Kultur

Gerhard Rühm: Beim Veteranen der Spaßguerilla | ABC-Z

Eine Begegnung mit dem Künstler Gerhard Rühm, dem letzten Überlebenden der Wiener Gruppe, der gerade 95 Jahre alt wurde. 

Ein kathartischer Akt: Friedrich Achleitner (links) und Gerhard Rühm zertrümmern am 15. April 1959 ein Klavier.
© Interfoto

Der sublime Feingeist Gerhard Rühm, ein Verehrer des Zwölfton-Komponisten Arnold Schönberg und ein früher Virtuose der konkreten Poesie, war durchaus auch für Derbheiten zu haben: scheissen und brunzen sind kunsten heißt ein in konsequenter Kleinschreibung mit seinem Freund und Kollegen Konrad Bayer verfasstes Gedicht aus dem Jahr 1958, das die Tonalität der von ihm mitbegründeten Wiener Gruppe festlegte: „Wir wollten provozieren“, sagt der Künstler heute, „und in dem stockkonservativen Nachkriegsklima eine Gegenmarkierung setzen.“ Was durchaus gelang: Die zwischen Vulgarität und Abstraktion pendelnden Texte und die exaltierten Happenings der Autorengemeinschaft erregten Aufsehen und riefen Hohn und Widerspruch hervor. Die Presse schoss sich ein auf die unverfrorenen Avantgardisten, die den restaurativen Geist der Zeit überwinden wollten, und sahen in ihrer Kunst Zeichen für den Untergang des Abendlandes.

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