Online-Petition für die Eisbachwelle: Münchner Bürger fordern Zaunentfernung | ABC-Z

München – Am Mittwochmittag postet einer der Eisbachsurfer, auf Instagram heißt er Domi, ein Video von zwei Handwerkern, die am Ufer des Eisbachs einen Zaun versetzen. Der eine trägt eine warnfarbengelbe Jacke. Sie versetzen einen grünen Stahlzaun rund 30 Zentimeter Richtung Bach.
Der Zaun ragt jetzt genau an der Stelle in die Höhe, wo die Surfer vorher ihre kleine Schlange bildeten. Direkt auf dem kleinen Streifen betoniertem Flussufer, von dem sie mit ihren Brettern ins Wasser springen. Aber wer hat den Zaunbau angeordnet?
Zaun am Eisbach versetzt: Anwohner wehren sich gegen Surfer an der Dianabadschwelle
Unter den Wassersportlern heißt diese kleine, zweite Welle etwa 100 Meter hinter der großen an der Eisbachbrücke E2. In Karten ist die Stelle als Dianabadschwelle ausgewiesen. Sie ist in München eine von vier öffentlich zugänglichen Wellen, die für den Surfsport genutzt werden. Eigentlich ist das Surfen hier verboten.
Der Englische Garten wird von der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung verwaltet. Die hat auf der gegenüberliegenden Seite ihrerseits auch einen Zaun errichtet, so dass man das Ufer um die Welle nicht erreichen kann.
Aber die Surfer hält das nicht ab. Sie steigen ein Stück flussaufwärts ein und schwimmen zum anderen Ufer – zumindest, bevor der Zaun da war. Unter dem Video sind Hunderte Kommentare. Ein Befürworter ist sich sicher, dass es der Stadtrat ist, der den Surfern hier den Spaß verderben will: Mit Steuergeldern würden die „Interessen der Bürger“ verhindert. Ein anderer kommentiert: „Make Eisbach Surfing great again!“ Eine Surferin sieht Oberbürgermeister Dieter Reiter in der Verantwortung. Sie fragt, warum ihnen „heimlich und still“ ein „großartiges Stück Stadtkultur“ genommen würde.
OB Reiter setzt sich für Surfer ein: Brief an Schlösser- und Seenverwaltung geschrieben
Dabei ist der Oberbürgermeister in diesem Zaunmysterium ganz offensichtlich unschuldig. Denn weder gehört ihm, oder vielmehr der Stadt, der Grund noch der Zaun. Stattdessen veröffentlichte der Bürgermeister noch am Donnerstag auf seinem Social-Media-Kanal ein Video-Statement mit der Botschaft, dass er es bedauere, dass der Zugang zur zweiten Welle versperrt wurde. Außerdem, dass er direkt der Schlösser- und Seenverwaltung geschrieben habe, um sich für den Zugang zur E2 einzusetzen.
Nur das Problem ist, der grüne Stahlzaun gehört dieser gar nicht. Er gehört zu einem Garten eines Grundstücks in der Oettingenstraße mit privaten Eigentümern. Aber sind die damit zu weit gegangen?
Schließlich steht der Zaun jetzt nicht mehr auf ihrem Grund, sondern ragt auf den betonierten Streifen Flussbett, der wieder Eigentum der Schlösser- und Seenverwaltung (und damit des Freistaats) ist.
„Besonderer Verlust“: Das sagen die Surfer zum versetzten Zaun an der Eisbachwelle E2
Anruf bei einem, der die Interessen von 800 Surferinnen und Surfern vertritt. Was jetzt? Natürlich weiß Franz Fasel längst, was am Zugang zur E2 passiert ist. Er ist der erste Vorsitzende der Interessengemeinschaft Surfen in München. Der Verein setzt sich für den Erhalt der vier Wellen ein und lobbyiert dafür, dass die Stadt zusätzliche Wellen baulich erschließen lässt.
Die Community von Surfern sei inzwischen auf 3000 bis 4000 regelmäßige Sportler angewachsen. Der 36-Jährige bedauere, dass die Grundstückseigentümer diesen „eigenmächtigen Schritt“ gegangen seien. Für die Surfgemeinschaft sei das ein besonderer Verlust. „Die E2 ist eine gemächlichere Welle für eine ganz andere Art von Surfsport.“ Die Welle nutzen überwiegend Surfer mit größeren Brettern, die weniger auf wilde Turns aus sind, als auf längere Ritte und Balance.
Gefährlicher als anderswo sei das Surfen dort nicht. Es habe unter Surfern an der E2 nie einen tödlichen Unfall gegeben. Im Gegenteil, sagt Fasel: „Häufig fischen die Surfer hier Schwimmer aus dem Wasser, die Schwierigkeiten haben.“
„Nie eine Antwort bekommen“: Surfer machen Anwohnern Angebot
Durch den großen Andrang seien die vier Wellen im Stadtgebiet gerade im Sommer häufig überlastet, mit langen Wartezeiten. Ein Standort weniger, das heiße zusätzliche Frequenz auf der vorderen Eisbachwelle. Die Surfer seien von der Abriegelung überrumpelt worden. Dabei hätten sie vorher versucht, sich mit der Eigentümergemeinschaft des Grundstücks zu verständigen.
In der Vergangenheit hatten sich einzelne Eigentümer über Lärm und nächtliches Scheinwerferlicht der Surfer beklagt. Drastischer Höhepunkt im September 2023: Als Surfkollegen von Fasel auf dem Steg eine Schicht aus Silikon und mehreren Zentimetern hoher Glasscherben entdeckten. Diese hätte nicht nur Surfer, sondern auch Schwimmer, die Halt am Flussufer suchen, gefährlich verletzen können.
Anwohner wollen Zugang zur Welle verhindern
Ein Jahr später bekamen die Surfer mit, dass die Eigentümergemeinschaft am Eisbach nun versuchen wollte, den Zugang zur Welle abzuriegeln. Daraufhin initiierte der Verein ein Treffen mit Vertretern der Eigentümer. Nach einer Aussprache hätten die Surfer schriftlich alternative Vorschläge gemacht, um auf die Bedürfnisse der Anwohner einzugehen. Etwa das Aufstellen von Sicht- und Schallschutzwänden – finanziert durch den Verein. Oder die Installation einer ständigen Beleuchtung, die nicht in Richtung der Grundstücke blendet.
„Darauf haben wir aber nie eine Antwort bekommen“, sagt Fasel. Auf Anfrage der AZ wollte sich die zuständige Hausverwaltung der Eigentümergemeinschaft nicht äußern. Die Surfer hoffen nun auf die Schlösser- und Seenverwaltung. Darauf, dass diese nicht duldet, dass der Zaun jetzt auf ihren Grund ragt. Und dass sie die Anwohner zum Rückbau auffordert. Ob sie jedoch darauf setzen können, bleibt unklar.
Update vom 4. Februar 2025: Mittlerweile gibt es eine Online-Petition, die sich dafür einsetzt, dass der Zaun an der Welle wieder entfernt wird. Rund 1280 Menschen haben sie bis Dienstag, 4. Februar um 12 Uhr unterzeichnet. Hier geht es zur Petition.