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Ke Huy Quan im Interview über Love Hurts und seinen Oscar-Gewinn | ABC-Z

Ke Huy Quan, geboren 1971 im vietnamesischen Saigon und seit seiner Kindheit in Kalifornien zu Hause, war noch nicht einmal in der Pubertät, als ihn die Rolle von Harrison Fords jungem Sidekick in „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ berühmt machte. Wenig später wurde er mit „Die Goonies“ endgültig zum Teeniestar, doch als Erwachsener blieb der Erfolg dann schließlich aus, auf dem amerikanischen genauso wie dem asiatischen Markt. Lange Jahre kehrte Ke Huy Quan der Schauspielerei den Rücken, bis er 2022 schließlich mit „Everything Everywhere All At Once“ ein viel beachtetes Comeback feierte und sogar mit dem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet wurde. Nun spielt der Dreiundfünfzigjährige im Actionfilm „Love Hurts“ (jetzt im Kino) die erste große Hauptrolle seines Lebens.

Mr. Quan, nach langer Pause von der Schauspielerei gewannen Sie vor genau zwei Jahren für „Everything Everywhere All At Once“ den Oscar. Wie schwierig war es danach, zu entscheiden, was als Nächstes kommen soll?

Das war tatsächlich alles andere als ein Kinderspiel. „Everything Everywhere All At Once“ war ein so toller Film und der Erfolg so riesig, dass ich keine Ahnung hatte, wie irgendetwas, das ich tue, da mithalten könnte. Ich habe so viele wunderbare Ehrungen bekommen für diesen Film, so viel Unterstützung und Begeisterung von allen Seiten, dass ich ein bisschen die Sorge hatte, dem nicht gerecht werden zu können oder Erwartungen zu enttäuschen. Als das Angebot für meinen neuen Film „Love Hurts“ auf meinem Tisch landete, fragte ich deswegen einen meiner Lieblingsregisseure und alten Mentor um Rat.

Sie meinen vermutlich Steven Spielberg, der Sie als Zwölfjährigen für „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ entdeckt hatte?

Genau. Ich zeigte ihm das Skript und bat ihn um seine Meinung. Und er sprach mir sofort gut zu und fand, dass ich mich auf dieses Projekt unbedingt einlassen sollte. Als ich mich danach dann auch noch mit den Produzenten traf, war meine Entscheidung schnell gefallen. Der Gedanke, einen Actionhelden zu spielen, wie man ihn nicht alle Tage sieht, gefiel mir einfach. Jemanden, der vollkommen normal und harmlos aussieht, sich dann aber als echter Badass entpuppt.

Mit 53 Jahren plötzlich zum Actionstar zu werden und erstmals die Hauptrolle in einem Film dieser Größenordnung zu spielen – das schafft nicht jeder!

Mich hat das auch ganz schön unter Druck gesetzt, wenn ich ehrlich bin. Schließlich trage ich diesen Film auf meinen Schultern. Aber gleichzeitig war ich wie beflügelt, schließlich hatte ich genau davon immer geträumt. Ich ging jeden Tag voller Begeisterung und Dankbarkeit zur Arbeit und fand es einfach cool, zu wissen, dass mein Name täglich ganz oben auf dem Ablaufplan steht.

In den Jahren, in denen Sie nicht als Schauspieler vor der Kamera standen, waren Sie vor allem Stuntchoreograph. Waren die Actionszenen in „Love Hurts“ also etwas, das Sie praktisch im Schlaf konnten?

Wenn, dann in meinen Träumen. Klar, ich habe lange Jahre Kampfsport aller Art trainiert und habe unter anderem einen schwarzen Gürtel in Karate. Zum Einsatz kam dieses Können aber nur, wenn ich für andere Leute Actionszenen choreographiert habe. Es ist nicht so, dass ich selbst tagtäglich irgendwo auf der Matte stand. Deswegen musste ich dann für den Dreh doch drei Monate lang ziemlich hart trainieren, um in Form zu kommen. Blaue Flecken hatte ich am Ende trotzdem jede Menge. Was mich allerdings nicht gestört hat, denn ich weiß, dass die für meine großen Vorbilder von früher – Stars des Hongkonger Actionkinos wie Jackie Chan oder Sammo Hung – auch immer dazugehörten.

Gab es in den rund 20 Jahren ohne die Schauspielerei eigentlich Phasen, in denen Sie damit wirklich komplett abgeschlossen hatten? Oder träumten Sie immer von einer Rückkehr?

Im Rückblick würde ich sagen, dass ich mir lange Zeit etwas vorgemacht habe. Als ich den Job an den Nagel hängte, erschien mir das wie ein endgültiger Schritt. Zumal mir die Arbeit hinter der Kamera Spaß machte, schließlich war ich immer noch kreativ tätig und arbeitete beim Film. Heute sehe ich, dass meine Sehnsucht nach der Schauspielerei nie ganz weg war, sondern ich sie bloß verdrängte. Irgendwann wurde sie wieder lauter – und als ich in „Crazy Rich Asians“ sah, welche Optionen es für asiatischstämmige Schauspielerinnen und Schauspieler inzwischen gab, konnte ich sie nicht länger ignorieren.

Vorbild Jackie Chan: Ke Huy Quan hat einen schwarzen Gürtel in Karate.
Vorbild Jackie Chan: Ke Huy Quan hat einen schwarzen Gürtel in Karate.AP

Sie waren als Kind berühmt und sind es nun mit über 50 wieder. In welchem Alter macht das mehr Spaß?

Heute kann ich das auf jeden Fall mehr genießen. Es fühlt sich toll an, wieder vor der Kamera zu arbeiten und auch gesehen zu werden. Mein Entschluss, zur Schauspielerei zurückzukehren, verdankte sich meiner Liebe zu diesem Beruf. Aber eben auch der Befürchtung, meine besten Tage längst hinter mir zu haben. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin stolz darauf, in „Indiana Jones“ und anschließend den „Goonies“ mitgespielt zu haben. Das sind ikonische Filme! Aber für einen Mann um die 50 ist es eben auch irgendwie bittersüß, wenn alle immer nur darüber sprechen wollen, was du als Kind gemacht hast. Dass es inzwischen auch anderes gibt, worüber die Menschen mit mir sprechen wollen, ist ein gutes Gefühl. Und trotzdem freue ich mich natürlich immer noch, davon zu hören, wie die alten Filme jemandes Kindheit geprägt haben!

In „Love Hurts“ gibt es ja sogar eine kleine „Goonies“-Reunion, denn Sean Astin gibt sich da auch die Ehre. War das Ihre Idee?

Ich weiß nicht mehr, wer genau Seans Namen ins Spiel brachte, als es darum ging, diese kleine Rolle zu besetzen. Aber ich war auf jeden Fall begeistert und habe ihm sofort eine SMS geschrieben und ihn gebeten, das Angebot nicht auszuschlagen. Nach 40 Jahren wieder mit Sean vor der Kamera zu stehen, hat mich richtig emotional werden lassen. Zumal an dem Tag auch mein bester Freund Jeff Cohen ans Set kam, der damals in den „Goonies“ als Chunk mit von der Partie war. Dass wir alle, auch Corey Feldman oder Kerri Green, über all die Jahre nie den Kontakt verloren haben und uns regelmäßig sehen, ist schon etwas sehr Besonderes für mich.

Zwischen Slapstick und heftiger Action: Ke Huy Quan nutzt sein Stuntwissen für die Rolle in „Love Hurts“.
Zwischen Slapstick und heftiger Action: Ke Huy Quan nutzt sein Stuntwissen für die Rolle in „Love Hurts“.AP

Der Traum von der ersten Actionhauptrolle ist inzwischen erfüllt. Welchen nehmen Sie als Nächstes in Angriff?

Wie viel Zeit haben Sie? Meine Wunschliste ist nämlich lang. Ich habe auf jeden Fall große Lust, möglichst oft meine Komfortzone zu verlassen und Rollen zu spielen, die weit weg sind von allem, was ich bisher gemacht habe. Einen Bösewicht würde ich zum Beispiel gerne mal verkörpern, so einen richtig fiesen, diabolischen Typen. Und auch in einem Horrorfilm würde ich extrem gerne mal mitspielen.

Vielleicht auch mal selbst Regie führen? Immerhin waren Sie bei „2046“ mal Assistent des großen Wong Kar-wai!

Irgendwann vielleicht einmal. Erst einmal liegt mein Fokus auf der Schauspielerei, denn die liebe ich zu sehr, als dass ich jetzt schon wieder eine Pause einlegen und hinter der Kamera verschwinden könnte.

Nun haben wir die ganze Zeit über die beruflichen Veränderungen gesprochen, die Sie in den vergangenen paar Jahren durchlebt haben. Aber wie sieht es mit Ihrem Leben allgemein aus? Wurde das durch den Oscar-Gewinn auch komplett auf den Kopf gestellt?

Nein, davon kann keine Rede sein. Ich wohne immer noch im gleichen Haus und fahre das gleiche Auto. Meine Frau und ich gehen auch immer noch in die gleichen Restaurants. Alles beim Alten also. Ich habe auch weiterhin keinen Assistenten, sondern organisiere alle selbst, manchmal mithilfe meiner Frau. Dass mein Leben so normal wie möglich bleibt, ist mir wichtig. So wurde ich erzogen, und nichts finde ich schlimmer als die Vorstellung, vollkommen abzuheben und zu vergessen, wo ich eigentlich herkomme.

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