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Münchner Stadien: Sicherer als ihr Ruf – eine unnötige Polizeikosten-Debatte | ABC-Z

München —  Bayerns Innenminister Joachim Herrmann steht nicht gerade im Ruf, ein Freund besonders akribischer Abwägung zu sein. Das gilt auch und gerade im Bereich Fußballfans.  Personalisierte Eintrittskarten, kollektiver Ausschluss von Fans, „Schnellgerichte“ zur Bestrafung von Fußballfans,  Geisterspiele, Spielabbrüche: Wer Hermanns Drohungs-Salven gegen die Fußballfans im Herbst anhörte, musste den Eindruck gewinnen, dass Bundesligaspiele nicht mehr sicher zu besuchen seien. Wie absurd. Jüngeren Münchnern sei empfohlen, sich mal mit den Älteren zu unterhalten – darüber, wie grob es auch in dieser Stadt rund ums Olympia- und das Grünwalder Stadion in den 80ern zu ging.

Fußball in München: Absolut familientauglich

Heute sind Auseinandersetzungen die absolute Ausnahme. Der Stadionalltag ist  sehr familientauglich. Dass Menschen zu Schaden kommen, die Ärger eigentlich meiden wollten, ist insbesondere in München extremst selten – gerade, wenn man bedenkt, dass es Millionen sind, die jede Saison hier zum Fußball gehen. Wenn es knallt, dann fast immer fernab der Stadien – bei geplanten Auseinandersetzungen zwischen gewaltsuchenden Fangruppen, die unter anderem die strikte Videoüberwachung der modernen Arenen scheuen. Oder bei zufälligen Aufeinandertreffen von Gruppen weitab der Spiele und Stadien. Die eigentlichen Stadionbesuche hingegen sind sehr, sehr sichere Freizeitvergnügen.

Dass die Polizei innerhalb der Stadien, wo die Klubs naheliegenderweise mit ihren Ordnungsdiensten erstmal selbst für die Sicherheit zuständig sind, zugreifen muss, ist die absolute Ausnahme. Die Arbeit der Ordnungsdienste, die Fanarbeit der Löwen und der Bayern und nicht zuletzt die Selbstregulierung der organisierten Fangruppen in „ihren“ Stadien funktioniert ganz offenbar.

Macht die Idee nicht logischer

Erfreulich, dass ausgerechnet Herrmann beim Thema Polizeikosten – zumindest bislang – eine differenzierte Position eingenommen hat (nun will er aber doch mit den bayerischen Klubs ausloten, wie die Lage nach dem Urteil ist). Die Vorstellung auf jeden Fall, dass Klubs für die Polizeikosten zahlen sollen, die weitestgehend im öffentlichen Raum entstehen, mag zunächst populär sein, weil es doch so naheliegend klingt  – welchen Aufwand der Staat betreibt, um das Umfeld des Millionengeschäfts Fußball abzusichern! – das macht die Idee aber nicht logischer. Denn wo soll diese Aufgabe anfangen, wo aufhören? Für welches Fehlverhalten Einzelner soll ein Fußballclub verantwortlich sein? Wenn in der Nacht vor einem Bayernspiel englische Gästefans in einer Münchner Bierhalle Ärger machen – sowas ist ja ein klassischer Einsatz. Oder hunderte Kilometer entfernt von Stadien bei der Anreise?

Klubs zahlen für Einsätze – und wer  zahlt um die Wiesn?

Für die Sicherheit an Autobahnen, auf Bahnhöfen und in Innenstädten muss der Staat verantwortlich sein. Und bezahlen. Auch deshalb, weil sonst die Frage folgt, ob, wer mitzahlt, nicht auch mitentscheiden können muss, ein wie großer Polizeieinsatz denn nun nötig ist oder nicht.  Auch deshalb, weil die Frage ist, was aus einer solchen Praxis eigentlich folgen muss für andere Bereiche. Für Demonstrationen gar? Dafür, wenn im Umfeld einer Großveranstaltung das Terrorrisiko ansteigt und deshalb Polizeikosten explodieren? Wird das an Veranstalter weitergegeben? Oder, in München ein sehr naheliegender Gedanke: die Wiesn. Wer zahlt dann für den massiven Sicherheitsaufwand im Umfeld in den Bahnen und auf den Straßen? Nein, von großen Events profitieren Städte auf viele Weisen – nicht zuletzt ziemlich direkt in Gastronomie und Hotellerie. Und vor allem auch durch die sehr hohen Abgaben, die die Fußballclubs als Unternehmen bezahlen. Für strafrechtlich relevantes Fehlverhalten aber gehören vor allem die Einzelnen herangezogen.

 

In Giesing hat die Polizei mal sehr bildlich gelobt, dass viele Löwenfans sogar an den roten Ampeln warten würden. Fröttmaning hat in München auch nicht gerade den Ruf als No-go-Area.  Die Zahlen der Gewalttäter etwa in der Datei Gewalttäter Sport sind in den vergangenen Jahren ebenfalls gesunken. Nein, es gibt – gerade in Bayern, wo der Staat so viel darauf hält, die Lage im Griff zu haben und gerade in München – gar keinen Grund für die Polizeikosten-Debatte. Eher sollte man eine andere Diskussion führen – die darüber, wie man die teils sehr großen Polizeieinsätze reduzieren kann. Im CDU-geführten baden-württembergischen Innenministerium hat man sich in den vergangenen Jahren explizit darum bemüht – und bei einer Risikobewertung vieler Spiele festgestellt, dass es eigentlich fast gar keine Polizei bräuchte. So gibt es in Hoffenheim Bundesliga-Spiele mit 65 Polizisten, während in Giesing – wo die Fans an den roten Ampeln warten – Hunderte Beamte über den Drittliga-Alltag wachen. Hier wären ganz sicher Kosten für den Steuerzahler zu senken. Und das ganz ohne dass Rechnungen bei den Profiklubs eingehen müssen. 

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