Wohnen

„Night Agent“: Zweite Staffel bei Netflix | ABC-Z

Die amerikanische Serie „Night Agent“, Action von der Stange, ist ein schönes Loblied darauf, dass es in brenzligen Situationen immer auch auf die richtigen Worte ankommt. „Schlange, Kissen, Messer, Wolke“, können sie zum Beispiel lauten. Oder wie in der ersten Staffel, die 2023 herauskam und von Netflix als eine der populärsten Serien des Jahres bezeichnet wurde: „Stift, Uhr, Tür, Feuer.“

Das Telefon bimmelt wie einst bei Hitchcock

Man kann sich aber auch daran ergötzen, dass hier das Schnurtelefon einen seiner letzten großen Auftritte erlebt: Der klobige Apparat, den in „Night Agent“ ein Agent in der Besenkammer des Weißen Hauses bewachen muss, sieht aus und bimmelt wie in einem Film von Alfred Hitchcock. Wer die Nummer besitzt, kann im Notfall mitten in der Nacht Hilfe von ganz oben anfordern – mit den richtigen Worten. Ein Blick in den Codewort-Ordner hilft dem schlaflosen Agenten, den Anrufer zu identifizieren. Bevor er, wenn es wirklich sein muss, zur Gefahrenabwehr den Chief of Staff weckt.

In der Handlung des Romans von Matthew Quirk, der 2019 erschien, zweieinhalb Jahre nach dem Wirbel um die womöglich von Moskau beeinflusste US-Wahl, spielte noch Russland eine wichtige Rolle. In der Verfilmung schwand das dahin. Der Showrunner Shawn Ryan erklärte in einem Gespräch mit „Slashfilm“: „Das ganze Russland-Ding hat sich geändert. Ich war nicht daran interessiert, tief in die amerikanisch-russischen Beziehungen einzutauchen. Das wäre jetzt sogar noch schwerer, deshalb bin ich dankbar, dass wir das gemieden haben.“

Anspielung auf Kiefer Sutherland

Die zweite Staffel von „Night Agent“ erzählt die Geschichte ohne Vorlage weiter. Sie wirkt deutlich bemühter, optisch stärker wie eine Vorabendsendung, zieht einen nicht ganz so in die Story wie Runde eins. Auch diesmal hetzt der durchtrainierte Agent Peter Sutherland (Gabriel Basso) – eine kaum zufällige Anspielung auf den Schauspieler Kiefer Sutherland, der das Genre als Jack Bauer in „24“ wie kein Zweiter geprägt hat – von einer brenzligen Situation zur nächsten. Er hat es vom aushilfsweise zum Telefondienst verdonnerten FBI-Mann zum Spezialagenten des Weißen Hauses gebracht. Die Präsidentin, die durchblicken lässt, dass gerade Wahlkampfzeit ist, heißt nach wie vor Michelle Travers (Kari Matchett).

Auch die IT-Spezialistin Rose Larkin (Luciane Buchanan), die „Night Agent“ zu Beginn von Staffel eins aktivierte, weil es ein Einbrecher auf zwei Verwandte mit hohem Schutzstatus absah, ist wieder dabei. Es dauert nur ein bisschen, bis sich die beiden wieder begegnen. Erst mal schlendert Peter mit einer Kollegin durch Bangkok. Rose lebt in Kalifornien und macht eine Trauma-Therapie, ihr Geld verdient sie mit einem Social-Media-Start-up.

Praktischerweise verfügt das Unternehmen über enorme Datenmengen und ein ausgefuchstes Gesichtserkennungssystem, als sich Rose auf eigene Faust auf die Suche nach Peter begeben muss. Er gerät nämlich in Bangkok in Nöte und wählt im Kugelhagel die Notfallnummer von „Night Agent“: „See, Seife, Katze, Seite.“ Doch bringt die Nummer für seinen Kummer nicht viel. Peter taucht unter. Er wird fortan sowohl von der Abteilung „Night Agent“ wie seinen missgelaunten Verfolgern gesucht.

Und eben von Rose. Sie stöbert ihn in New York auf, wo sich kurz vor der UN-Vollversammlung auch andere Stränge der Story entfalten: In einem Hotel nimmt der Sohn eines Kriegsverbrechers einen Drink mit Diplomaten der britischen Krone. Ex-Männer fallen am Rand eines Kindertrainings über den Lover ihrer Ex-Frauen her.

Und in Irans Vertretung geht ein attraktiver Sicherheitsbeauftragter (Keon Alexander) mit strengen Blicken umher. Er schätzt es nicht, wenn falsche Kellner bei Empfängen auftauchen, und ob er wirklich auf die Assistentin des Botschafters hereinfällt, die fleißige Noor (Arienne Mandi), die mit großen Augen unter ihrem Kopftuch hervorschaut, ist nicht gesagt. Dramatische Musik, als sie beim Erdbeerenkaufen dunkle Gemäuer aufsucht.

Politisch ist „Night Agent“ nicht zu verwechseln mit der John-Le-Carré-Verfilmung „Night Manager“ und spannungsmäßig nicht mit „24“ oder „Homeland“. Aber irgendwas passiert immer, und Gabriel Basso, der in „Hillbilly Elegy“ noch den jungen J. D. Vance verkörpert hat, schaut man gerne beim Rennen, Prügeln und Schießen zu. Veritabler Netflix-Ersatz also für die 2023 beendete Amazon-Serie „Tom Clancys Jack Ryan“. In Istanbul laufen die Dreharbeiten für Staffel drei.

Night Agent läuft auf Netflix.

Back to top button