Belästigungsvorwürfe offenbar gefälscht: Grünen Kreisverband Berlin-Pankow will Stefan Gelbhaar keine zweite Chance geben | ABC-Z
Vorwürfe offenbar haltlos
Kreisverband der Grünen will Gelbhaar keine zweite Chance geben
18.01.2025, 21:33 Uhr
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Es ist eine verwirrende Geschichte: Stefan Gelbhaar erzielt in Berlin-Pankow ein hervorragendes Ergebnis und soll für den Bundestag kandidieren. Belästigungsvorwürfe kosten ihn die Wahl. Nun wird immer wahrscheinlicher, dass die Vorwürfe jedoch erfunden sind. Das soll an der Entscheidung aber nichts ändern.
Obwohl die Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar offenbar in großen Teilen erfunden sind, lässt der Kreisverband Pankow nicht erneut über das Direktmandat für den Bundestag abstimmen. Die Ombudsstelle der Grünen will das Prüfverfahren gegen ihn zudem fortsetzen.
Die Kandidatur für das Direktmandat hatte Gelbhaar ursprünglich Mitte November mit 98,4 Prozent der Stimmen errungen. Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung einen Monat später zog er zunächst seine Kandidatur zurück. Am 8. Januar wählte der Kreisverband dann die Landtagsabgeordnete Julia Schneider zur Direktkandidatin. Gelbhaar bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets. Aus diesem Grund ging er auch gegen die Neuwahl Anfang des Jahres vor. Allerdings ohne Erfolg.
Recherchen des RBB und des “Tagesspiegel” ließen die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe gegen Gelbhaar allerdings zuletzt bröckeln. Offenbar existiert die Frau, die wesentliche Teile der Vorwürfe vorbrachte, überhaupt nicht. Anne K. hatte gegenüber dem RBB von sexueller Belästigung durch Gelbhaar berichtet und sogar eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Andere Vorwürfe gingen anonym bei der Ombudsstelle der Grünen ein.
Aber Anne K. gibt es ganz offensichtlich nicht. Sie ist nach RBB- und “Tagesspiegel”-Recherchen weder behördlich gemeldet, noch konnte sie an der genannten Wohnanschrift ausfindig gemacht werden. Nach RBB-Angaben liegt nahe, dass eine grüne Bezirkspolitikerin sich die Vorwürfe sowie die Person Anne K. ausgedacht hat. Sie selbst bestreitet dies. Sie sagt, sie habe lediglich den Kontakt zwischen Anne K. und dem RBB hergestellt. Allerdings gibt es mutmaßlich weitere Frauen, die Vorwürfe gegen Gelbhaar erhoben.
Ombudsstelle will weiterhin prüfen
Die Ombudsstelle in der Grünen-Parteizentrale hält deswegen auch an dem Verfahren gegen ihn fest. Allerdings weist der RBB darauf hin, dass einige der bei der Ombudsstelle “eingegangenen uns bekannten anonymen Meldungen ebenfalls von der Person stammen könnten”, die sich als Anne K. ausgab. Sprich: Es gäbe eben nicht mehrere Frauen, die Vorwürfe erhoben haben. Sondern am Ende führten alle gemachten Vorwürfe auf Anne K. zurück, die nach Ansicht des RBB und des “Tagesspiegel” nicht existiert.
Offen blieb daher, für wie glaubwürdig die Ombudsstelle die Meldungen gegen Gelbhaar hält – ob sie sich mit den gegenüber dem RBB geäußerten Anschuldigungen decken und ob die vom RBB genannte Bezirkspolitikerin auch dort den Kontakt gesucht hatte. Eine dpa-Anfrage an die Ombudsstelle blieb bis zum heutigen Samstagnachmittag unbeantwortet.
Schon seit Wochen beschäftigt sich eine Ombudsstelle der Grünen mit den Vorwürfen gegen Gelbhaar. Ergebnisse sind bislang nicht bekannt. Gelbhaar selbst sagte im Interview mit dem “Business Insider”, dass er von der Ombudsstelle am 13. Dezember über “Meldungen” über ihn informiert worden sei. Die Beschreibungen seien aber “sehr vage” geblieben.
Die Bundesvorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak erklären auf eine Anfrage von ntv/RTL: “Der Verdacht, dass gegenüber der Presse eine falsche Erklärung gegen ein anderes Parteimitglied mit schweren Vorwürfen erhoben wurde, ist gravierend.” Wer in einem solchen Verfahren falsche Aussagen an Eides statt tätige, “begeht im Zweifelsfall nicht nur eine Straftat, sondern fügt der gemeldeten Person, der Partei, aber auch den auf Vertrauen aufbauenden Strukturen und den anderen meldenden Personen erheblichen Schaden zu”.