Kultur

Christian Kracht: Weit hinter die Grenzen unserer Welt | ABC-Z

Es gibt so wenige Schriftsteller, deren neues Buch mit echter nervöser Neugierde erwartet wird, mit einer Vorfreude, die fast etwas Kindliches hat. Zu ihnen zählt Christian Kracht, und ich zähle zu jenen, die seit Jahren erwartungsfroh sind, wenn von ihm ein neuer Roman angekündigt wird. Es ist unmöglich, in einiger Kürze zu sagen, was den Reiz dieser Literatur ausmacht. Vielleicht so: Sie ist originell und gleichzeitig eingängig, sie ist experimentell und trotzdem unterhaltsam, sie betört durch eine fast aberwitzige Rätselhaftigkeit, weshalb immer recht unterschiedliche Deutungen völlig plausibel sind. Seine Figuren sind oft seelisch lädierte Einzelgänger, sie geraten wie fremdgesteuert in Abenteuer, sie wandeln wie Ausgestoßene in den letzten Winkeln des Planeten, immer nah an der Apokalypse, kurz vor dem Zusammenbruch, dort, wo es so trüb ist, dass sich wie von selbst eine befreiende, alberne Komik einstellt. Sie wandeln in der alten Bundesrepublik mit ihrer hässlichen Nachkriegsbebauung und hässlichen Mentalität (Faserland, 1995) oder im Iran des Jahres 1979, wo sie ein letztes Mal kaputt-dekadente Partys feiern, bevor sie das Arbeitslager von der Leere des Westens erlöst (1979, erschienen 2001). Sie wandeln in der Schweiz, die sich in eine kriegerische Sowjetrepublik verwandelt hat (Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten, 2008), in der Südsee, wo deutsche Kolonialisten wüten (Imperium, 2012), oder aber im Japan der Dreißigerjahre (Die Toten, 2016).

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