Wirtschaft

Mindestens 76 Tote bei Hotel-Brand in türkischem Skigebiet: War der Brandschutz hinreichend? | ABC-Z

Das Feuer brach früh morgens um kurz vor halb vier aus. 238 Gäste sollen in dieser Nacht im Grand Kartal Hotel im Skigebiet Kartalkaya in der westtürkischen Provinz Bolu übernachtet haben. Videos von Augenzeugen zeigen, wie Flammen aus mehreren Stockwerken des mit Holz verkleideten Hotels schlagen. Hilferufe sind zu hören von Menschen, die nicht wissen, wie sie aus dem brennenden Gebäude gelangen sollen. Manche Gäste retteten sich, indem sie Betttücher zusammenbanden und sich daran aus den Fenstern abseilten. Andere sprangen aus den Fenstern. 

Mindestens 76 Menschen kamen bei dem Brand ums Leben, wie Innenminister Ali Yerlikaya am Dienstagabend mitteilte. Bis dahin hatte er von 66 Toten gesprochen. 51 Menschen seien verletzt worden, erklärte Gesundheitsminister Kemal Memişoğlu. Ein Verletzter sei noch in einem kritischen Zustand.

Derweil sind der Hotelbesitzer und drei weitere Personen festgenommen worden. Das schrieb Justizminister Yilmaz Tunç auf der Plattform X. Sechs Generalstaatsanwälte seien mit den Ermittlungen beauftragt worden.  Zudem wurde eine fünfköpfige Expertenkommission gebildet. Die Untersuchungen zur Brandursache gingen weiter.

Memişoğlu war ebenso wie die Minister für Tourismus und Soziales an den Ort der Brandkatastrophe geeilt, nachdem Vorwürfe über mögliche Versäumnisse beim Brandschutz laut geworden waren. Dazu sagte Innenminister Yerlikaya: „Wenn es Fahrlässigkeit gab, wird das in der Untersuchung aufgedeckt werden.“ Der Generalstaatsanwalt sei vor Ort. „Alles wird untersucht, von der Lizenz bis zu der Belegung.“ Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy sagte, das Hotel sei zuletzt 2021 und 2024 inspiziert worden. Dabei seien auch die Brandschutzberichte der Feuerwehr überprüft worden, die auf keine Mängel hingewiesen hätten.

„Ich bete zu Gott um Gnade“

Das Hotel verfüge über zwei Feuerleitern. Präsident Recep Tayyip Erdoğan schrieb auf X, „ich bete zu Gott um Gnade für unsere Bürger, die ihr Leben verloren haben“. Alle zuständigen Institutionen hätten die Ereignisse von Anfang an genau verfolgt.

Über die Brandursache wurde zunächst nichts bekannt. Nach vorläufigen Erkenntnissen brach das Feuer im vierten Stock aus, wo sich das Restaurant befand. Aussagen von Überlebenden werfen die Frage auf, ob die Brandschutzmaßnahmen des Hotels ausreichend waren. Ein Überlebender sagte dem Fernsehsender Ekol TV, die Rauchmelder hätten nicht funktioniert. Er und seine Familie seien durch die Rufe anderer Gäste aufgewacht. Es habe keine Notausgänge und keine Feuerlöscher gegeben.

„In all dieser Zeit hat es keinen Feueralarm gegeben“

Sie hätten sich durch einen Sprung aus dem Fenster auf ein Vordach retten können. Eine andere Überlebende sprach gegenüber dem Staatssender TRT von „Fahrlässigkeit“. Sie und ihre Tochter seien über das Treppenhaus entkommen, in dem der Rauch so dicht gewesen sei, dass sie aus der Erinnerung den Weg habe finden müssen. „In all dieser Zeit hat es keinen Feueralarm gegeben.“ Auch von einer Sprinkleranlage ist keine Rede.

Ein Augenzeuge berichtete der Zeitung „Birgün“, dass Helfer vor dem Eintreffen der Feuerwehr Matratzen und Decken aus umliegenden Gebäuden gebracht hätten, um Eingeschlossenen einen Sprung aus dem Fenster zu erleichtern. „Ich weiß nicht, wie sinnvoll unsere Bemühungen waren“, sagte der Mann. „Menschen starben direkt vor unseren Augen.“ Ein Mitarbeiter eines nahe gelegenen Hotels sagte dem türkischsprachigen Kanal des BBC, er und seine Kollegen hätten durch eine herbeigebrachte Leiter etwa 30 Personen gerettet. Augenzeugen beklagten, dass bis zum Eintreffen der Feuerwehr viel Zeit vergangen sei.

Der Bürgermeister der Stadt Bolu, Tanju Özcan, sagte: „Dieses Gebiet ist schwer zu erreichen. Die nächstgelegene Feuerwehr kann in 45 Minuten hier sein.“ Innenminister Yerlikaya erklärte, dass die ersten Rettungsteams 48 Minuten nach dem Notruf eingetroffen seien. Insgesamt seien 156 Fahrzeuge und 428 Personen an den Rettungsmaßnahmen beteiligt gewesen. Das Skigebiet in den Köroğlu-Bergen liegt drei Autostunden von Istanbul entfernt. Die Türkei hat zahlreiche kleinere Skigebiete, die hauptsächlich von Inlandstouristen besucht werden.

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