Bundestagswahl 2025: Wenn ein Sieg egal ist – Das müssen Sie zur Wahl wissen | ABC-Z

Nicht nur vorgezogen – sondern auch vieles neu: Die Bundestagswahl 2025 wird selbst bei den deutlichen Umfragen extrem spannend. Denn es musste nach dem Ampel-Aus nicht nur sehr schnell gehen – erstmals gilt auch ein neues Wahlrecht, das einige Sieger zu Verlierern machen könnte.
Seit dem Ampel-Aus am 6. November 2024 ist klar: Die Bundestagswahl 2025 wird deutlich früher stattfinden als geplant. So haben die Deutschen nun am 23. Februar die Wahl – nach einem kurzen aber durchaus heftigen Wahlkampf. Nach der Auflösung des Bundestages Ende des vergangenen Jahres muss eine Neuwahl innerhalb von 60 Tagen stattfinden.
Grundsätzlich unterscheiden sich vorgezogene Wahlen nicht von regulären Wahlen. Der Hauptunterschied liegt in den verkürzten Fristen etwa für die Einreichung von Wahlvorschlägen, die durch eine Rechtsverordnung des Innenministeriums angepasst werden können.
Alle News und Entwicklungen im Wahlkampf erfahren Sie hier in unserem Liveticker zur Bundestagswahl.
Wie wird der Bundestag gewählt?
Jeder Wähler hat zwei Stimmen: Mit der Erststimme wird der oder die Wahlkreisabgeordnete per Direktwahl jeweils aus 299 Wahlkreisen gewählt. Sie wird auf der linken Stimmzettelhälfte abgegeben. Durch das Prinzip der Erststimme wird sichergestellt, dass jede Region im Bundestag vertreten ist.
Mit der Zweitstimme, die auf der rechten Stimmzettelhälfte vergeben wird, wählt man die Landesliste einer Partei. Trotz ihres Namens ist die Zweitstimme sogar wichtiger, denn sie entscheidet darüber, wie viele der insgesamt 598 Sitze im Bundestag einer Partei zustehen.
Was ändert sich durch die Wahlrechtsreform?
Durch die Wahlrechtsreform, die die Ampel 2023 beschlossen hat, wird die Zweitstimme sogar noch wichtiger. Das neue Wahlrecht hat das Ziel, das durch Überhang- und Ausgleichsmandate künstlich aufgeblähte Parlament kleiner zu machen: 630 Sitze sind nun vorgesehen. Im aktuellen Bundestag sitzen noch 733 Abgeordnete. Durch die Reform fallen die Überhang- und Ausgleichsmandate weg. Diese Mandate hatten in der Vergangenheit dazu geführt, dass der Bundestag deutlich größer wurde als ursprünglich vorgesehen.
Entscheidend für die Sitzverteilung ist künftig ausschließlich das Zweitstimmenergebnis einer Partei. Die Anteile bei den Zweitstimmen entscheiden nun allein darüber, wie viele der gewonnenen Direktmandate überhaupt in Parlamentssitze umgewandelt werden können – da ja nicht mehr automatisch alle siegreichen Direktkandidaten per Überhangmandat in den Bundestag einziehen.
Eine Partei erhält also nur dann einen Wahlkreissitz, wenn sie in dem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten hat UND dieser Sitz außerdem durch Zweitstimmen gedeckt ist.
Reichen die Zweitstimmen nicht für alle direkt gewählten Kandidaten aus, kommen die mit den schwächsten Ergebnissen nicht in den Bundestag. Mit der Reform soll der Bundestag effizienter arbeiten können – und weniger kosten.
Ob die Reform allerdings bei der nächsten Wahl 2029 noch bestehen wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Union hat bereits verkündet, dass sie im Falle eines Wahlsieges keinen Koalitionsvertrag unterschreiben werde, der nicht die Rücknahme der Reform enthält. Allerdings müssen auch CDU und CSU erklären, wie sie die Zahl der Abgeordneten absehbar signifikant reduzieren wollen.
Wenn ein Sieg egal ist
Das neue Wahlrecht kann sogar dazu führen, dass, selbst wenn ein Kandidat oder Kandidatin die meisten Erstimmen im Wahlkreis auf sich vereint, er oder sie bei der Zusammensetzung des Parlaments unberücksichtigt bleibt. Nach der jüngsten Wahlkreisprognose vom 7. Februar ist das sogar in 19 Wahlkreisen der Fall. Hauptbetroffener ist aktuell die CDU – hier werden zehn eigentliche Sieger nicht in den Bundestag ziehen. Bei der AfD sind es sieben und bei der Linken zwei. Hier erhalten Sie einen Überblick, in welchen Wahlkreisen laut Prognose aktuell keine Direktmandate vergeben werden.
Wen hierbei nun ein komisches Bauchgefühl beschleicht, der kann zumindest daraus Sicherheit schöpfen, dass das Dilemma rechtlich nicht vom obersten Verfassungsgericht beanstandet wurde. Tatsächlich sei das eingeführte Zweitstimmendeckungsverfahren mit dem Grundgesetz vereinbar, verkündete der Zweite Senat in Karlsruhe in seinem Urteil Ende Juli 2024. Dass ein Wahlkreissieger künftig nicht mehr automatisch in den Bundestag einzieht, ist somit verfassungsrechtlich zulässig. Die Entscheidung war einstimmig.
Die Reform kann somit im extremsten Fall dazu führen, dass Wahlkreise „verwaist“ sind. Allerdings könnte der Wahlkreis auch – falls der siegreiche Direktkandidat mangels Zweitstimmendeckung nicht in den Bundestag einzieht – mit einem anderen Abgeordneten vertreten sein, der über die Landesliste seiner Partei einzieht.
Lohnt sich Stimmensplitting noch?
Bei früheren Bundestagswahlen war es durchaus üblich, dass kleinere Parteien wie die FDP um die Zweitstimme von Wählern aus dem Unionslager buhlten, um so eine Wunschkoalition Schwarz-gelb möglich zu machen. Doch mit dem neuen Wahlrecht haben CDU und CSU bereits klargemacht, dass sie nichts zu verschenken haben. „Es wird keine Zweitstimmen-Hilfe von uns für die FDP geben“, so Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz.
Warum die Grundmandatsklausel so wichtig ist
Die Aussicht auf ein Direktmandat kann gerade für die kleineren Parteien am Wahlabend größte Bedeutung erlangen: Durch die weiterhin geltende Grundmandatsklausel könnte beispielsweise die FDP noch in den Bundestag gelangen – auch wenn sie bundesweit bei der Zweitstimme unter 5 Prozent bleiben sollte. Dafür müsste sie allerdings in mindestens drei Wahlkreisen jeweils ein Direktmandat gewinnen. Auf diese Weise schaffte die Linke bei der Wahl 2021 noch gerade so den Einzug in den Bundestag. Die Klausel war der Wahlrechtsreform ursprünglich zum Opfer gefallen, das Bundesverfassungsgericht kippte diesen Teil allerdings.
Aktuellste Umfrage
„Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre…“ Insa, vom 8.2.2025
Union: 29 Prozent
AfD: 21 Prozent
SPD: 16 Prozent
Grüne: 12 Prozent
BSW: 6 Prozent
Linke: 5 Prozent
FDP: 4 Prozent
Sonstige: 7 Prozent
Fristen für die Briefwahl
Die Bundeswahlleitung rät Briefwählern wegen der vorgezogenen Wahl mit deutlich kürzeren Fristen dringlich dazu, den Antrag auf einen Wahlschein so früh wie möglich zu stellen. Ein Wahlschein kann bis spätestens zum 21. Februar (Freitag), 15 Uhr, beantragt werden. Ab Anfang Februar werden die Stimmzettel an alle Briefwähler verschickt. Danach wiederum muss der ausgefüllte Wahlbrief bis spätestens um 18 Uhr am Wahltag, einem Sonntag, dem Wahlamt vorliegen. „Briefwahlstimmen, die bis Donnerstag, den 20. Februar 2025 vor der letzten Leerung des jeweiligen Briefkastens eingeworfen oder in einer Filiale abgegeben werden, werden die Wahlbüros rechtzeitig erreichen“, heißt es bei der Deutschen Post.
Die Wähler können die Briefwahl auch direkt in den Bürgerämtern ihrer Stadt oder Gemeinde erledigen.
Wahlberechtigte
Bei der diesjährigen Bundestagswahl werden rund 59,2 Millionen Deutsche wahlberechtigt sein. Davon sind 30,6 Millionen Frauen und 28,6 Millionen Männer. Hinzu kommen Wahlberechtigte, die gänzlich oder überwiegend im Ausland leben. Die Zahl der Wahlberechtigten ist damit geringer als bei der letzten Bundestagswahl 2021. Damals waren rund 61,2 Millionen Personen wahlberechtigt. Grund für den Rückgang ist die demografische Entwicklung. Zu den Wahlberechtigten gehören etwa 2,3 Millionen Erstwählerinnen und Erstwähler, das sind 3,9 Prozent aller Wahlberechtigten.