Freeland durch. Sie landete mit acht Prozent auf Rang zwei. Bis spätestens im Oktober wird das kanadische Parlament neu gewählt.
Etwa 152.000 Parteimitglieder beteiligten sich an der Wahl, insgesamt
liegt ihre Zahl bei rund 400.000. Die Liberale Partei hat Kanada seit
dem Zweiten Weltkrieg mehr als 50 Jahre lang regiert.
Carney leitete Zentralbank Kanadas während Finanzkrise
Carney war mit einer wirtschaftsorientierten, zentristischen Agenda ins Rennen um den Parteivorsitz gegangen. Im Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten will er den Trudeau-Kurs des entschlossenen Widerstands fortsetzen. Einer Umfrage des Senders CTV News zufolge glauben 40 Prozent der Kanadierinnen und Kanadier, dass Carney der beste Politiker für Verhandlungen mit Trump wäre.
Carney wird auch deshalb als kompetent gesehen, weil er Erfahrung im nationalen und internationalen Krisenmanagement hat: Während der Finanzkrise leitete er ab 2008 die Zentralbank seines Heimatlandes. Die verhältnismäßig gute Erholung Kanadas in den Folgejahren wird auch Carney zugeschrieben. Während des Brexits war er Zentralbankchef in Großbritannien, bis zum Januar dieses Jahres dann UN-Sondergesandter für Klimafinanzierung.
Trudeau verkündete Rücktritt nach schlechten Umfragewerten
Angesichts schlechter Umfragewerte und parteiinterner Meinungsverschiedenheiten hatte Trudeau Anfang Januar seinen Rücktritt angekündigt. Die Wahl bei den Liberalen erfolgte inmitten starker Auseinandersetzungen mit den USA wegen der Drohungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump mit höheren Zöllen gegen Kanada.
„Wir haben das hier zum besten Land der Welt gemacht und nun wollen unsere Nachbarn uns übernehmen. Auf keinen Fall!“, hatte Carney kurz vor der Bekanntgabe der Ergebnisse zu diesem Streit gesagt. Justin Trudeau sagte: „Wir sind ein diplomatisches Land, wenn wir können, aber wenn wir müssen, kämpfen wir – Ellenbogen nach oben!“
Trudeau und sein Nachfolger Carney werden Kanadas Regionalgouverneurin Mary Simon besuchen – die offizielle Repräsentantin von König Charles III. Diese wird Carney dann mit der Regierungsbildung beauftragen. Je nachdem, wann dann die anstehende Parlamentswahl stattfindet und wie sie ausgeht, könnte Trudeaus Nachfolger nur wenige Wochen Premierminister sein.