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Transnistrien friert, die Slowakei droht: Erdgaslieferungen gestoppt – Politik | ABC-Z

Das neue Jahr in der Slowakei beginnt erneut mit Protesten. Am Freitagabend wollen sich Ukraine-Unterstützer und Regierungskritiker im Zentrum von Bratislava versammeln. Einmal mehr wollen sie Premierminister Robert Fico ausrichten, dass sie einen westlichen Kurs ihres Landes wünschen. Schon das ganze vergangene Jahr über hatte es immer wieder Proteste mit Zehntausenden Teilnehmern im ganzen Land gegeben. Fico selbst hatte in einem seiner Facebook-Videos – seine übliche Art, sich zu Wort zu melden – der Ukraine „Sabotage“ vorgeworfen, sie füge der Slowakei und der ganzen Europäischen Union wirtschaftlichen Schaden zu, indem sie kein russisches Gas mehr durch ihre Pipelines leite.

Um dieses Problem zu besprechen, war Fico am vierten Advent nach Moskau gereist. Der Ukraine hingegen hatte Fico vor dem Jahreswechsel gedroht, Stromlieferungen einzustellen, wenn diese den Gastransport beende. Stromlieferungen, „welche die Ukraine bei Netzausfällen dringend benötigt“, wie er in der Videobotschaft hinzufügte. Zudem drohte er, ukrainische Kriegsflüchtlinge weniger zu unterstützen. In Kiew war Fico seit seinem Amtsantritt im Herbst 2023 noch nie. Gespräche mit ukrainischen Regierungsvertretern, die am Dienstag in Brüssel hatten stattfinden sollen, platzten. Fico gab den Ukrainern die Schuld, diese wiesen das zurück.

Moldau ruft den Notstand aus und führt einen ganz eigenen Streit mit Russland

Wirtschaftsministerin Denisa Saková hatte zuvor schon Reisen nach St. Petersburg zum Sitz von Gazprom unternommen, ebenfalls mit dem Ziel, die russischen Gaslieferungen zu sichern. Als nächstes will eine kleine Delegation slowakischer Abgeordneter Kollegen in der Duma in Moskau besuchen. Auch ein Vertreter des größten slowakischen Energieversorgers SPP soll mitreisen.

Doch die slowakische Regierung sucht sich offenbar die falschen Ansprechpartner. Die Gaslieferungen sind seit 1. Januar beendet. Die Ukraine hatte schon lange angekündigt, dass der Vertrag mit Russland über den Gastransport durch ukrainische Leitungen zum Jahresende 2024 auslaufen und dann nicht verlängert werde. Die Slowakei bezog Erdgas fast ausschließlich aus Russland.

Er wirft Russland vor, die Stabilität der Region zerstören zu wollen: Moldaus Regierungschef Dorin Recean. (Foto: Mike Segar/REUTERS)

„Irrational“ und „unlogisch“ nennt das slowakische Wirtschaftsministerium diese Entscheidung. Russisches Gas werde weiterhin nach Europa fließen, nur auf anderen Wegen. Da russisches Gas nicht sanktioniert wird, nehmen tatsächlich mehrere EU-Länder weiterhin russisches Gas in Form von LNG ab. Ungarn bezieht russisches Gas über Pipelines, die durchs Schwarze Meer und die Türkei verlaufen.

Wohl am schwersten betroffen vom Ende der Gaslieferungen ist seit Jahresbeginn ein Land, das der EU unbedingt beitreten will: die Republik Moldau, geografisch eingezwängt zwischen der Ukraine und Rumänien. Moldau hatte schon im Dezember wegen der erwarteten Gasausfälle einen Notstand verhängt. Aber die Sache ist noch etwas komplizierter, denn der EU-Beitrittskandidat hat mit Russland noch einen eigenen Streit über die Lieferung von Gas.

In Transnistrien sind Schulen und Unternehmen geschlossen

Der russische Energiekonzern Gazprom stoppte am 1. Januar seinen Energiefluss, weil Moldau sich nach russischen Angaben weigere, Schulden in Höhen von mehr als 700 Millionen US-Dollar zu bezahlen. Die moldauische Regierung dagegen spricht lediglich von ausstehenden 8,6 Millionen Dollar und beruft sich dabei auf einen internationalen Prüfungsbericht, den Gazprom wiederum nicht akzeptiert. Die Folgen sind drastisch, vor allem für die abtrünnige russlandfreundliche Republik Transnistrien, die zu Moldau gehört, sich von ihr jedoch in den Neunzigerjahren losgesagt hat und abhängig ist von Moskau.

Transnistrien bezog praktisch kostenlos Gas von Russland, erhält jetzt allerdings nichts mehr. Das einzige Kraftwerk dort wird nicht mehr mit frischem Gas versorgt, sondern muss sich zur Stromerzeugung mit Kohle behelfen. Diese Reserven reichen allerdings nach Angaben der Gebietsführung nur für knapp zwei Monate. Dann ist der Winter noch nicht vorbei.

Die Lage in Transnistrien ist deshalb alarmierend. Die Menschen frieren. Schulen sind zu, viele Unternehmen geschlossen, auch Krankenhäuser müssen sich stark einschränken. Die etwa 400 000 Einwohner sammeln Holz für Feuer, tragen in ihren Wohnungen warme Kleidung und werden gedrängt, Türen und Fenster mit Decken abzudichten. Mehrere Personen sollen sich möglichst gleichzeitig in einem Zimmer aufhalten.

Besser haben es die Menschen im größeren Kerngebiet Moldaus mit der Hauptstadt Chişinău. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die proeuropäische Regierung ihre Energieimporte gestreut und sich so zunehmend unabhängig gemacht von Russland.  Gas und Strom erhält Moldau nun auch vom Nachbarn und EU-Mitglied Rumänien, allerdings zu einem deutlich höheren Preis. Ein Angebot der moldauischen Regierung, dass auch Transnistrien mit Gas aus Rumänien versorgt wird, lehnte die Separatistenführung angeblich ab. Warum also stoppt Russland Gaslieferungen und nimmt die Not der transnistrischen Bevölkerung in Kauf, die russlandfreundlich ist, in Rubeln bezahlt und sehr genau weiß, dass sie von Moskau abhängig ist?

In der EU wird das Gas wohl nicht knapp, aber teurer

Moldaus Regierungschef Dorin Recean wirft Russland vor, es wolle die Stabilität in der Region zerstören und die geplante Parlamentswahl im Herbst beeinflussen. Moskaus mögliches Kalkül: Moldau muss deutlich mehr vom teureren Gas aus Rumänien oder anderswoher kaufen, die Energiepreise steigen vor der Wahl für die Menschen im verarmten Land spürbar und damit auch deren Wut auf die bisherige Regierung. Die ist völlig auf EU-Kurs, aber ein Sieg des europäischen Lagers gegen die von Russland unterstützten Parteien in Moldau ist keineswegs sicher. Der frühere Missionschef der OSZE in Moldau, William Hill, der einst im Transnistrien-Konflikt verhandelte, schrieb vor wenigen Tagen in einem Blog des Kennan-Instituts, dass Russland dabei alle Chips auf den Spieltisch geworfen habe. Es riskiere nun allerdings, seinen Zugriff auf Transnistrien zu verlieren, in dem es verzweifelt Moldau vom Westkurs abbringen wolle.

In der Slowakei muss zumindest in diesem Winter niemand frieren, die Gasspeicher seien zu fast 100 Prozent gefüllt, teilt das slowakische Wirtschaftsministerium in einer Presseerklärung mit. Zudem arbeite der staatliche Energieversorger SPP mit weiteren Lieferanten, etwa BP und RWE zusammen. Zu einer Knappheit werde es also nicht kommen, sagt Wirtschaftsministerin Denisa Saková.

Doch es werde teuer – nicht nur für die Slowakei, die in Zukunft 177 Millionen Euro jährlich mehr für Gas ausgeben werde, sondern für die ganze Europäische Union, behauptet Saková. Entsprechend sieht sie die EU in der Pflicht, zu vermitteln. Am Donnerstag sprach Saková gemeinsam mit Fico in Brüssel mit EU-Vertretern über die Gasversorgung.

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