Mit 92 Jahren gestorben: Ex-Liberale-Bundesinnenminister Gerhart Baum ist tot | ABC-Z

Mit 92 Jahren gestorben
Ex-FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum ist tot
15.02.2025, 13:56 Uhr
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Der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum ist tot. Er wurde 92 Jahre alt. Er stand wie kein anderer für den sozialliberalen Flügel der Partei. Baum zählte zuletzt zur kleiner werdenden Gruppe einer quasi linksliberalen Opposition bei den Liberalen.
Der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum ist tot. Das teilte ein Parteisprecher mit. Baum wurde 92 Jahre alt. Er war von 1978 bis 1982 Teil der sozialliberalen Koalition unter SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt und leitete das Bundesinnenministerium. Baum gehörte neben seinem im März 2020 gestorbenen Freund Burkhard Hirsch zur zuletzt kleinen Gruppe sozialliberaler FDP-Mitglieder, die sich zusammen mit Hildegard Hamm-Brücher und dann auch mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger im Freiburger Kreis zusammenschlossen. Das bedeutete quasi linksliberale Opposition in der eigenen Partei.
Scharfe Kritik übte er zuletzt am Kurs der Partei unter dem Vorsitzenden Christian Lindner. Er habe die Partei zwar zurück in den Bundestag, dann aber in die Selbstisolation geführt. Lindner hat den verstorbenen FDP-Politiker derweil als einen großen Verfechter von Freiheit und Bürgerrechten gewürdigt. „Mit Gerhart Baum haben unser Land und die Freien Demokraten eine der kräftigsten Stimmen für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie verloren“, teilte Lindner mit. „Er war eine unabhängige Persönlichkeit mit kritischem Urteil, die unsere liberale Familie gestärkt hat.“ Die Freien Demokraten seien Baum zu großem Dank verpflichtet. „Sein Rat und sein kritischer Blick werden uns fehlen.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser würdigte Baum als „eine große politische Persönlichkeit und eine starke Stimme für Demokratie, Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit. Er wird als leidenschaftlicher Verteidiger unserer Demokratie in Erinnerung bleiben.“
Der studierte Jurist wurde 1972 Staatssekretär im Innenministerium in der Regierung von Willy Brandt. 1978 übernahm er die Leitung des Ressorts bis zum Platzen der sozialliberalen Koalition 1982. In diese Zeit fiel der RAF-Terror. Nach der Wende der FDP von der SPD zur Union 1982 war die sozialliberale Koalition am Ende. Etliche – vor allem junge – FDP-Mitglieder verließen damals die Partei. Baum blieb und war von 1982 bis 1991 noch FDP-Vize.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag arbeitete er wieder als Rechtsanwalt. Erst 2022 verhandelte er mit seiner Kanzlei mit der Bundesregierung, um eine Entschädigung für die Angehörigen der israelischen Opfer des Anschlags bei den Olympischen Spielen in München 1972 zu erzielen.
Bis zuletzt führte er – unter anderen zusammen mit Hirsch und Leutheusser-Schnarrenberger – erfolgreiche Verfassungsbeschwerden gegen staatliche Überwachung: gegen den Großen Lauschangriff, die Vorratsdatenspeicherung oder das Luftsicherheitsgesetz von Rot-Grün zum Abschuss entführter Passagiermaschinen.
Baum, geboren am 28. Oktober 1932, stammte aus dem Dresdner Bildungsbürgertum. Vater und Großvater waren ebenfalls Rechtsanwälte. Die Mutter, eine Russin, floh mit den Kindern nach der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 an den Tegernsee. 1950 zog die Familie nach Köln.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst würdigte Baum als „umtriebigen Anwalt der Menschenrechte und des Liberalismus. Wir haben einen großen Nordrhein-Westfalen verloren. Sein Vermächtnis von Liberalität und Weltoffenheit wird bleiben“. Baum wollte das „Grundgesetz mit Leben füllen und richtete sein ganzes Handeln am Prinzip der Menschenwürde und der Freiheit aus“.