Sieg gegen Bulgarien: Weltmeister Deutschland für Basketball-EM qualifiziert – Sport | ABC-Z

Es war Alex Mumbru wichtig, mitzuteilen, dass er noch offene Stellen in seiner Belegschaft zu besetzen habe. Deshalb wiederholte er diese Botschaft mehrmals und kündigte sogleich einen Trip nach Übersee an, um dort Personalgespräche zu führen. Der Basketball-Bundestrainer stand zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Eindruck der zweiten Halbzeit des EM-Qualifikationsspiels gegen Bulgarien, das nach zwischenzeitlich riesiger Führung in der Schlussphase noch richtig knapp geriet. Letztlich aber konnte der Deutsche Basketball Bund (DBB) verkünden, was nur eine Randnotiz hätte sein sollen: Der Weltmeister hat sich die Zulassung für die Europameisterschaft in Lettland, Finnland, Zypern und Polen (27. August bis 14. September) gesichert, als Gruppenerster vor Montenegro und Schweden; der letzte Gegner Bulgarien ist raus.
Es ist zwar unschöne Tradition, dass die Nationen mit Euroleague-Vereinen oder Nationalspielern in der NBA diese Qualifikationen zumeist mit Akteuren der zweiten und dritten Garde bestreiten müssen. So formieren sich Mannschaften, die man bei großen Turnieren nie sehen wird. Denn die privatwirtschaftlich organisierte Euroleague und erst recht die Übersee-Glitzerliga NBA denken nicht daran, Rücksicht auf irgendwelche Qualifikationsfenster der internationalen Verbände zu nehmen. An diesem Wochenende allerdings ließ die europäische Eliteliga ihren Spielbetrieb ausnahmsweise ruhen, weshalb die meisten Nationalteams personell eine signifikante Aufwertung erfuhren.
Exklusiv Basketballer Niels Giffey
:„Das war für mich der letzte Sommer mit der Nationalmannschaft“
Der 118-malige deutsche Basketballnationalspieler Niels Giffey spricht über den Schock am Ende der Sommerspiele in Paris, den FC Bayern München, zu große Belastungen im Profisport – und er verkündet seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft.
Mumbru konnte auf das Gros seiner Euroleague-Spieler zurückgreifen und hatte zusätzliches Glück, dass der Wechsel von Center Daniel Theis von den New Orleans Pelicans zum Euroleague-Klub Monaco genau in diesen Zeitraum fiel. Theis war neben Johannes Thiemann, der aus Japan eingeflogen war, Johannes Voigtmann, Justus Hollatz und Andreas Obst (alle FC Bayern) sowie David Krämer (vom spanischen Erstligisten Canarias) und Isaac Bonga (Partizan Belgrad) der siebte Weltmeister auf dem Feld. Entsprechend einseitig verlief das erste Qualifikationsspiel in Montenegro, das die DBB-Auswahl 95:76 gewann. Was gleichbedeutend mit der erfolgreichen Qualifikation war, denn nur eine Niederlage mit mehr als 68 Punkten Differenz am Sonntagabend hätte diese in Gefahr bringen können.
Weil die Bulgaren aber auf ihre beiden besten Spieler verzichten mussten – Sasha Vezenkov bekam von Piräus keine Freigabe und Codi Miller-McIntyre wurde von Roter Stern Belgrad nach Hause beordert –, rückte diese Möglichkeit in den Bereich der Theorie. Vezenkov, der vielen als derzeit bester Spieler in Europa gilt, war beim 81:77-Sieg der Bulgaren gegen Schweden am Donnerstag mit 40 Punkten und 18 Rebounds noch der Sieggarant, in Miller-McIntyre musste die Bulgaren zudem auf ihren Spielmacher verzichten. Dennoch wurde der Gastgeber am Sonntagabend in Bamberg nur bis zum Halbzeitstand von 62:35 Punkten seinem Favoritenstatus gerecht, danach nahm das Spiel des Weltmeisters immer wildere Züge an.
Bei der EM wird das Basketball-Nationalteam ein anderes Gesicht haben, Mumbru will mit NBA-Spielern reden
Natürlich rotierte Trainer Mumbru im gesamten Spielverlauf die Aufstellung munter durch, doch als Erklärung für die beiden verlorenen Viertel (13:22 und 19:28) ist das zu wenig. Denn weder Bulgarien noch Montenegro oder Schweden sind Konkurrenten, die an den Leistungsbereich des deutschen Teams reichen. Der Auftritt in der zweiten Halbzeit war schlichtweg dürftig und wurde einem Weltmeister nicht gerecht – drei Minuten vor dem Ende waren die Gäste den Deutschen bis auf fünf Punkte auf die Pelle gerückt (82:87). Mumbru attestierte seinen Spielern, die in der Schlussphase doch etwas nervös wirkten, am Mikrofon von Magentasport zwar „viele gute Momente“, allerdings hätte diese auch „zu viel relaxt und nicht mehr intensiv genug“ agiert. Bester Schütze war David Krämer mit 14 Punkten, Andreas Obst und Daniel Theis (je 12) punkteten ebenfalls zweistellig.
Es gibt keinen Grund, nun die Alarmsirenen anzuwerfen, denn das Gros der Spieler und der Bundestrainer kannten sich bisher nur fernmündlich. Und in dieser Konstellation ist das Team kaum bei der EM zu erwarten. Dennoch schreckten die beiden Schlussviertel in Bamberg den Bundestrainer offensichtlich so auf, dass er flugs die Flugpläne nach Übersee studieren will. Dort nämlich sind seine besten Spieler engagiert, mit denen er stets in Kontakt steht, wie er betonte: „Ich habe mit Dennis und Franz telefoniert“, hatte er vor der Partie gesagt. Neben den Anführern Dennis Schröder und Franz Wagner habe er auch Isaiah Hartenstein, der zurzeit bei den Oklahoma City Thunder glänzt, sowie Wagners Orlando-Teamkollegen Tristan da Silva auf dem Zettel. Für den derzeit verletzten Moritz Wagner dürfte die EM zu früh kommen.
Außerdem fehlten in Nick Weiler-Babb und Oscar da Silva vom FC Bayern zwei weitere Hochkaräter, zudem hat Weltmeister Maodo Lo, der bei seinem Euroleague-Klub Paris blieb, ebenfalls Bereitschaft zur EM signalisiert. Nie zuvor hatte ein deutscher Bundestrainer einen derart großen Pool an Spitzenspielern. Die Kunst für Mumbru wird sein, daraus ein stimmiges Team zu kreieren, so wie es Vorgänger Gordon Herbert vollbracht hatte. Die Zeichen stehen jedenfalls nicht schlecht, wie Daniel Theis erklärte: „Jeder Trainer macht das anders, aber der Kern der Mannschaft steht.“