Sport

Ski alpin: 100. Weltcup-Triumph für Shiffrin – Sieg für Rekordbücher kostet Ski-Star große Überwindung | ABC-Z

Nach zwei enttäuschenden Riesenslaloms schlägt Mikaela Shiffrin zurück – und wie. Mit dem Sieg in Sestriere knackt die Skirennfahrerin eine magische Marke – und stellt einen weiteren Rekord ein. Psychisch aber ist sie nach wie vor angeschlagen.

Mikaela Shiffrin ließ sich in den Schnee fallen und blickte ungläubig auf die Anzeigetafel. Die amerikanische Ausnahmeathletin hat den Slalom von Sestriere gewonnen und damit ihren insgesamt 100. Weltcup-Sieg gefeiert. Es ist ein weiterer Meilenstein in der einzigartigen Karriere der 29 Jahre alten Skirennfahrerin. Sie sei so dankbar, sagte Shiffrin, nachdem sie sich wieder aufgerappelt hatte. Die mit Abstand erfolgreichste Athletin der Weltcup-Historie war auch wegen der schwierigen Tage zuvor sichtlich ergriffen.

„Es mussten viele Dinge in meine Richtung richtig laufen, damit das passieren konnte. Aber ich habe auch etwas richtig gemacht“, sagte Shiffrin, mit Tränen in den Augen.

„Ganz groß“ sei diese Leistung, sagte Lena Dürr. Die seit Jahren beste deutsche Slalomfahrerin war als Siebte einen Platz hinter ihrer Teamkollegin Emma Aicher gelandet. Im Trubel um den historischen Triumph von Shiffrin ging die ansprechende deutsche Vorstellung aber unter.

„Mikaela hat einen Fahrstil, der sie gleichermaßen schnell und wenig anfällig sein lässt. Sie fährt nicht sehr extreme Winkel. Sie wendet nicht so enorme Hüft- und Kniebeugungen an“, sagte der ehemalige Alpin-Star und jetzige ZDF-Experte Marco Büchel: „Shiffrins Hüfte steht ein bisschen höher bei den Schwüngen, die Winkel sind weniger ausgeprägt, sie kommt auf diese Weise schneller zum nächsten Tor, sie kann zwischen den Toren zudem ihre Skier schneller wieder flach stellen. Das ist faszinierend.“

Lange Zeit galt die Marke von 100 Siegen als unerreichbar. Shiffrin hat sie nun geknackt – gut zwölf Jahre nach ihrem ersten Erfolg im schwedischen Are und nach diversen Aufs und Abs.

Olympia-Gold 2014 in Sotschi, vier WM-Titel und jetzt 63 Weltcup-Siege – im Slalom fährt Shiffrin mitunter in einer eigenen Welt. Disziplinübergreifend stand sie in Sestriere zum 155. Mal auf einem Weltcup-Podest und stellte so den Rekord des schwedischen Ex-Skistars Ingemar Stenmark ein („Sie ist so viel besser als ich. Das ist nicht zu vergleichen“). Vor allem zeigte sie aber eine starke Reaktion auf die Enttäuschungen in den Riesenslaloms.

Sturz im Riesenslalom hinterlässt bei Shiffrin Spuren

Am Freitag war sie in Italien nur 25. geworden, am Samstag gar nicht erst in den zweiten Durchgang gekommen. Echte Tiefschläge für Shiffrin, die psychisch nach wie vor unter den Folgen ihres heftigen Sturzes beim Heimrennen in Killington Ende November leidet. Im dortigen Riesenslalom hatte sie eine tiefe Stichwunde im Bauchbereich erlitten, die operiert werden musste. Es kam zu Komplikationen, es war nicht klar, ob sie die Saison fortsetzen konnte. Zwei Monate später kehrte Shiffrin in den Weltcup zurück.

Die Leichtigkeit von einst hat sie seitdem noch nicht wiedergefunden. Sie müsse sich mental schon sehr überwinden, um die gewünschte Leistung auf die Piste zu bringen, erklärte Shiffrin. Bei der WM in Saalbach-Hinterglemm hatte sie unlängst auf einen Start im Riesenslalom verzichtet. Im Slalom der Team-Kombination überzeugte sie aber – und holte mit Breezy Johnson den Titel.

Nun also das nächste Meisterstück der Alpin-Dominatorin. Trotz steigender Temperaturen und nachlassender Piste siegte sie in Sestriere mit mehr als einer halben Sekunde Vorsprung vor Zrinka Ljutic. Die junge Kroatin ist ein weiterer aufgehender Slalom-Stern und Shiffrin in der Disziplinwertung weit enteilt. Um Kristallkugeln geht es der US-Amerikanerin diesen Winter aber auch nicht mehr.

Spaß haben und das Selbstverständnis auf den Skiern zurückerlangen – das sind Shiffrins Ziele für die verbleibenden Wochen der Saison.

Der Unfalltod ihres Vaters Jeff vor fünf Jahren, die für sie medaillenlosen und tränenreichen Olympischen Spiele in Peking 2022 – Shiffrin hatte auf ihrem Weg nach oben viele dunkle Momente zu überstehen. Auch ihr Sturz in Killington diesen Winter war so einer. Doch der US-Star kommt immer zurück – und wie. An das Ende ihrer Karriere denkt sie noch nicht. „Meine Motivation ist weiterhin groß. Aber das Ende liegt näher vor mir als der Anfang“, sagte sie.

dpa/pk

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"