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Ferdinand Dudenhöffer zu Wegen aus der Auto-Krise: „Was Brüssel macht, ist dumm“ | ABC-Z


Wege aus der Auto-Krise

„Was Brüssel macht, ist dumm. Wir müssen die Probleme global angehen“

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Die europäische Autoindustrie ist mittlerweile dauerhaft im Krisenmodus. Umstrukturierungen, Werkschließungen, Stellenabbau – der Kampf ums Überleben ist mittlerweile Tagesgeschäft. Die US-Zölle sind die nächste heftige Belastungsprobe. Mitten im Zoll-Chaos legt Brüssel einen Aktionsplan für die Industrie vor. Können diese Maßnahmen die Zukunft der europäischen Autoindustrie sichern? Ferdinand Dudenhöffer ist skeptisch. Die Zukunft sieht der Autoexperte im Gespräch mit ntv.de woanders.

ntv.de: Europas Autobranche kämpft an vielen Fronten: VW America hat gestern einen Notfallplan aktiviert, um die Versorgung der Fabriken in den USA sicherzustellen. Welche Optionen hat ein globaler Konzern wie Volkswagen, wenn Trumps Zollkeule zuschlägt?

Ferdinand Dudenhöffer: VW könnte mehr Autos in Amerika bauen. Porsche macht 25 Prozent seines Geschäfts in den USA. Durch die Zölle wird der Autobauer mehrere 100 Millionen Euro pro Jahr verlieren. Wenn die Amerikaner weniger Autos kaufen, weil die Preise steigen, hat Porsche ein Problem. Brechen die Verkaufszahlen um 20 Prozent ein, bedeutet das bis zu 500 Millionen Euro weniger Ebit, also Gewinn vor Steuern und Zinsen, im Jahr. Für die Marken VW und Audi sieht es noch schlechter aus. Audi produziert nicht in den USA und VW baut E-Autos, die in Amerika keiner haben will, weil es gar keinen Hype um Elektromobilität gibt. Für den VW-Konzern ist Trump also ein großer Stein im Weg.

Wie groß sind die Sorgen bei anderen deutschen Autobauern?

Trumps Zölle können für BMW sehr gefährlich werden. BMW ist mit seinen großen SUVs der größte Exporteur nach Amerika. Nur ein Teil geht nach Europa, ein weiterer großer Teil nach China. Die Chinesen werden Gegenzölle erheben. Das heißt, diese globale Welt, die hier erschaffen wurde, hat große Risiken.

Mitten in der Krise hat VW einen Einstiegsstromer für 20.000 Euro vorgestellt. Die Produktion des ID.Every1 soll 2027 anlaufen. Ist das ein Hoffnungsschimmer in der Krise?

Eher weniger. Der Markt für Kleinstwagen ist sehr überschaubar, und das Marktsegment für kleine E-Autos ist noch mal kleiner. Wir sprechen von 0,5 oder 1 Prozent Marktanteil. Das bringt einem Autobauer nicht viel. Daher ist es auch nicht schlimm, dass der ID.Every1 erst in zwei Jahren kommt. Die Frage ist immer: Wann ist der richtige Markteintritt für ein Elektroauto? Bei diesem Kleinwagen ist der eher später. Im besten Fall gibt es dann vielleicht mehr Kunden für ihn. Der ID.2, der im kommenden Jahr kommt, hat Polo-Größe, der wird leichter in den Markt zu bringen sein. Insofern ist der wichtiger für VW.

Die kleinen Stromer werden in Deutschland gebaut. Das ist angesichts des Stellenabbaus bei VW doch eine gute Nachricht, oder?

Mich überrascht, dass VW seine Elektroautos für den europäischen Markt immer noch in Europa produziert. Die Kosten für Materialien, unter anderem auch die Batterien, sind in China viel geringer, dadurch sind die Elektroautos dort auch wesentlich preisgünstiger. VW steckt in einer Zwickmühle: Sie wollen in Deutschland 35.000 Arbeitsplätze abbauen, können es aber nicht. Also müssen sie die großen Fabriken in Europa am Laufen halten. Der BMW Mini wird in China gebaut und importiert. Der neue Renault R5 ebenfalls. Die Konkurrenz profitiert von den günstigeren Produktionsbedingungen in China. VW muss langfristig flexibler werden in seinen Werkstrukturen und seine Produktionen stärker verlagern. Das Elektroautogeschäft wird nur langsam wachsen. VW hat zu viele Werke an teuren Standorten. Das bedeutet, VW muss seine Margen in den nächsten drei Jahren aus dem Kerngeschäft mit den Verbrennern in Europa ziehen.

Die Produktion nach China zu verlagern, hat aber einen Haken: Bei der Einfuhr nach Europa werden schon heute Zölle fällig …

Ich gehe davon aus, dass die EU-Kommission irgendwann vernünftig wird und die abschafft.

Brüssel hat ein Hilfspaket geschnürt. Wird das die europäische Autoindustrie retten?

Das ist alter Wein in neuen Schläuchen. Es ist dramatisch schlecht und es ist nichts Substanzielles oder Innovatives dabei. Wenn man die Industrie weiterentwickeln will, darf man sich nicht abschotten. Dass man Subventionen für Batteriehersteller verteilt, das hatten wir doch bereits mit Northvolt. Das ist krachend gescheitert. Milliarden an Steuergeldern wurden verbrannt. Was Brüssel macht, ist in höchstem Maße naiv. Wir müssen die Probleme global angehen. Die Welt ändert man nur dadurch, dass man international mit den großen Unternehmen zusammenarbeitet. Und die sitzen in China. China wird von der EU allerdings mit keinem Wort erwähnt. Das ist dumm.

Ferdinand Dudenhöffer, Direktor CAR - Center Automotive Research.

Ferdinand Dudenhöffer, Direktor CAR – Center Automotive Research.

Für die Batterieförderung sind in dem Aktionsplan 1,8 Milliarden Euro aus einem EU-Innovationsfonds und weitere 350 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt vorgesehen. Das bringt in Ihren Augen nichts?

Damit kann man nichts machen, weil die Erfahrung fehlt. Wir lernen die Batterieherstellung erst und allein das kostet viel zu viel Zeit und Geld. Der Produktionsvorgang ist sehr kompliziert. Er hat zehn oder 15 Stufen. Das lernt man nicht mit 300 Milliarden Euro Subventionen. Know-how kommt nicht mit Geld und nicht über Nacht, sondern über Jahre und Jahrzehnte. Also sollte man die Batterietechnik gemeinsam lernen – mit den Chinesen, die sie beherrschen. Das Geld sollte deshalb in Joint Ventures fließen.

Dann macht es VW mit seinem China-Engagement vor?

VW arbeitet mit den Chinesen in China zusammen, um die Fahrzeuge so zu machen, dass sie dort auch gut laufen. VW hat seinen neuen Schwerpunkt gebildet und der ist nicht Wolfsburg. Das ist eine sehr pragmatische Ausrichtung, die sinnvoller ist, als auf der Scholle in Niedersachsen sitzenzubleiben.

Der Aktionsplan der EU sieht unter anderem eine Lockerung der Klimaziele vor. Nimmt die Autoindustrie den Green Deal noch ernst?

Mittlerweile nicht mehr. Sie rüsten alle um, weil die Politik sie angelogen hat. Die haben gesagt, wir machen einen Green Deal und dann haben sie es sein lassen. Ich glaube, die Autoindustrie nimmt es nicht mehr allzu ernst, was in Brüssel gesagt wird.

Mit Ferdinand Dudenhöffer sprach Diana Dittmer

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