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Proenza ohne Schouler: Wohin gehen die Designer? | ABC-Z

Fast ein Vierteljahrhundert lang ging es gut, oft sogar sehr gut, aber Ende Januar ist Schluss: Die beiden Gründer von Proenza Schouler, Jack McCollough und Lazaro Hernandez, treten als Kreativdirektoren der amerikanischen Modemarke zurück, die sie 2002 gegründet hatten. Damit geht eine kleine Epoche in der New Yorker Mode zu Ende – und die wichtigste amerikanische Modewoche könnte eine der wenigen Marken verlieren, die es in ihrem Designanspruch mit der Konkurrenz in Mailand und Paris aufnehmen können.

Proenza Schouler wird es weiter geben, aber die beiden Designer ziehen in unbestimmte Richtung weiter. Für die New Yorker Modewoche mit den Kollektionen für Herbst und Winter 2025, die vom 6. bis 11. Februar den Schauenreigen eröffnet, ist das ein Rückschlag. Für Paris könnte es eine Bereicherung sein. Denn das wichtigste Fachblatt „Women´s Wear Daily“ (WWD) mutmaßt, dass die Modemacher zu der spanischen Marke Loewe wechseln könnten, die zum Konzern LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton gehört.

Was als Nächstes kommt

Dass die beiden konkrete Zukunftspläne hegen, könnte man auch aus der Erklärung von McCollough und Hernandez zu ihrem Abschied herauslesen: „Wir haben Risikobereitschaft und Abenteuerlust immer geschätzt und fühlen uns bereit, uns für das zu öffnen, was als Nächstes kommt.“ Die beiden Gründer wollen weiterhin Anteilseigner des Unternehmens bleiben und dem Vorstand von Proenza Schouler angehören. Hernandez sagte zu „WWD“, die Entscheidung, die kreative Spitze an jemand anderen zu übergeben, fühle sich nach all den Jahren richtig an.

Proenza Schouler, die in der New Yorker Modeszene seit zwei Jahrzehnten herausstechen und regelmäßig die besten Schauen der Modewoche ablieferten, sind schon lange reif für Europa. Vorübergehend war die Valentino Fashion Group an der Marke aus Manhattan beteiligt. Und LVMH führte im Laufe der Jahre mehrmals Gespräche mit McCollough und Hernandez über einen Wechsel zu einem der großen Konzernmarken, zu denen auch Dior, Louis Vuitton, Loro Piana, Givenchy und Fendi gehören.

„Wir hassen all den trashy stuff!“

Benannt hatten Hernandez und McCollough, die sich 1998 an der New Yorker Parsons School of Design kennenlernten und ihre gemeinsam entworfene Abschlusskollektion gleich ans Modekaufhaus Barneys verkauften, ihre Marke nach den Mädchennamen ihrer Mütter. In ihrem ersten Gespräch mit einem deutschen Medium sagten die beiden Vierundzwanzigjährigen der F.A.Z. im September 2004, ihre Vorbilder seien Cristóbal Balenciaga, Coco Chanel und Christian Dior. „Wir sind exklusiv“, sagten sie über ihre anspruchsvolle Preisgestaltung. „Wir hassen all den trashy stuff!“

Damals hatten sie gerade einmal fünf Mitarbeiter, ihr Unternehmen saß in einem zugigen Loft in Chinatown mit Blick auf die Canal Street, und eine der Praktikantinnen hieß Barbara Bush – die Tochter des damaligen amerikanischen Präsidenten. Das jugendliche Image behielten die beiden bei. Gleichzeitig erweiterten sie ihr Geschäft systematisch. 2008 brachten sie die „It Bag“ PS1 auf den Markt. Sie arbeiteten mit Unternehmen wie L’Oréal und Birkenstock zusammen, brachten Parfums heraus und eroberten neue Märkte. Nach Schätzungen erzielt ihr Unternehmen heute einen Jahresumsatz von 60 Millionen Dollar. Die Produkte werden in mehr als 300 Geschäften in aller Welt verkauft, unter anderem bei Bergdorf Goodman, Harrods, Printemps und Mytheresa.

Neuer Flagship-Store in Soho

Auf die Proenza-Schouler-Geschäftsführerin Shira Suveyke Snyder kommt nun die schwierige Aufgabe zu, einen Designer zu finden, der in der Lage ist, die Marke auf Niveau weiterzuentwickeln. Dass Marken von verstorbenen Designern unter ihrem Namen weitergeführt werden, ist seit Christian Dior und Coco Chanel ein eingeübtes Verfahren. Schwieriger ist es, wie man am Beispiel Helmut Lang sieht, der Marke eines lebenden Designers neuen Sinn zu geben. Zudem hat sich das Marktumfeld weiter verschlechtert, auch durch die Konkurrenz europäischer Luxuskonzerne. Suveyke Snyder will diesen Problemen unter anderem mit erweitertem Online-Geschäft und mehr Produktkategorien begegnen. Außerdem entsteht gerade ein neuer Flagship-Store im Stadtteil Soho.

Wenn Jack McCollough und Lazaro Hernandez wirklich zu Loewe wechseln würden, wäre für den dortigen Designer Jonathan Anderson der Weg frei zu neuen Aufgaben. Schon seit Monaten wird spekuliert, er könne Maria Grazia Chiuri bei Dior ersetzen. Sicher ist jedenfalls, wie immer in konjunkturell schwierigen Zeiten, dass sich das Designerkarussell auch in diesem Jahr schnell drehen wird. Damit einher geht die Frage, wer durch die Fliehkräfte noch aus seinem Sitz fliegt.

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