Warum Heizöl und Gas keine Zukunft haben – Experten reden Klartext | ABC-Z

Berlin. Die Themen Heizung und Energiewende werden auch die künftige Bundesregierung beschäftigen. Was für politische Schritte sind nötig?
- In der Energiewende sehen Experten die Zukunft der Heizung in Wärmepumpen und Wärmenetzen
- Eine neue Gas- oder Ölheizung ist auch mehreren Gründen nicht sinnvoll
- Statt Verboten muss die Politik gute Angebote machen, fordert eine Expertin
Kaum ein Thema hat die Ampel-Koalition so stark geprägt wie das Heizungsgesetz – auch im Wahlkampf war es Thema. Die Union forderte die Abschaffung. Dabei wurde die ursprüngliche Fassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bereits 2019 unter CDU-Regierungsführung beschlossen. Viele Hausbesitzer sind dennoch verunsichert: Welche Heizung ist jetzt die richtige Wahl?
Das Heizungsgesetz einfach abschaffen? Experte reden Klartext
Aus Sicht von Helmut Bramann, Geschäftsführer im Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), kann das Heizungsgesetz in Deutschland gar nicht abgeschafft werden. Bramann teilte in einem Statement vom 20. November mit, dass sich die Bürgerinnen und Bürger von solchen pauschalen Wahlkampfaussagen nicht irritieren lassen sollten. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) würde in großen Teilen auf europäischen Vorgaben basieren, die man umsetzen müsse.
Genauso sieht es auch Energieexpertin und Professorin Claudia Kemfert im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie leitet die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Deutschland habe sich zu einer „Lastenverteilungsverordnung“ verpflichtet. Die sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ihre Treibhausgasemissionen schrittweise senken. Neben Verkehr und Landwirtschaft betrifft das auch den Gebäudesektor.
Helmut Bramann ist Hauptgeschäftsführer im Zentralverband Sanitär Heizung Klima. Das Heizungsgesetz abzuschaffen ist aus seiner Sicht völliger Irrsinn und eine reine Wahlkampfaussage.
© ZVSHK | Pressefoto
Warum Öl und Gas aus Sicht einer Expertin keine Zukunft haben
Zudem würde eine Rolle rückwärts die „Wärmewende für Verbraucher nur unnötig teuer machen“, sagte die Expertin weiter. Zum einen gebe es den CO₂-Preis, der ab 2025 weiter schrittweise ansteigt. Zum anderen würden erste Energieversorger ihre Gasnetze nicht mehr weiter ausbauen oder sogar komplett stilllegen. Anfang November hatte etwa der Mannheimer Versorger MVV angekündigt, sein Gasnetz bis 2035 nicht mehr zu bedienen und die Gaspreise anzupassen.
Expertinnen und Experten raten deshalb mehrheitlich davon ab, jetzt noch in eine Gas- oder Ölheizung zu investieren. „Zumal sich Deutschland zur Klimaneutralität bis 2045 verpflichtet hat“, erklärt Kemfert. Doch statt über Verbote für bestimmte Heizungen zu sprechen, solle man die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Energiewende schaffen. Andere Länder wie Dänemark seien schon deutlich weiter, so Kemfert.
Quelle: Brennstoffemissionshandelsgesetz BEHG
Wärmewende im Vergleich: Andere Länder sind schon weiter
In Dänemark wurden etwa die Wärmenetze rascher ausgebaut und der Wärmepumpenanteil sei deutlich höher als in Deutschland. „Auch die anderen skandinavischen Länder sind gute Beispiele dafür, wie eine Energiewende sozialverträglich funktionieren kann.“ Der Expertin zufolge sind allem zwei Aspekte ausschlaggebend: Fehlende Zeit und Alternativen. „Doch Zeit haben wir nicht mehr, umso wichtiger ist es, dass wir nach der Bundestagswahl nicht wieder zwei Gänge zurückschalten.“
Schon jetzt kostet eine Wärmepumpe nicht mehr als eine neue Öl- oder Gasheizung. Der Tipp der Expertin: Ist eine alte Heizung irreparabel kaputt, sollten Verbraucher über Alternativen zu Heizöl und Gas nachdenken. „Es gibt nicht die eine Lösung für jede Region“, sagt die Expertin. Während in Großstädten wie Hamburg oder Berlin Wärmenetze ausgebaut werden, kann in ländlicheren Regionen etwa eine Wärmepumpe sinnvoller sein. Auch hybride Heizsysteme mit Heizöl und Gas sind denkbar.
Wasserstoff statt Wärmepumpe? Expertin sieht Potenzial woanders
Wenig hält die Expertin von Nischenlösungen wie der Gasheizung mit Wasserstoff oder einer Ölheizung mit Power-to-Liquid oder Bioöl. Beides hatte CDU-Vize Jens Spahn Anfang Dezember bei einer Veranstaltung des Bundesverbands Wärmepumpe ins Spiel gebracht und dafür massiv Kritik geerntet. „Grüner Wasserstoff ist der Champagner unter den erneuerbaren Energien“ und sei in der Industrie interessant, weniger aber für Heizungsbesitzer, meint Kemfert.
Spahns Aussagen „sorgen für Verunsicherung in der gesamten Branche und Bevölkerung“, meint auch Jochen Theloke vom Verein deutscher Ingenieure (VDI). Er mahnt zu „technisch-wissenschaftlichen Sachverstand in politischen Debatten“. Zuvor hatte das pv-magazine darüber berichtet. Aus Sicht von Kemfert sind vor allem Förderungen in der Energiewende ein wichtiger Hebel, um für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu sorgen.
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„Grüner Wasserstoff ist der Champagner unter den erneuerbaren Energien.“
Strategie für Energiewende: Expertin mit deutlichem Appell
Aktuell gibt es bis zu 70 Prozent Förderung für eine neue Heizung. In der Praxis erreichen viele Verbraucher eine Förderung von 55 Prozent, sagte jüngst Wärmepumpen-Experte Jan Ossenbrink unserer Redaktion. Die Experten sind sich einig: Die Zuschüssen sorgen für eine erhöhte Akzeptanz in der Bevölkerung.
Allerdings gebe es hier noch viel Potenzial, wie Energie-Expertin Kemfert sagt. „Statt Verbote muss der Staat Angebote machen und die Menschen aktiv in der Energiewende unterstützen.“ Das gelte besonders für die unteren Einkommensschichten. Sie rät Politikern dazu, im Wahlkampf über Ziele zu sprechen – „und nicht darüber, was man rückgängig machen kann.“