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US-Behörde lehnt MDMA-Zulassung ab: Forscher kritisieren Entscheidung – Gesundheit |ABC-Z

Es sollte ein Etappensieg werden im derzeit eigentlich international laufenden Siegeszug der psychedelischen Medikamente, doch jetzt mussten Forscher und Entwickler eine Niederlage einfahren: Die US-Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat den Antrag der Firma Lykos Therapeutics abgelehnt, ein auf MDMA basierendes Medikament zur Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS) zuzulassen.

Die Entscheidung kommt überraschend, weil die USA traditionell eher offener für Forschung an psychedelischen Medikamenten sind als viele europäische Länder. So hat die FDA bereits vor Jahren etwa Ketamin relativ zügig als Antidepressivum zugelassen. Zudem ist MDMA – in der Öffentlichkeit besser bekannt als Ecstasy – bereits seit 2023 in Australien zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen zugelassen. Studien zeigten vielversprechende Effekte.

Die Entscheidung rekurriert auf dem tatsächlich schwachen Punkt aller Psychedelika in der medizinischen Therapie: Es ist kaum möglich, den Kontrollgruppen in Studien ein überzeugendes Placebo anzubieten. Ihren Namen tragen diese Substanzen, egal ob MDMA, Psilocybin, LSD oder Ketamin, weil sie zum Teil deutliche psychedelische Effekte auf den Geist der Patienten ausüben.

Bei den in der medizinischen Forschung üblichen Dosierungen kommt es zumindest zu Pseudo-Halluzinationen: Die Patienten erleben Sinnestäuschungen, sind sich allerdings noch bewusst, dass sie einer Trugwahrnehmung erliegen. Wer diesen psychedelischen Effekt nicht erlebt, weiß, dass er vermutlich ein Placebo geschluckt hat und damit Teil der Kontrollgruppe ist. „Verblindete Studien sind also schwierig durchzuführen“, bestätigt Matthias Liechti, Chefarzt der klinischen Pharmakologie und Toxikologie am Universitätsspital Basel dem Science Media Center.

Nur: „Eine ungenügende Verblindung kommt in vielen Studien vor“, sagt der Pharmakologe. Hier werde die Kritik stellenweise übertrieben. Und er sieht Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem: So könnte man zum Beispiel verschiedene Dosierungen der Substanz einsetzen und beobachten, welchen Effekt sie haben. Das wäre ein deutlicher Hinweis auf eine spezifische Wirkung der Substanz. Andere Forscher schlagen vor, bei der Rekrutierung von Studiengruppen gezielt nach Teilnehmern ohne Drogenerfahrung zu suchen. Diesen könnte man mit einem sogenannten aktiven Placebo eher eine psychedelische Wirkung vorgaukeln. Eine Schwäche bisheriger Studien ist nämlich auch, dass sich eher Patienten mit Substanzerfahrung um Teilnahme bemühen, die deshalb genau erkennen, was sie schlucken.

Die Entscheidung könnte die Entwicklung dringend benötigter Medikamente zurückwerfen

Streiten lässt sich auch über die Relevanz weiterer Kritikpunkte, die von der FDA aufgeführt werden: Nebenwirkungen und Suchtgefahr von MDMA. Tatsächlich belastet MDMA den Kreislauf und könnte für herzkranke Patienten eine Gefahr darstellen. Hier seien mehr Studien sinnvoll, sagt Matthias Liechti. Eher Entwarnung in diesem Punkt gibt der Psychiater Gregor Hasler von der Schweizer Universität Freiburg. „Aufgrund des weitverbreiteten illegalen Gebrauchs von MDMA“ lasse sich schließen, dass die Substanz „sicher für das Herz“ sei, sagt er dem Science Media Center. „Insgesamt sind noch einige Aspekte zu klären“, resümiert Liechti. „Aus meiner Sicht hätte das aber nicht eine Ablehnung benötigt.“

Wahrscheinlich behindere aber auch eine Besonderheit der psychedelischen Therapien die Zulassung: Sie sind nicht vergleichbar mit klassischen Psychopharmaka, die über lange Zeit täglich eingenommen werden. Es ist im Grunde eine besondere, substanzgestützte Form von Psychotherapie. „Die FDA hingegen klassifiziert diese Therapie als medikamentöse Behandlung und verlangt Standards, die in der Psychotherapie unüblich, aber in der Pharmakotherapie gängig sind“, kritisiert Hasler.

Insofern scheinen auch die Warnungen vor einem Missbrauch womöglich übertrieben: „Die Suchtgefahr ist für mich klar geringer als der potenzielle Nutzen“, sagt Liechti. Der Patient habe ja nicht die MDMA-Packung zu Hause auf dem Nachttisch stehen.

Forscher und Forscherinnen in den USA und Europa befürchten nun, dass die FDA-Entscheidung die Entwicklung von Psychedelika insgesamt zurückwirft, da der US-amerikanische Markt für die Branche „von größter Bedeutung ist“, sagt Hasler. Zwar werde die Forschung etwa in der Schweiz, Kanada und Australien weiterlaufen und fehlende Daten bereitstellen, versichert Liechti. Nur könnte es sein, dass sich auch in Europa die Zulassung dieser eigentlich dringend benötigten und vielversprechenden Medikamente weiter verzögert.

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