Zahl der Niedriglohnjobs in Deutschland um 1,3 Millionen gesunken – besonders im Osten – Wirtschaft | ABC-Z

Vom Statistischen Bundesamt kommt eine erfreuliche Nachricht für Arbeitnehmerinnen und -nehmer: Die Zahl der Niedriglohnjobs ist in Deutschland insgesamt gesunken. Demnach gab es hierzulande im April 2024 etwa 6,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse, die unterhalb der Niedriglohnschwelle lagen. Für etwa jeden sechsten Job in Deutschland wurde also weniger als 13,79 Euro brutto pro Stunde bezahlt. Zum Vergleich lag die Anzahl der Jobs mit Niedriglohngehalt im April 2014, also zehn Jahre zuvor, bei etwa 7,6 Millionen. Das war damals etwa jedes fünfte Beschäftigungsverhältnis in Deutschland.
„Das ist insgesamt eine gute Nachricht“, sagt Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. „Wenn die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben, können sie auch mehr konsumieren. Das kurbelt die Wirtschaft an.“ Ein Grund für die Entwicklung sieht der Ökonom in den jüngsten Tarifabschlüssen, die als Konsequenz aus der Inflation recht hoch ausgefallen sind. Gerade untere Einkommen seien hier überproportional gestiegen.
Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttostundenverdienstes entlohnt werden. Im April vergangenen Jahres lag diese Schwelle bei 13,79 Euro brutto pro Stunde, zehn Jahre zuvor bei etwa zehn Euro Stundenlohn. Der Vergleichszeitraum liegt noch vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015. Damals wurden viele geringe Gehälter erhöht. Das machte die vergleichsweise schlecht bezahlten Jobs für Arbeitnehmerinnen insgesamt attraktiver. Als der Mindestlohn 2022 von 9,82 Euro auf zwölf Euro stieg, sank der Anteil der Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle erneut deutlich – um drei Prozent, der stärkste Rückgang innerhalb der vergangenen zehn Jahre.
Großes Gefälle zwischen Osten und Westen
Ökonom Andreas Peichl glaubt, dass die Löhne in den kommenden Jahren insgesamt weiter steigen werden. „Der Fachkräftemangel sorgt dafür, dass Firmen neue Wege suchen, um für Arbeitskräfte attraktiv zu bleiben. Und das geht am einfachsten über höhere Löhne.“ Davon würden dann alle Arten von Beschäftigungsverhältnissen profitieren.
In den ostdeutschen Bundesländern ist die Niedriglohnquote zwischen 2014 und 2024 besonders stark gesunken. Sie hat sich hier fast halbiert, von 35 auf 18 Prozent. In westdeutschen Bundesländer sank die Niedriglohnquote dagegen in derselben Zeit nur um drei Prozentpunkte, von 19 auf 16 Prozent.
Auch der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienern ist gesunken. Zu den Besserverdienern zählen die oberen zehn Prozent der Lohnskala, das entsprach im April 2024 einem Bruttostundenlohn ab 39,05. Damit verdienten Besserverdiener etwa den dreifachen Stundenlohn des Niedrigverdienersegments (bis 13 Euro pro Stunde). Zum Vergleichszeitpunkt im April 2014 hatte der Abstand noch das 3,45-Fache betragen.
Doch es gibt auch schlechte Nachrichten: So war das Lohngefälle zwischen Westen und Osten insgesamt noch nie größer als im vergangenen Frühjahr, stellt das Statistische Bundesamt fest. Besserverdiener in den westlichen Bundesländern bekamen einen deutlich höheren Bruttostundenlohn als in den ostdeutschen Bundesländern, die nur den zweieinhalbfachen Stundenlohn von Geringverdienern verdient haben. Ökonom Peichl führt das auf die Industriestruktur zurück: „Es gibt im Westen viel mehr gutbezahlte Industriejobs und große Unternehmen als im Osten.“