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Mercedes-Chef Källenius schwört seine Mannschaft ein – Wirtschaft | ABC-Z

Ola Källenius liebt Fußballanalogien. In der Krisenkommunikation, die den Mercedeschef dieser Tage ständig umtreibt, bemüht er sie immer gerne. Sein Konzern spiele in der „automobilen Champions League“, sagte Källenius am Dienstag in einer Videobotschaft an die Belegschaft, und in dieser Liga gebe es eine ganze Reihe neuer Teams, die hungrig seien und angriffen.

Gegen die – zugegeben, gar nicht mehr so neuen Player aus China und den USA – will sich Trainer Källenius behaupten, und schwört seine Mannschaft auf den Kampf ein: „Wir müssen stärker, schneller und hungriger werden.“ Was er nicht sagt: Wir müssen weniger werden. Denn kleiner wird es, sein Team.

Nach dem krachenden Gewinneinbruch um 28 Prozent ist bei den Stuttgartern sparen angesagt. Källenius und sein Chefsparer Harald Wilhelm, der Finanzvorstand, haben in den vergangenen Tagen hart verhandelt, am Tisch mit dem Betriebsrat um dessen Chef Ergun Lümali. Heraus kam am Dienstag ein Deal, der es in sich hat. Etliche Mitarbeitende sollen gehen, viele Tarifextras werden gestrichen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Konzern bis 2035, nicht betriebsbedingt zu kündigen. Sowohl Källenius als auch Betriebsratschef Lümali finden den Deal „ausgewogenen“.

Wie viele Mitarbeiter genau gehen müssen, will man bei Mercedes nicht kommunizieren – und weiß es schlichtweg wohl auch noch nicht. In der Zentrale jongliert man lieber mit Finanz- als Mitarbeiterzahlen. „Mehrere Milliarden Euro“ will der Autobauer in drei Jahren sparen, dem Vernehmen nach sind es fünf. Wahrscheinlich will man auch Schlagzeilen vermeiden, wie sie die Autobauer und Zulieferer dieser Tage laufend produzieren. 12 000 Jobs weniger bei Bosch, 14 000 weniger bei ZF, 1900 bei Porsche, und und und.

Wer bei Mercedes geht, soll freiwillig gehen, beispielsweise in den Vorruhestand oder mit einer Abfindung. Oder, um im Bilde zu bleiben: „Trainer und Spieler bleiben an Bord. Die, die gehen wollen, gehen freiwillig“, sagt Betriebsratschef Ergun Lümali, auch Fußballfan, der SZ. Der Abbau betreffe nur „indirekte Bereiche“, also Verwaltung, Forschung und Entwicklung, Marketing – die Bürojobs also. Dort, wo die Autos zusammengeschraubt werden, soll keine einzige Stelle wegfallen. Was einigermaßen verblüffend ist, weil der Konzern künftig in Deutschland 100 000 Autos weniger Autos bauen will, wie ein Sprecher bestätigt. Während die Kapazitäten in deutschen Fabriken heruntergefahren werden, soll das Werk in Ungarn auf 200 000 Fahrzeuge aufgestockt werden. Im vergangenen Jahr war der Absatz um drei Prozent zurückgegangen, Mercedes rechnet offenbar mit weiter sinkendem Absatz.

„Wir zahlen in Deutschland sehr hohe Löhne“, sagte Källenius in seiner Videobotschaft. Die Beschäftigungssicherung, die alle nur „Zusi“ nennen, und die er als Zugeständnis an den Betriebsrat um fünf Jahre verlängert hat, mache das Unternehmen nicht wettbewerbsfähiger. Die beste Zukunftssicherung seien großartige Autos zu wettbewerbsfähigen Kosten.

Abstriche gibt es bei tariflichen Extras

Für den Betriebsrat um Ergun Lümali ist es ein großer Erfolg, die Zukunftssicherung von 2030 auf 2035 zu verlängern. Abstriche muss die Belegschaft derweil bei tariflichen Extras machen: Es gibt nur eine halbe Tariferhöhung, die Möglichkeit, sich Zusatzfreitage auszahlen zu lassen, werden gestrichen. Und am Ergebnis sollen die Mitarbeiter von 2027 an auch nicht mehr beteiligt werden. Dieses Jahr bekommt jeder und jede 5220 Euro extra. „Wir müssen in schlechten Zeiten zusammenhalten und in guten Zeiten zurückfordern“, sagt Lümali, das hätte man vereinbart. Er ist zuversichtlich, dass Mercedes wieder da hinkomme, „wo wir hingehören“. Und wo gehört der Stern hin? Auf die Eins, wohin sonst, so geht das schwäbische Selbstverständnis.

Nicht jeder ist so zufrieden und optimistisch. In einer Betriebszeitung kündigten einzelne Gewerkschafter Widerstand gegen die „Fehlentscheidungen“ des Managements an, wie das Handelsblatt berichtet. Die starre Fokussierung auf Oberklasse, Källenius Luxusstrategie, sei ein „Irrweg“. Luxusautos wie die S- und G-Klasse, der Maybach oder AMG ließen sich zwar teuer verkaufen, aber nicht genug. Klare Kritik also an der Luxusstrategie.

Ob Källenius diese Leute mit seiner Kabinenansprache überzeugen konnte, ist unwahrscheinlich. Der forderte auch: „Wir müssen härter trainieren, schneller entscheiden, effizienter organisieren und smarter denken als die anderen“. Von seinem Büro kann der Chef übrigens dem VfB Stuttgart beim Spielen zuschauen. Abschauen kann er sich dort dieses Jahr nichts mehr, zumindest nicht in der Champions League.

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