EHC Red Bull München: Zu viel des Schlechten | ABC-Z

München – Die Fanseele kocht beim EHC Red Bull München, der Deckel vom brodelnden Topf auf der heißen Herdplatte ist am Sonntag weggeflogen. Selbst langjährige Begleiter der Eishackler können sich kaum an eine Situation erinnern, die ähnliche Reaktionen hervorgerufen hat wie die krachende 1:4-Pleite gegen DEL-Kellerkind Düsseldorfer EG.
Als die Spieler zum EHC-Anhang in die Nordkurve glitten, schlug ihnen deutliche Entrüstung entgegen. Beschimpfungen und nach oben ausgestreckte Mittelfinger mussten Patrick Hager und Co. ertragen, nachdem die Fans zuvor schon im Schlussdrittel die Unterstützung eingestellt hatten und sich etliche mit dem Gegentor zum 1:3 vom Sitz erhoben und den Garden verließen. Es war zu viel des Schlechten, was sie da gesehen hatten.
© IMAGO/Eibner
von IMAGO/Eibner
„}“>
EHC-Red-Bull-Kapitän Hager: „Die Tabelle lügt nicht nach der Länge der Saison bisher“
„Es ist nachvollziehbar. Die Fans erwarten einen Sieg, wenn du gegen eine vermeintlich schwächere Mannschaft zu Hause spielst“, sagte Kapitän Hager, „das ist der Anspruch, dem müssen wir uns stellen.“
Nun ist der Anhang am Oberwiesenfeld aber nicht nur wegen dieses einen Spiels emotional an die Decke gegangen, es ist schlicht die Summe der Enttäuschungen in einer Saison, die wetterwendisch ist wie der Monat April und die dem selbst gesteckten Ziel von der Meisterschaft symbolisch die Narrenkappe aufsetzt. Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander.
Hager (36) versuchte möglichst unaufgeregt in sachlichen Worten das Bild nicht noch dunkler zu malen als es ohnehin ist: „Wir lassen es immer wieder aufblitzen, dass wir eine Spitzenmannschaft sind. Aber wenn du auf Dauer eine Spitzenmannschaft sein willst, dann musst du Konstanz bringen. Die Tabelle lügt nicht nach der Länge der Saison bisher.“
„Wichtig ist, dass die Kabine zusammenhält, und das tut sie“
Nun mag sich der eine oder andere vielleicht schonungslosere Worte gewünscht haben, aber der EHC möchte offenkundig die Debatte nicht noch weiter anfachen, sondern setzt auf die tagtägliche Arbeit und ein Agieren mit ruhiger Hand. Aber wie sind die heftigen Leistungsschwankungen denn zu beheben?
„Das ist die gute Frage. Wir haben das Problem“, erklärte Hager, „dass wir in der Emotionalität zu schnell nach oben und auch zu schnell nach unten schießen und alles schlechtreden. Daran gekoppelt ist dann das Selbstvertrauen, das zieht Energie. Wichtig ist, dass die Kabine zusammenhält, und das tut sie. Wir lügen uns nicht gegenseitig an.“
Wenn die Lunte der Leidenschaft einmal bei der Mannschaft entzündet ist, dann lauert hinter der nächsten Ecke gewiss gleich wieder jemand, der mit einem Wasserstrahl das feurige Glimmen löscht, ehe alles emotional in Flammen steht. „Hätten wir eine Lösung, dann hätten wir es schon längst abgestellt. Die Lösung ist, hart weiterzuarbeiten, in der Kabine zusammenzuhalten und die Fehler anzusprechen“, verdeutlichte Hager.
EHC-Trainer Kaltenhauser: „Wir müssen scheinbar immer alles aufbieten, um zu gewinnen“
Rätselraten, Eingeständnisse und gute Vorsätze – mehr kommt, mehr kann vielleicht auch im Moment nicht kommen. Der Trainer macht da keine Ausnahme. Max Kaltenhauser findet: „Wir haben die Gabe, dass wir für unsere Schwankungen bitterböse bestraft werden. Mir fallen wenige Spiele ein, wo wir schwach waren – und haben sie gewonnen. Wir müssen scheinbar immer alles aufbieten, um zu gewinnen.“ Und das klappt zu selten.
Die Konsequenz, die daraus folgt, ist ernüchternd. Zwar steht der viermalige DEL-Meister noch auf Tabellenplatz fünf, aber die Kölner Haie sitzen dem EHC im Nacken und die Straubing Tigers auf Rang sieben rücken bedrohlich näher. Das Verpassen der direkten Qualifikation für das Playoff-Viertelfinale ist ein realistisches Szenario und ein Aufrücken in die Top-Vier dagegen wohl nur mit einer Erfolgsserie zu erreichen, an die aktuell kaum einer glauben mag.
„Es ist die Geschichte der Saison“. sagte Hager noch, „wenn wir Spiele gut anfangen und unseren Weg nicht verlassen, spielen wir sehr gut, aber oftmals haben wir das Problem, dass wir gut anfangen – und dann kommt der Cut. Manchmal erholen wir uns davon und manchmal eben nicht.“ Nächste Stichprobe: Berlin am Donnerstag, die erste von nun drei Auswärtsaufgaben.