Hausärzte in Freising und Erding: Suche nach Nachfolgern immer öfter vergeblich – Freising | ABC-Z

Es sind bereits mehrere Hundert Hausärzte, die in Bayern fehlen. Aktuell seien etwa 500 Hausarztsitze nicht besetzt, teilte kürzlich Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach mit. Vor allem in den ländlichen Regionen fehlten die Allgemeinmediziner. In den Landkreisen Freising und Erding ist das nicht anders, auch hier fehlen bereits viele Hausärzte.
Alleine vier Arztsitze seien im Landkreis Freising derzeit unbesetzt, berichtet der Hausarzt und Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbandes Freising, Georg Miedl. Der Landkreis werde bei der Bedarfsplanung, die pro 1616 Einwohner eine Kassensitzstelle vorsieht, in drei Teile geteilt: Nämlich Freising, Au/Hallertau und Moosburg/Isar, berichtet Miedl. „Insgesamt haben wir derzeit 101,8 Arztsitze mit 115 Haus- und Allgemeinärzten und hausärztlich tätigen Internisten, die den Hausärzten zugerechnet werden.“
Die allermeisten Ärzte sind in der Stadt Freising zu finden
Der Bereich Au/Hallertau gelte mit 14 Sitzen als gut versorgt (110,13 Prozent), genauso Freising mit 72,05 Sitzen (103,79 Prozent). In Moosburg/Isar dagegen drohe die Unterversorgung, sagt Miedl: „Um die 100 Prozent zu erreichen, müssten noch vier Arztsitze besetzt werden.“ Mit Blick auf den gesamten Landkreis höre sich das zunächst gut an, sagt Miedl. Das „Aber“ schickt er dann gleich hinterher: Die allermeisten Ärzte nämlich seien auf die Stadt Freising konzentriert. Auf dem Land dagegen sehe es nicht so rosig aus. Die Vollversorgung des Bereiches Au werde nur erreicht, da mehrere Ärzte im hohen Alter noch oder wieder aktiv in der eigenen Praxis arbeiten würden.
„Das andere, noch größere Problem ist die Überalterung der Ärzte“, sagt Miedl. 28 der insgesamt 83 Hausärztinnen und -ärzte im Landkreis nämlich seien bereits über 60 Jahre alt, gut 50 Prozent über 55 Jahre. Viele der niedergelassenen Ärzte arbeiteten über das Rentenalter hinaus. Miedl weiß von einer aktiven 80-jährigen Ärztin mit eigener Praxis in Au und drei über 70-jährigen Landärzten, die alle noch praktizieren – um ihre Patienten nicht im Stich zu lassen. „Denn: Nachfolger zu finden, ist kaum möglich“, sagt er. In der ländlichen Region sei das noch einmal schwieriger als in der Stadt, die gerade Familien eine bessere Infrastruktur und ein breiteres Angebot biete.
In Langenbach beispielsweise wird bereits seit zwei Jahren nach einem Nachfolger für den Hausarzt gesucht, der aus Altersgründen seine Praxis aufgab. Die Gemeinde startete in den sozialen Medien sogar eine Kampagne: „Der Bachdoktor. Ein Dorf sucht einen Arzt“, heißt sie. Interessenten gab es zwar schon viele, eine Zusage bislang aber nicht, berichtet Langenbachs Bürgermeisterin Susanne Hoyer. Zwei junge Ärzte beispielsweise waren im vergangenen Dezember schon in der Endrunde – die beiden entschieden sich dann doch für ein Angebot aus Freising. Bei einem anderen Interessenten war es die Ehefrau, die letztendlich nicht aus Starnberg wegziehen wollte. „Wir können viel bieten, aber es muss eben alles passen“, sagt Hoyer. Und die Ärzte hätten eine große Auswahl. Die Hoffnung, einen neuen Hausarzt zu finden, hat die Bürgermeisterin aber nicht aufgegeben. Künftig will man die Entscheidung für Langenbach durch eine finanzielle Unterstützung, eine Art Anschubfinanzierung, attraktiver machen.
Dass sich so wenige junge Ärztinnen und Ärzte dafür entscheiden, eine eigene Praxis zu eröffnen, habe verschiedene Gründe, sagt Miedl. „Die Work-Life-Balance ist anders als früher, die jungen Menschen wollen nicht mehr nur leben, um zu arbeiten, sie wollen auch Zeit für sich und ihre Familie haben.“ Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei für viele sehr wichtig. Manche junge Ärzte hätten Angst vor der Selbständigkeit, vor der großen Verantwortung – und der hohen finanziellen Belastung. Viele – gerade Ärztinnen mit kleinen Kindern – wollten lieber Teilzeit und als Angestellte arbeiten, sagt Miedl.
Auch im Landkreis Erding fehlen Hausärzte
Im Landkreis Erding ist die Situation nicht besser – zumindest nicht in Erding Nord: Dort ist die Bedarfsplanung laut dem Versorgungsatlas Hausärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns nur zu 82,79 Prozent erfüllt. 28 Hausärztinnen und -ärzte gibt es hier, davon alleine 13 in Dorfen. In Erding Süd dagegen ist die Quote mit gut 109,42 Prozent übererfüllt. Alleine 38 der insgesamt 82 Hausärzte dort praktizieren in Erding, neun in Markt Schwaben.
Berglern, das zu Erding Nord zählt, ist schon seit einigen Monaten auf der Suche nach einem neuen Hausarzt. „Berglern sucht den Superdoktor“ heißt die von der Gemeinde in Auftrag gegebene Kampagne. Unter anderem mit einem Youtube-Clip samt dafür komponiertem Song „Der Superdoktor“ wird um einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den Allgemeinmediziner, der Ende 2025 in Ruhestand gehen wird, geworben. Bislang vergeblich.

:Zwei Dörfer suchen einen Arzt
Nach Langenbach geht jetzt auch Hohenkammer neue Wege und wirbt in einer PR-Kampagne mit der fiktiven Gestalt „Caius von Camer“ um interessierte Mediziner.
In Hohenkammer im Landkreis Freising dagegen war die Suche erfolgreich. Allerdings dauerte sie sehr lange, über ein Jahrzehnt war der kleine Ort ohne medizinische Versorgung. Schließlich folgte die Gemeinde dem Beispiel Langenbachs und schaltete eine PR-Agentur ein. Deren ungewöhnliche Kampagne mit der Gestalt des „Caius von Camer“, der nach einer fiktiven Überlieferung vor vielen hundert Jahren in Hohenkammer als Heiler und Mediziner tätig war, hatte Erfolg.
Die Gemeinde ließ sich die Werbung einiges kosten, sie wird auch für Sonja Hömig, die neue Ärztin, Räume des alten Schulhauses auf eigene Kosten renovieren und nach ihren Wünschen gestalten. Die Praxis werde dann an Hömig vermietet, berichtet Geschäftsstellenleiter Marco Unruh. Hömig wird im dritten Quartal 2025 ihre Praxis eröffnen. „Das ist für uns ein Meilenstein“, sagt Unruh. Einen Zahnarzt habe man bereits, mit der neuen Hausärztin sei die medizinische Grundversorgung vor Ort wieder sichergestellt.
Für Sonja Hömig war es immer ein Traum, eine eigene Praxis zu haben, sagt sie. Nun wagt sie den Schritt in die Selbständigkeit. „Das ist eine tolle Chance – ich hatte von vorneherein das Ziel, Landärztin zu werden“, sagt Hömig. Die Allgemeinmedizinerin lebt mit ihrer Familie in Jetzendorf, nur wenige Kilometer von Hohenkammer entfernt. Das sei ein wichtiger Grund für ihre Entscheidung für Hohenkammer gewesen, sagt Hömig. Kurze Arbeitswege seien ihr als zweifache Mutter wichtig – wäre die Praxis weiter weg gelegen, hätte sie nicht zugesagt. „In Hohenkammer hat für mich einfach alles gepasst.“