Die unterirdischen Schätze des Celler el Roure | ABC-Z

Langsam fahre ich auf der Nationalstraße durch die Serra Grossa. Die Landschaft kann ich vorerst nur erahnen, denn die Welt um mich herum ist im morgendlichen Nebel versunken. Doch dann, hinter einer Kurve, lichtet sich die dichte, weiße Decke und gibt den Blick auf die Äcker und Felder frei. Nackt und kahl erstrecken sich die Weinstöcke rechts und links der Straße. Sanfte Hügel so weit das Auge reicht, hier und da erhebt sich ein malerisches kleines Gehöft inmitten der Weinreben. Trotz des winterlichen Wetters wird schnell klar, warum diese Gegend die Toscana Valencias genannt wird. Die Landschaft hat etwas sanft-romantisches, ein Weinanbaugebiet wie aus dem Bilderbuch.

Inmitten der kleinen Hügel liegt El Celler del Roure, den wir heute besuchen. Im Oktober hatte ich Pablo Calatayud bei einem Fest der Reisernte in Albufera kennengelernt und seine exzellenten Weine probiert. Da wir gerade in Bocairent sind und das Weingut sich ganz in der Nähe befindet, haben wir uns auf den Weg hierher gemacht.

Anders als viele Weingüter, auf denen seit mehreren Generationen Weinanbau betrieben wird, begann die Familie Calatayud erst 1999, die süßen Trauben in edle Weine zu verwandeln. Im letzten Jahrhundert hatte man auf den Weinstöcken Valencias, wie in ganz Spanien, vorwiegend Quantität produziert. Die kleinen, autochtonen Traubensorten wären dabei beinahe von den ertragreicheren französischen Sorten verdrängt worden. Doch zum Glück hat sich das längst geändert. Immer mehr Weinbauern setzen heute auf die Qualitiät ihrer Weine.

Inspiriert von Weinbauern wie Daniel Belda oder Sara Pérez (Weingut Mas Martinet) machte sich Pablo Calatayud daran, aus althergebrachten Traubensorten qualitativ hochwertige Weine zu produzieren.  Vor dem Ausbruch der Reblauskrise im 19ten Jahrhundert waren Trauben wie Monastrell, Arco, Mandó u.a. in dieser Region zu Hause. In der Nähe von Moixent aufgewachsen, kaufte Pablo ein Stück Land und machte sich an die Arbeit. Inzwischen füllt das kleine Weingut jedes Jahr erlesene Tropfen in Flaschen, denn das Konzept ging auf. Allen Bedenken zum Trotz hat sich das Risiko gelohnt. Die Weine des Celler el Roure erzielten mit bester Qualität höchste Punktzahlen. Schnell entwickelte sich aus dem ursprünglich kleinen Projekt ein großes, denn auf dem Gelände der Finca ruhten verborgene Schätze: eine unterirdische Lagerstätte, in der bereits vor 200 Jahren Wein gelagert wurde.

Bei dem Besuch des Weinguts dürfen wir auch einen Blick in diese Bodega Fonda werfen, einen unterirdischen Weinkeller mit 97 großen Tongefässen, den  Tinajas de Barro, in denen der Wein heranreifte. Mit großer Liebe zur Landschaft und Kultur ihrer Heimat stürzte sich die Familie auch in dieses Abenteuer und experimentierte mit der Lagerung der Weine in den antiken Keramikgefässen. Das Ergebnis war überragend. Im Gegensatz zu Holzfässern beeinflussen die Tonkrüge den Geschmack der Trauben nicht. Statt der typischen Aromen, die französische oder amerikanische Eiche bei der Lagerung an den Wein abgibt, stehen hier die fruchtigen Noten der Trauben im Vordergrund.

Neben der beeindruckenden bodega fonda dürfen wir auch einen Blick in den neuen Weinkeller werfen. Ebenfalls unter der Erde angelegt, sodass er von außen gar nicht zu sehen ist, ruhen hier die Weine, die in ich Eichenfässern heranreifen. Ein ungewöhnliches Weingut, mit außergewöhnlichen Weinen. Man spürt und schmeckt in jedem Tropfen die Liebe zur Landschaft.

Eines der Etiketten ziert ein Text in iberischer Schrift, den man in der nahe gelegene Ausgrabungsstätte entdeckt hat. Bis heute konnte niemand diese jahrtausendealte Schrift  entziffern.

Informationen über die Weine der Alcusses

Zwischen den Dörfern Moixent, Fontanars und Font de la Figuera liegt das „Weindreieck“ der Toscana valenciana. 11 Bodegas haben sich zu “Terres dels Alforins” zusammengeschlossen. Besichtigung des Weinguts Celler del Roure mit Weinprobe: 15 Euro

Celler del Roure, Carretera de les alcusses (CV-652) km 11,1 46640 Moixent (Valencia) Tel. 962295020 Website alcusses.es

Nettes Interview: celler-del-roure-desperto-a-las-bellas-durmientes

Mehr über die Weine der D.O. Valencia findest Du hier: www.dovalencia.info/bodegas/

La Bastida de les Alcusses

Unweit des Weinguts befindet sich eine bedeutende Ausgrabungsstätte, die Bastida de les Alcusses. Am höchsten Punkt der Hügelkette liegt eine 650 Meter lange und rund 150 Meter breite Siedlung des iberischen Stammes der Contestaní, die vor über 2000 Jahren in dieser Gegend lebten. Erste Ausgrabungen fanden bereits 1928 statt, doch erst in den 60er Jahren kam es zu einer umfassenden archäologischen Untersuchung des Geländes. Dabei stieß man u.a. auf den Guerrer de Moixent, eine winzige Kriegerfigur, deren Original im Prähistorischen Museum Valencias aufbewahrt wird. Der kleine Krieger gilt neben der Dame de Elche als einer der wichtigsten Funde der iberischen Kultur in der Region Valencia. Bei Ankunft der Römer auf der iberischen Halbinsel verschwanden die Contestani ebenso, wie alle anderen iberischen Stämme. Ihre Siedlungen wurden zersört oder gerieten in Vergessenheit.

Der Besuch der Bastida de les Alcusses ist kostenlos. Zutritt nur Sa 10 bis 14 Uhr und 16 – 18 Uhr, So nur 10 bis 14 Uhr. Kostenlose Führungen nach Voranmeldung: 687 836 717 und 687 836 545 oder  labastida@moixent.es
Offzielle Website: bastidaalcusses.es | moixent.es, ein Faltblatt zur Ausgrabungsstätte als PDF