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FC Bayern München gegen Bayer Leverkusen in Champions League: Beeindruckendes Signal | ABC-Z

Ein Hauch von Verzweiflung schwang mit, als der sonst so unantastbar wirkende Xabi Alonso an diesem Abend einen letzten Kampf führte. Er wollte trotz der 0:3-Niederlage beim FC Bayern Optimismus ausstrahlen, also sagte er: „Es ist Fußball.“ Das Spiel, in dem schon so viele Wunder passiert sind. Bessere Argumente fielen dem spanischen Trainer am Ende einer denkwürdigen Champions-League-Nacht nicht mehr ein, um den Glauben an einen Erfolg im Achtelfinal-Rückspiel am kommenden Dienstag zu stärken.

Das Publikum hatte eine Demonstration der Stärke erlebt, die nicht zuletzt darauf hinwirkte, das alte Machtgefüge im deutschen Gegenwartsfußball wiederherzustellen. Er selbst habe jetzt als Triainer „vier Mal gegen Leverkusen gespielt“, sagte Vincent Kompany, „und jedes Mal ging es um Details, auch heute, auch wenn es nicht so aussieht.“ An diesem Abend hatte die Summe sehr vieler Kleinigkeiten das Bild einer grundlegenden Münchner Überlegenheit ergeben.

Der mit Spannung erwartete Wettbewerb der Trainerideen hatte schon auch stattgefunden, entschieden wurde dieses Spiel aber weniger durch Strategien und taktische Innovationen, als durch individuelle Qualität und durch den mentalen Zustand der Fußballer; allen drei Toren gingen schlimme Fehler der Rheinländer voraus, während die Bayern funktionierten wie eine auch auf höchster Stufe störungsfrei laufende Maschine. „Es war unsere Schuld, dass wir den Bayern die Chancen gegeben haben“, sagte Alonso. „Wir haben das Spiel nicht kontrolliert und große Fehler gemacht.“

Dieser Fehler ist Alonso passiert

Vor dem 1:0 agierte der neben sich stehende Nordi Mukiele viel zu passiv in einem Kopfballduell mit Harry Kane, nachdem Piero Hincapié zuvor eine Flanke von Michael Olise zugelassen hatte. Der zweite Treffer resultierte aus einem schlimmen Fehlgriff von Torhüter Matej Kovar, der eine eigentlich einfach zu verarbeitende Flanke vor die Füße von Jamal Musiala fallen ließ. Und vor dem 3:0 zerrte Edmond Tapsoba so lange im Strafraum an Kane, bis der Videoassistent eingriff und einen Elfmeter empfahl, den der englische Torjäger zum dritten Treffer nutzte.

Am Ende auch ein wenig ratlos: Bayer-Leverkusen-Trainer Xabi AlonsoReuters

Zwischendurch war zudem Mukiele nach einer zweiten gelben Karte vom Platz geflogen, weil er Kingsley Coman zwar versehentlich, aber auch übermotiviert und sehr hart mit den Stollen in die Wade getreten hatte. Alonso ist der Fehler passiert, den offenkundig verunsicherten Franzosen nicht schon in der Halbzeit vom Feld zu nehmen. Dennoch haderten die Leverkusener mit Schiedsrichter Michael Oliver, dessen Zweikampfbewertung nicht immer konsistent war. Ein grober Patzer ist dem Engländer aber nicht unterlaufen.

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Es waren die Spieler, ihre Form, ihre Interpretation der Aufgaben und ihre Einsatzbereitschaft, die den Bayern diese gute Ausgangslage für das Rückspiel beschert haben. Immer wieder fanden die Münchner Wege, um sich aus dem Leverkusener Pressing zu befreien, während Florian Wirtz bis zu seiner Auswechslung nach 80 Minuten ein Gefangener der konsequenten Manndeckung von Joshua Kimmich war.

Bedeutsam war außerdem, dass die Bayern nach diesem Abend zu den ganz wenigen Mannschaften zählen, denen es gelungen ist, zugleich auch noch Granit Xhaka aus dem Spiel zu nehmen. „Sie haben ihr Spiel angepasst, sie haben uns nicht die Möglichkeit gegeben, so zu pressen wie in den letzten Spielen“, sagte der Leverkusener Verteidiger Jonathan Tah.

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Nach der dominanten Vorstellung der Leverkusener beim 0:0 gegen die Bayern Mitte Februar entstand ja der Eindruck, dass der Rekordmeister nun verunsichert sein müsse. Dass Respekt in Ehrfurcht oder Zaghaftigkeit umschlagen könnte, dass das Selbstvertrauen beschädigt ist, zumal Kompany als Münchner Trainer gerade auf dem höchsten Niveau verwundbar wirkte. „Wir alle hatten im Kopf, dass wir in den letzten Spielen nicht so erfolgreich waren gegen Leverkusen“, sagte Kimmich.

Dass die Bayern sich nicht lähmen, sondern beflügeln ließen von diesen schmerzlichen Erinnerungen, ist ein beeindruckendes Signal der Stärke einer Mannschaft, die vielleicht doch größer ist, als viele glauben. Leverkusen und Bayern wirken derzeit wie zwei Teams, die sich gegenseitig hochschaukeln, und gerade jetzt, wo die Zeit der wichtigsten Spiele beginnt, waren die Bayern hellwach, klar, harmonisch als Kollektiv und bereit, alle vorhandene Energie zu investieren.

Nach der überlegenen Vorsaison mit dem Leverkusener Double und sechs Duellen von Xabi Alonso mit dem Rekordmeister ohne eine einzige Niederlage schimmerte plötzlich eine Hilflosigkeit der Werkself hervor, die es in einem solch wichtigen Spiel bislang nur einmal gab: beim ebenfalls 0:3 verlorenen Europa-League-Finale gegen Bergamo im vergangenen Mai.

Alonsos Team mag an manchen Tagen fähig sein, einen Fußball zu spielen, der eine faszinierende Perfektion ausstrahlt. Aber wer genau hinsieht, findet unter dieser Oberfläche Stellen, an denen diese Mannschaft verwundbar ist. Kompany und seine Spieler haben diese Stellen entblößt.

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