Starnberg: Gericht spricht mutmaßliche Schuleinbrecher frei – Starnberg | ABC-Z

Die Täter wussten genau, wo sich in den Schulen die hochwertigen Unterrichtsgeräte befanden: In der Nacht zum 9. Juli 2021 hebelten sie ein Fenster im Erdgeschoss des Starnberger Gymnasiums auf, brachen die Tür des Lehrerzimmers auf und stahlen laut Anklage sechs Alukoffer mit 98 Microsoft-Tablets, 18 Tastaturen und 86 Tablet-Stifte im Gesamtwert von fast 60 000 Euro. Bereits in der darauffolgenden Nacht schlugen die Einbrecher erneut zu und erbeuteten im Gymnasium Puchheim 192 Tablets, 82 Tastaturen, 49 Appel-Pencils sowie Apple-TV-Geräte für insgesamt rund 150 000 Euro. Es wurden vier Türen und der IT-Raum aufgebrochen, der Sachschaden betrug 10 000 Euro.
Nach langwierigen Ermittlungen mussten sich nun drei junge Männer vor dem Jugendschöffengericht in Starnberg verantworten. Der Vorwurf lautete: schwerer gewerbsmäßiger Bandendiebstahl mit Sachbeschädigung. Die drei Hamburger, die in der Verhandlung schwiegen, sollen auch in Waldkirchen im Landkreis Freyung-Grafenau, im baden-württembergischen Horb am Neckar und in Bad Segeberg in Schleswig-Holstein in Schulen eingestiegen sein, Tablets gestohlen und zuvor den Tatort ausgekundschaftet haben.
Wie zum Beispiel in Starnberg. Er sei damals auf dem Weg zur Nachhilfe von einem Mann mit dunklen kurzen Haaren darauf angesprochen worden, ob es moderne Laptops auf seiner Schule gebe, berichtete im Prozess ein Starnberger Gymnasiast. Doch der Zeuge konnte diese Person auf der Anklagebank nicht wiedererkennen. „Da tue ich mich schwer“, sagte der Schüler. Ähnlich äußerte sich ein ehemaliger Schüler des Puchheimer Gymnasiums. Er habe zwei Männer „südländischen Aussehens“ in der Aula angetroffen, die sich erkundigt hätten, wo man ihre Schwester anmelden könnte und ob es Tablets in der Schule gebe. Zu dem Zeitpunkt sei der IT-Raum, in dem die Geräte gerade aus Kartons gepackt worden seien, von der Aula aus einsehbar gewesen, berichtete der ehemalige Schüler aus Puchheim.
Aussagen musste vor Gericht auch eine Kripobeamtin aus Fürstenfeldbruck, die die Ermittlungen nach diesen beiden Schuleinbrüchen geleitet hat. Einem der Angeklagten, der zur Tatzeit erst 20 Jahre alt war, gehörte ein Handy, das ihren Angaben nach vor dem Einbruch im Bereich des Starnberger Gymnasiums in den Funkmast eingeloggt gewesen sei. Dies hätten drei Funkzellen-Treffer ergeben. Zudem hätten die Ermittler eine DNA-Spur an einer Tür des Gymnasiums in Puchheim gesichert, die von dem verdächtigen Mann stamme. Er wurde identifiziert und es kam heraus, dass er im engen Kontakt mit zwei weiteren Männern aus Hamburg stand, gegen die in der Hansestadt schon wegen einer Serie von Schuleinbrüchen ermittelt worden war. In Starnberg und Puchheim hatten die Täter auch mit Feuerlöschschaum Spuren vernichtet, so die Kripobeamtin.
„Das Verhalten der drei Männer war sehr konspirativ“, sagt die Ermittlungsbeamtin
Nachdem womöglich dieses Trio auch in einem Stuttgarter Parkhaus nach dem Einbruch in Horb Ende Juli 2021 an einem Kassenautomaten fotografiert worden war, begannen die Observationen. Dabei überwachten die Fahnder auch die Telefongespräche an den Handys der Verdächtigen. Es sei Ziel gewesen, zu erfahren, ob neue Einbrüche vorbereitet würden, um die Täter auf frischer Tat zu ertappen. Doch es passierte nichts. Daraufhin wurden im Juni 2022 die drei Wohnungen der Angeklagten durchsucht. Dabei entdeckten die Ermittler bei zwei von ihnen 14 300 beziehungsweise 6500 Euro in Umschlägen in einer Kommode und hinter einem Bett – aber kein Diebesgut und auch nicht das Handy, das seinerzeit in Starnberg geortet worden war. Die EDV-Geräte aus den Schulen seien wohl schon verkauft worden, vermuteten die Fahnder. „Das gesamte Verhalten der drei Männer war sehr konspirativ, sie wechselten ständig die SIM-Karten oder benutzten Wegwerfhandys“, sagte die Kriminalhauptkommissarin.
Für die Verteidiger beruhte die Anklage lediglich auf Indizien, die keinen Tatverdacht erhärtet hätten. Sie forderten für die Angeklagten deshalb einen Freispruch. Dem Antrag folgte auch das Gericht, weil die Erkenntnisse nicht für eine Verurteilung ausreichten, wie es zur Begründung hieß. Dagegen sah der Staatsanwalt den Mann, dem das Handy in Starnberg und die DNA-Spur in Puchheim zugeordnet worden war, als einen Täter an. Er hatte für ihn eine Haftstrafe von drei Jahren gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.