Wirtschaft

Konjunktur: Industrie im Januar mit großem Auftragsminus – „Durchhalten bis zur Merz-Bazooka“ | ABC-Z

Im Januar hatten Ökonomen für die deutsche Industrie ein Auftragsminus von 2,8 Prozent erwartet – es fiel nun deutlich höher aus. Für die nächsten Monate sieht es nicht viel besser aus. Experten äußern sich enttäuscht.

Die deutsche Industrie startet 2025 mit dem stärksten Auftragsminus seit einem Jahr. Ihre Bestellungen sanken im Januar um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang von 2,8 Prozent gerechnet, nach einem Anstieg von revidiert 5,9 Prozent im Dezember.

„Bei der Nachfrage im verarbeitenden Gewerbe zeichnet sich in der Tendenz noch keine nachhaltige Belebung ab“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung. Die Unsicherheit über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren dürfte ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Bereinigt um Großaufträge sanken die Bestellungen allerdings insgesamt nur um 2,7 Prozent.

US-Zölle drücken Auftragslage

„Der Auftragsrückgang enttäuscht trotz des fantastischen Vormonats schon etwas“, sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Letztlich bestehe aber weiter die Hoffnung auf eine Bodenbildung. Für die nächsten Monate stehe zunächst weiter Magerkost auf dem Plan. „Höhere US-Zölle werden erst noch belasten und Lieferketten sich neu sortieren“, sagte Krüger und ergänzte mit Blick auf die Investitionspläne des wahrscheinlichen neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU): „Bis zur Merz-Bazooka muss die Industrie jetzt durchhalten.“

Ähnlich äußerten sich auch andere Experten. „Zum Jahresauftakt mal wieder eine Ernüchterung“, sagte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Natürlich verzerrten die Großaufträge derzeit das Bild von Monat zu Monat. „Aber man muss die Zahlen schon ganz schön quälen, um ihnen noch etwas Positives abzugewinnen.“

Aus dem Inland sammelte die Industrie im Januar 13,2 Prozent weniger Aufträge ein – allerdings hatte es im Dezember ein Plus von 14 Prozent gegeben. Die Auslandsnachfrage fiel um 2,3 Prozent. Das Ministerium verwies auf die zuletzt stark schwankenden Großaufträge. Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich sanken die Bestellungen um 2,4 Prozent.

Ungemach droht der deutschen Industrie von möglichen Zöllen, die US-Präsident Donald Trump angekündigt hat. „Sollten tatsächlich alle europäischen – und damit deutschen – Exporte mit einem Zollsatz von 25 Prozent belegt werden, so droht den deutschen Exportaufträgen ein neuer empfindlicher Rückschlag“, sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts, Sebastian Dullien. Dies könne die Industrieerholung spürbar verzögern.

Wenn die Pläne von Union und SPD zu einem Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen und höhere Verteidigungsausgaben durchgesetzt werden, so dürfte dies auch auf die Industrie ausstrahlen. Die Wirkung dürfte aber erst im Laufe des Jahres 2026 deutlich sichtbar werden, sagte Dullien. „Mindestens bis zur Jahresmitte 2025, wahrscheinlich aber auch bis zum Jahresende ist mit einem Anhalten der Durststrecke der deutschen Industrie zu rechnen.“

Reuters/jr

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