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Harmonie ist alternativlos: Friedrich Merz steht vor schwierigem Parteitag | ABC-Z


Harmonie ist alternativlos

Friedrich Merz steht vor schwierigem Parteitag

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Sein riskantes Spiel mit der AfD könnte CDU-Kanzlerkandidat Merz Stimmen kosten und stößt deshalb in der Partei nicht nur auf Gegenliebe. Beim CDU-Bundesparteitag steht deshalb eines ganz oben auf der To-Do-Liste: Einigkeit herstellen.

Harmonie ist Pflicht, wenn sich die CDU heute zum Bundesparteitag trifft. Denn 2021 kostete der Streit um den Kanzlerkandidaten den Wahlsieg. Das darf sich nicht wiederholen, schworen sich CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder. Doch seit die Unionsfraktion vergangenen Mittwoch mit AfD-Stimmen eine Resolution zur Asylpolitik durchsetzte, wirkt die Einigkeit nur noch oberflächlich. Hinter den Kulissen gibt es Kritik: Die Strategie, AfD-Wähler zu gewinnen, sei zu riskant.

Als die Chefin des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, Renate Köcher, Mitte Januar ihre Zahlen dem CDU-Bundesvorstand präsentierte, sagte sie nach Teilnehmerberichten, acht Prozent der Wähler schwankten zwischen AfD und CDU. Das bestärkte die Unionsspitze, um diese Gruppe gezielt zu werben. Doch CDU und CSU stagnieren seit Wochen bei rund 30 Prozent – zu wenig für Merz. Darum griff er nach der Messerattacke in Aschaffenburg das Thema Migration mit einem Fünf-Punkte-Plan auf und setzte einen Antrag mit AfD-Stimmen durch.

Freitagabend in Erfurt sprach Merz AfD-Wähler direkt an. Es sei „ein legitimes demokratisches Wahlverhalten“, die AfD zu wählen. Doch am Tag nach der Wahl seien diese Proteststimmen wertlos. „Ich werde mit dieser Partei keine Gespräche führen, keine Regierung bilden. (…) Die Probleme lösen wir.“ Mit dem Manöver im Bundestag wollte er beweisen, dass die CDU nicht mehr die Merkel-Partei ist, die im Osten so verhasst ist.

„Merz hat diese Tür wohl zugeschlagen“

Doch dieser Kurs hat Gegner – nicht nur Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther oder Ex-Kanzlerin Angela Merkel: Allensbach-Chefin Köcher betonte, in der Mitte gebe es noch mehr Wähler zu holen. Zehn Prozent schwankten zwischen SPD und CDU, sieben Prozent zwischen FDP und CDU, sechs Prozent zwischen Grünen und CDU. „Mit seinem Manöver hat Merz diese Tür wohl zugeschlagen“, fürchtet ein hoher CDU-Politiker.

Ob das so ist, werden die nächsten Umfragen zeigen. Die CDU-Spitze verweist darauf, dass auch viele SPD- und Grünen-Wähler einen härteren Kurs in der Asylpolitik unterstützen. Doch gemeinsame Abstimmungen mit der AfD gelten vor allem im Westen für viele Mitte-Wähler als Tabu. SPD und Grüne reagieren mit lautstarker Empörung – in der Hoffnung, Wähler zu mobilisieren.

Für Merz ist die Lage heikel: Berichte über einen harmonischen Abend mit Armin Laschet und Annalena Baerbock, ausgerechnet am Vorabend der umstrittenen Abstimmung, könnten AfD-Wechselwähler abschrecken. Am Ende könnte die CDU beide Seiten verprellt haben.

Merz braucht Koalitionsoptionen

Die Ampel-Parteien nutzen die Situation: Sie zweifeln die Glaubwürdigkeit des in Umfragen führenden Kanzlerkandidaten an: Merz habe sein Versprechen von November gebrochen, keine zufälligen Mehrheiten mit der AfD zuzulassen. Nun argumentiert er anders: „Machen wir von der AfD abhängig, ob wir unsere Anträge einbringen? Und wenn die Ja sagen, sagen wir Nein zu unseren eigenen Anträgen? Leute, das kann nicht richtig sein.“ Doch er muss in den Wahlkampf mit dem Vorwurf gehen, er sei nicht verlässlich. SPD und Grüne streuen Zweifel: Wird Merz am Ende doch mit der AfD Politik machen?

Genau das erschwert eine Koalitionsbildung mit Merz. Trotz der angespannten Stimmung im Bundestag gibt er sich angesichts guter Umfragewerte gelassen. „Ich bin mir ganz sicher, dass wir nach der Wahl mit den demokratischen Parteien der Mitte vernünftige Gespräche führen können“, sagte er nach dem Scheitern des Migrations-Gesetzentwurfs der Union. Doch in der SPD und selbst bei den Grünen schwindet die Bereitschaft, mit ihm zu regieren. Einige Abgeordnete kündigen bereits an, ihn keinesfalls zum Kanzler wählen zu wollen.

Hinzu kommt: Merz hat die Erwartungen an eine Asylwende so hochgeschraubt, dass sie kaum erfüllbar scheinen – auch für das Wahlvolk. Eine Koalitionsregierung mit Kompromissen scheint unausweichlich. Zwar versprach er, an Tag eins seiner Kanzlerschaft die Grenzen für Geflüchtete zu schließen. Doch um Kanzler zu werden, bräuchte er ausgerechnet die Stimmen der Parteien, die seinen Kurs als verfassungswidrig einstufen.

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