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Carsten Maschmeyer im Interview: „Ich halte Elon Musk für völlig durchgeknallt“ | ABC-Z


Carsten Maschmeyer im Interview

„Ich halte Elon Musk für völlig durchgeknallt“

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Wird die neue Bundesregierung der Wirtschaft Schwung verleihen? Carsten Maschmeyer ist zuversichtlich, dass das gelingen kann. „Wir müssen raus aus dem Regulierungswahn“, sagt er im Interview mit ntv.de und erklärt, was das mit Kaffeepreisen zu tun hat. In Elon Musk sieht der Startup-Investor allerdings kein Vorbild für Bürokratieabbau.

ntv.de: Deutschland bekommt eine neue Bundesregierung – sehr wahrscheinlich mit dem CDU-Kanzler Friedrich Merz und der SPD, ohne die Grünen und ganz sicher nicht mit der FDP. Angesichts Ihrer Kritik an der Ampel-Koalition dürften Sie recht froh sein.

Carsten Maschmeyer: Ich bin sehr froh, dass wir wahrscheinlich eine Zweierkoalition bekommen. Die Dreierkoalition der Ampel-Parteien hat absolut nicht funktioniert. Es wäre sehr schwierig geworden, eine Dreierkoalition aus CDU/CSU, SPD und den Grünen zu bilden, wonach es in der Wahlnacht ja phasenweise aussah. Ich denke, dass die SPD die jetzt zu findenden Kompromisse pragmatisch angehen wird. Wichtig ist, dass sich die neue Bundesregierung auf Wirtschaftsthemen konzentriert. Wir brauchen endlich wieder Wachstum.

Deutschlands Wirtschaft stagniert seit 2018 – also auch schon während einer von Bundeskanzlerin Angela Merkel angeführten Koalition von Union und SPD. Was macht Sie so optimistisch, dass es jetzt besser wird?

Ja, auch während der Regierungszeit Merkel haben wir zahlreiche Wachstumschancen verpasst. Doch es war Wirtschaftsminister Robert Habeck, der der deutschen Wirtschafts-AG endgültig die Sargnägel reingehauen hat. Früher war Deutschland Europas Wachstumslokomotive, jetzt haben wir zwei Jahre Rezession hinter uns. Bei der SPD sehe ich mehr Pragmatismus, bei den Grünen dagegen Ideologie. Die versprochene grüne Wirtschaftswende ist nicht eingetreten.

Und mit einem schwarz-roten Bündnis wird es tatsächlich besser?

Friedrich Merz ist ein Mann mit viel Wirtschaftserfahrung, dort war er erfolgreich. Jetzt muss er in der Politik erfolgreich sein. Ich hoffe, dass ihm das gelingt. Wenn nicht, haben wir wahrscheinlich nach der nächsten Bundestagswahl eine AfD-geführte Regierung.

Wie kann Deutschland seine Wachstumsschwäche beenden?

Die Unternehmenssteuern müssen runter, lähmende Bürokratie muss abgebaut werden. Und wir müssen mehr in Digitalisierung investieren. Digital sind wir immer noch in der Steinzeit. Die Strompreise für Verbraucher und Firmen müssen sinken. Sie sind übrigens auch deshalb so hoch, weil Merkel nach dem Unglück in Fukushima den Atomausstieg eingeleitet hat und Habeck die letzten drei Atom-Meiler abschalten ließ. Dazu kommt: Unternehmer stellen sich doch die Frage: Wo zahlt meine Firma weniger Steuern und muss sich mit weniger Bürokratie herumschlagen? Um unsere Unternehmen international konkurrenzfähig zu machen, müssen wir die Unternehmenssteuern von knapp 30 Prozent auf 25 Prozent reduzieren. Das gilt nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für den Handwerksmeister, der seinen Betrieb an der holländischen Grenze sonst ins Nachbarland umsiedeln wird.

Wie gerne investieren Sie eigentlich noch in Deutschland?

Sehr gerne. Wir haben tolle Forscher, Wissenschaftler, Programmierer. Wir haben fleißige, mutige, revolutionär denkende Gründerinnen und Gründer. Doch sie alle ertrinken in Bürokratie. Zugespitzt kann man sagen: Die USA haben die Innovation und wir die Regulierung dafür erfunden. Friedrich Merz hat gesagt, er möchte die Gründerinnen und Gründer die ersten ein, zwei Jahre in einem weitgehend bürokratiefreien, regulationsfreien Umfeld loslegen lassen. Das halte ich für eine gute Idee.

Unternehmer schimpfen regelmäßig auf die Bürokratie in Deutschland …

Und sie haben recht! Lassen Sie mich die Überregulierung an einem Beispiel zeigen: Wenn Sie Kaffeepulver kaufen, zahlen Sie 7 Prozent Mehrwertsteuer. Wenn Sie aber einen Kaffee zum Mitnehmen kaufen mit etwas Milch, sind es 19 Prozent. Entscheiden Sie sich für einen Latte Macchiato zum Mitnehmen mit 75 Prozent Milch, zahlen Sie 7 Prozent. Wenn Sie Milchkaffee mit 50 Prozent Milch nehmen, werden 19 Prozent fällig. Wenn Sie aber den Latte Macchiato zum Mitnehmen bestellen, den dann aber doch lieber im Laden trinken, hat der Inhaber Steuern hinterzogen. Das ist doch völlig verrückt und zeigt, welche Fülle an Regeln und Überregulierung es aktuell in Deutschland gibt.

Und in den USA ist es so viel besser?

Die USA sind viel mutiger, als wir es sind. Ich bin es gewohnt, in Kalifornien in selbstfahrenden Autos zu sitzen. Wir könnten das in Deutschland auch – aber Regulierungen verhindern das. Meine erste Fahrt in so einem Auto war ein Knaller! Aber entspannt war ich beim ersten Mal noch nicht. Jetzt habe ich mich daran gewöhnt und kann während der Fahrten Unterlagen durcharbeiten oder telefonieren. Bei Innovationsschüben wie dem Autonomen Fahren geht es mir aber nicht um das Erlebnis, sondern um die Produktivität. Ein Beispiel: In Deutschland könnte ein Pfleger die Fahrt in einem selbstfahrenden Auto zwischen zwei Besuchen bei Patienten effektiv nutzen und etwa Berichte schreiben oder sich mit Kollegen absprechen oder sich zwischen zwei anstrengenden Terminen auch mal kurz erholen. Um besser und effizienter zu werden, müssen wir raus aus dem Regulierungswahn.

In den USA will Elon Musk die Deregulierung vorantreiben und schwingt dazu eine Kettensäge. Was halten Sie davon?

Ich halte Elon Musk in vielen Bereichen – salopp gesagt – für völlig durchgeknallt. Er ist ein großartiger Visionär, aber ebenso anmaßend und extrem. Er ist der größte Oligarch der Welt. Er will nicht nur der Reichste sein, er strebt eine Art Weltherrschaft an. Mit Donald Trump hat er eine unheilvolle Allianz gebildet. Doch ich bin zuversichtlich, dass die USA auch das überstehen.

Mit Carsten Maschmeyer sprach Jan Gänger

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