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Olympia 2024: Erstmals nach seiner Olympia-Enttäuschung meldet sich Wellbrock | ABC-Z

Für Tokio-Olympiasieger Florian Wellbrock gerieten die Spiele von Paris zu einer einzigen Enttäuschung. Auch der Trainer war ratlos. Wellbrock verließ die olympische Bühne wortlos. Nun blickt er zurück, aber vor allem voraus.

Es waren Zeiten, Platzierungen und Bilder, die unerklärlich waren. Mit denen Florian Wellbrock und auch sein Trainer Bernd Berkhahn nicht im Ansatz gerechnet hatten: Angereist zu den Spielen von Paris als Medaillenhoffnung im Schwimmbecken und Favorit im Freiwasser, als Olympiadritter über die 1500 Meter von Tokio und Olympiasieger im Freiwasser, blieben Wellbrock am Ende nur Frust und Enttäuschung. Der 26 Jahre alte Magdeburger verließ die olympische Bühne als Geschlagener – ratlos und wortlos.

Jetzt, gut eine Woche nach seinem Rennen über zehn Kilometer im Freiwasser, meldete er sich über Instagram zu Wort. „Bis heute kann ich mir noch nicht erklären, wieso ich bei all meinen Starts nicht die Leistung abrufen konnte, die ich drauf hatte und zuvor im Training und anderen Wettkämpfen auch schon gezeigt habe“, beginnt er seinen Beitrag.

Jahrelang war es Wellbrock gewesen, auf den bei großen Titelkämpfen stets Verlass war. Als der deutsche Schwimmsport am Boden lag, war vor allem er es, der wieder für Aufbruchstimmung und Jubel sorgte – beginnend mit Gold und Bronze im Becken bei den Europameisterschaften 2018 in Glasgow. Ein Jahr später dann der endgültige Durchbruch, als er bei der WM in Südkorea die Titel über 1500 Meter sowie zehn Kilometer im Freiwasser gewann.

Mit Bronze (1500 Meter) und Gold (Freiwasser) bei den Spielen von Tokio erlöste er schließlich die deutschen Schwimmer, die 21 Jahre auf einen Podestplatz eines deutschen Mannes im Becken gewartet hatten. Zudem war es der erste Olympiasieg für die deutsche Schwimmmannschaft seit Britta Steffen 2008 und bezogen auf die Männer seit 1988. Es folgten bei den Weltmeisterschaften 2022, 2023 und 2024 vier weitere Gold- sowie je zwei Silber- und Bronzemedaillen.

Rückschläge und Comebacks – das kannte er

Was aber auch zur Wahrheit gehört: Bei den meisten seiner im Endeffekt sehr erfolgreichen Wettkämpfe hatte Wellbrock Rückschläge zu verdauen – wie das wiederholte Vorlauf-Aus über 800 Meter, einer Strecke, auf der die Weltspitze sehr eng zusammengerückt ist und mit der Wellbrock vermehrt Probleme bekam. Schon zwischen seinen beiden WM-Titeln 2019 lag ein damals sehr überraschendes Vorlauf-Aus über diese Distanz. Platz vier in Tokio über die 800 Meter und dann Bronze über 1500 m klingen im Nachhinein nach einem Erfolg, damals aber ging er mit Frust ins Freiwasser und tauchte in Gold wieder auf. Es war sein Meisterwerk.

Bei der WM 2023 patzte der Magdeburger dann zweimal im Becken – erstmals auch über die 1500 Meter –, nachdem er zuvor als Sieger aus dem Freiwasser gekommen war. Bei der WM 2024 machten ihm hingegen die Bedingungen – kalt und wellig – über die fünf und zehn Kilometer zu schaffen, die 800 Meter liefen dann ebenso enttäuschend, aber über 1500 Meter revanchierte er sich mit WM-Silber. Wellbrock fand immer innerhalb kurzer Zeit einen Weg zurück zu seiner Stärke.

Beeindruckende Comeback-Qualitäten, die bei den Olympischen Spielen von Paris erstmals ausblieben. Wellbrocks Vorlauf-Aus über 800 Meter war angesichts seiner Historie über diese Strecke nicht völlig überraschend gewesen, auch wenn er weit hinter seiner Bestleistung blieb. Dass er danach aber auch über die 1500 Meter das Finale verpasste und 30 Sekunden hinter seinem deutschen Rekord blieb, war ein Schock. Trainer und Schwimmer waren ratlos, verwiesen auf Top-Resultate im Training. Mit Rückschlägen kannte sich Wellbrock zwar aus, aber diese Enttäuschung, zumal unerklärlich, auf der olympischen Bühne war enorm.

Bis zum Ende der fünften von sechs Runden im Freiwasser schien es jedoch, als würde er es wieder schaffen, als könne er mit einer Medaille, vielleicht gar mit Gold aus der Seine steigen. Doch dann verlor er binnen weniger Meter enorm viel Zeit. Hinter dem Ungarn Kristof Rasovszky erkämpfte sein Magdeburger Trainingskollege Oliver Klemet Silber, Wellbrock hatte gut eine Minute Rückstand. Danach ging er ohne einen Kommentar durch die Mixed Zone. Jetzt schreibt er: „Ich fühlte mich in guter körperlicher Verfassung und habe mich auf die Wettkämpfe gefreut. Umso enttäuschter und ratlos war ich nach meinen Rennen, insbesondere nach den 1500 Metern und den zehn Kilometern.“

Wellbrock richtet den Blick nach Los Angeles

Wellbrock tappt noch immer im Dunkeln, die Aufarbeitung wird noch folgen. Zumal nicht nur Oliver Klemet, sondern auch andere Schwimmer aus seiner Trainingsgruppe ablieferten: Lukas Märtens gewann Gold über 400 Meter Freistil, Isabel Gose holte in deutscher Rekordzeit Bronze über 1500 Meter, und im Freiwasser gab es bei den Frauen einen Doppelsieg der Trainingsgruppe durch die Niederländerin Sharon van Rouwendaal und die Australierin Moesha Johnson. Wellbrock hingegen konnte nicht im Ansatz zeigen, wofür er trainiert hatte.

Mit diesen Leistungen aufzuhören, kommt für ihn nicht infrage. „Wer mich kennt, weiß, dass Aufgeben ein Fremdwort für mich ist und ich ein Kämpfer bin, der immer wieder aufsteht und weitermacht“, schreibt er. „Jetzt werde ich erst mal Urlaub machen, mir und meinem Körper eine Pause gönnen, um dann wieder anzugreifen. Klar ist auch, dass wir danach analysieren werden, woran es lag und gerade auf der mentalen Ebene vielleicht neue oder andere Wege einschlagen werden, denn Los Angeles 2028 ist mein nächstes großes Ziel.“

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