Linus Straßer und Lena Dürr: Erwartungen bei der Ski-WM in Saalbach – Sport | ABC-Z

Frage nicht, was passiert wäre, hätte Linus Straßer die Fassung verloren. Der Münchner verliert ja ohnehin nicht gern, und im Nachtslalom von Schladming war er als Führender in die Entscheidung gegangen. Nach Lauf zwei unter dem steirischen Flutlicht war klar, dass Straßer nicht nur den Sieg, sondern sogar das Stockerl verpasst hatte. Und nun, im Getümmel der 40 000 Schladminger Schlachtenbummler, rang Straßer um Contenance.
Etwas mehr als zwei Wochen ist dieses bis dato letzte Slalomrennen des alpinen Winters inzwischen her – und wie sich herausstellte, sollte darüber noch zu reden sein. Noch mit Sturzhelm auf dem Kopf wurde Straßer ans Mikrofon des Bayerischen Fernsehens gebeten, und dort also versuchte er sich in Zurückhaltung. Es sei „eine ganz blöde Situation, jetzt gerade ein Interview zu geben“, hatte Straßer erklärt. „Ich glaube, da tue ich meinem Trainer nichts Gutes.“ Aber: „Da bist du mal in der Position, ich versuche es wirklich hier normal zu halten, nichts Besonderes zu machen, und dann erwarte ich das von meinen Trainern auch“, sagte Straßer. „Wenn du schon den Vorteil hast und dann nicht nutzt oder es herschenkst, aber sei’s drum.“
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Straßers Kritik richtete sich an seinen Technikcoach Stefan Kogler, der einen stark drehenden zweiten Kurs gesteckt hatte, eine Variante, die dem Schladming-Sieger von 2022 und 2024, wie sich herausstellte, weniger entgegenkommt. So fiel Straßer noch zurück und landete hinter Sieger Timon Haugan aus Norwegen sowie den Österreichern Manuel Feller und Fabio Gstrein nur auf Platz vier. Was bleibt davon? Nun, da bei der Ski-WM in Saalbach aus deutscher Sicht die sportlichen Höhepunkte anstehen: die Slaloms.
Zwei Wochen nach Schladming wird Linus Straßer per Handy in ein Hotelzimmer in Saalbach zugeschaltet. Einige Tage vor dem Rennen am Sonntag hält er sich bei seiner Familie in Kirchberg bei Kitzbühel auf und trainiert dort im Kraftbereich. „Wir haben uns noch mal zusammengesetzt“, erklärt Straßer, also er und Kogler. „Es war sicher nicht beabsichtigt von meinem Trainer, so zu setzen, er ist dann selbst auch etwas erschrocken.“ Der zweite Lauf von Schladming habe Kogler im Endeffekt „wesentlich drehender, als er ihn haben wollte“ in die Planai-Piste gesteckt. Straßers Fazit zwei Wochen danach: „Unglücklich“, aber „auch menschlich, es kann passieren.“
Für Straßer war es eine Art Déjà-vu, ein ähnlich drehender Lauf hatte sich auch bei der WM 2023 in Courchevel/Méribel vor ihm aufgetan, das Werk von DSV-Trainer Bernd Brunner. Und nun, bei der WM 2025 in Saalbach?
Da dreht es sich bei Straßer zwei Tage vor dem Rennen um andere Themen als die Personalie des WM-Kurssetzers. „Ich fühl’ mich gut am Ski, ich steh’ relativ locker drauf, habe einen hohen Grundspeed, eine gute Selbstverständlichkeit, eine gute Sicherheit“, sagt Straßer. Beim Slalom am Sonntag (9.45 Uhr, 13.15 Uhr), dem letzten Rennen dieser Ski-WM, gilt er als Medaillenanwärter, allerdings als einer von nicht wenigen. „Ich würde mich nicht zu den Toptopfavoriten zählen, da gibt es heuer sicher Schnellere“, sagt Straßer. „Aber vielleicht kann ich ja etwas überraschen am Sonntag.“
„Ich mache das schon für mich“, sagt Straßer. „Genauso hoffe ich, dass die Lena am Samstag für sich fahren wird.“
Am Wochenende werden nun die letzten sechs der insgesamt 34 WM-Medaillen vergeben. Und aus sportlicher Sicht droht dem Deutschen Skiverband (DSV) tatsächlich ein Fiasko. Zum ersten Mal seit Are 2007 könnte es dazu kommen, dass Team Deutschland ohne Medaillen von der Ski-WM heimfährt. Allerdings, auch das sei erwähnt, stehen die zwei ambitioniertesten Podestgäste der vergangenen Jahre am Samstag und Sonntag noch oben.
Diese Momente im Starthäuschen muss man schon wirklich mögen, um in der Disziplin Slalom die Zeiten zu überdauern. Verspüre er nicht enormen Druck, da ja einiges von ihm abhängt, mindestens die für seinen Verband wichtigste Statistik des Skiwinters? „Natürlich sind wir ein Team“, entgegnet Straßer. „Aber ich trainiere nicht das ganze Jahr für irgendwen anders und verzichte nicht das halbe Jahr darauf, meine Familie zu sehen wegen irgendwem anders. Ich mache das schon für mich“, sagt er. „Genauso hoffe ich, dass die Lena am Samstag für sich fahren wird.“
Lena Dürr, die zweite Münchnerin, geht ähnlich wie Straßer als Mitfavoritin auf die Piste unterhalb des Zwölferkogels. Am Samstag (9.45 Uhr, 13.15 Uhr) hat die 33-Jährige teaminterne Unterstützung, Jessica Hilzinger und die im Speed zuletzt so starke Emma Aicher treten ebenfalls im letzten WM-Wettbewerb der Frauen an. Alle drei wirken bei einem Treffen im Teamhotel am Donnerstagabend gelöst. Dürr jedenfalls lässt positives Denken erahnen, nachdem sie im Kombinationsslalom mit der durch warme Temperaturen verformten Rennstrecke Schwierigkeiten beklagt hatte. „Am Samstag wird es deutlich kälter“, sagt Dürr. „Die Piste wird deutlich härter sein, hoffe ich.“
Lediglich Hilziger lässt erahnen, dass sie wegen einer Erkältung eventuell in die Trickkiste greifen muss. Um die Gesundheit, Nerven, Contenance und sonstige Dinge zu wahren, vertrauen die DSV-Skifahrerinnen auf einen kleinen Wundertrunk, wie die drei noch erklären. Fast wie eine Botschaft hinaus an all jene, die derzeit schniefen und keuchen, sagt Dürr: „Selbstgemachte Ingwer-Shots den ganzen Winter.“