Dreikönigstreffen von Münchner SPD und CSU: Startschuss für den Doppel-Wahlkampf – München | ABC-Z
Der Christbaum steht noch meterhoch neben der Bühne, die Lichter glitzern funkelnd. Grüne Gestecke mit großen roten Kugeln säumen die Saalwände. Doch am Abend des Dreikönigstags ist es im Saal des Augustinerkellers mit der besinnlichen Wahlkampfpause schnell vorbei. Grün steht auf dem Dreikönigstreffen der Münchner CSU nicht mehr für Weihnachten, sondern für politisches Versagen. „Die Ampel muss weg“, sagt CSU-Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder auf der Bühne. Den Grund liefert er sofort mit: „Deutschland ist international isoliert, steht auf einem Abstiegsplatz.“
Schuld daran, da lassen weder Söder noch Bundestagskandidat und Gastgeber Hans Theiss sowie der Münchner Vorsitzende Georg Eisenreich in ihren Reden eine Sekunde Zweifel aufkommen, sind hauptsächlich die Grünen und ihr Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat Robert Habeck. Statt eines grünen Wirtschaftswunders habe dieser eine grüne Pleite hingelegt. Das am Freitag auf das Siegestor projizierte Profil von Habeck spricht Söder auch an. „Der spinnt doch“, kommentiert der CSU-Chef und erneuert sein Versprechen. „Mit mir wird es kein Schwarz-Grün geben.“
Um den Wahlkampf in der heißen Phase anzuheizen, schreitet Söder nicht nur die Meter durch den Saal und schüttelt sehr viele Hände, bevor er seine Rede hält. Er ist sogar aus der Klausur der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon in die Landeshauptstadt gekommen. Der CSU-Chef arbeitet sich aber nicht nur an der Ampel in Berlin ab, sondern auch an Rot-Grün im Münchner Rathaus. „München ist super – trotz der Stadtregierung“, ruft er in den Saal.
Die Grünen in München hat auch Gastgeber Theiss zuvor scharf angegriffen. Deren „Arroganz und Verblendung“ habe man in der Landeshauptstadt gleich nach der Kommunalwahl schon verspürt, sagt er. Die Sicherheitspolitik der Rathauskoalition habe dazu geführt, dass München mit dem Alten Botanischen Garten eine erste „No-go-Area“ habe.
Schon am Vormittag hat Oberbürgermeister Dieter Reiter Münchens SPD-Mitglieder beim traditionellen Dreikönigstreffen seiner Partei ebenfalls nicht nur auf die bevorstehende Bundestagswahl eingestimmt, sondern auch gleich auf den Kommunalwahlkampf 2026 eröffnet. „Wir brauchen im Februar, aber auch im März des folgenden Jahres eine starke SPD“, sagte Reiter am Montagmittag im voll besetzten Saal des Hofbräukellers am Wiener Platz.
Der 66-Jährige hatte zuvor angekündigt, bei der Kommunalwahl im März 2026 erneut für die SPD antreten zu wollen, „um weitere sechs Jahre Dienst als OB zu machen“. Er habe bewusst von sechs Jahren gesprochen, fügte Reiter hinzu: „Wer hofft, dass es ein Kurzauftritt wird, den muss ich enttäuschen – ich stelle mich nicht für ein, zwei Jahre zur Wahl.“
Man darf davon ausgehen, dass diese Aussage mit Christian Scharpf abgesprochen war, dem noch amtierenden OB von Ingolstadt. Der übernimmt im März das Wirtschaftsreferat in München und saß im Saal. Den 53-Jährigen hat Reiter im vorigen Sommer zurück nach München gelockt – um ihn als Nachfolger aufzubauen, wie es in der hiesigen SPD heißt. Dort wurden und werden auch Szenarien mit einer Amtsübergabe während der laufenden Amtsperiode kolportiert.
Wenn es nach seiner als Wahlkampfprogramm zu verstehenden Rede geht, hat Reiter zunächst andere Aufgaben für Scharpf: Mit ihm will die Münchner SPD der hiesigen Wirtschaft signalisieren, dass sie auf ihrer Seite steht, speziell auf derjenigen der Auto-Industrie, an der in der Stadt mehrere Zehntausend Arbeitsplätze hängen. Die Automobilbranche spielt ja auch an Scharpfs bisheriger Wirkungsstätte Ingolstadt eine wichtige Rolle.
Entsprechende Erwartungen knüpfte auch Münchens SPD-Chef Christian Köning in seiner Begrüßungsrede an den neuen Mann in der Referenten-Riege des Rathauses: München benötige auch weiterhin Industriearbeitsplätze.
Köning rechnete dem Publikum vor, dass es nur noch 48 Tage bis zur Bundestagswahl seien. Trotz der aktuell mäßigen Umfragewerte machte er Mut: „2001 haben die letzten fünfzig Tage gezeigt, wie viel man noch gutmachen kann.“ Optimistisch schwor er die Anwesenden ein: „Die SPD kann stärkste Kraft werden.“ Der amtierende Kanzler Olaf Scholz sei weder „Küchen-Philosoph“ noch „Motivations-Guru“, weder „Blackrock-Manager“ noch „Instagram-Food-Blogger“, stichelte Köning gegen die Spitzenkräfte anderer Parteien. Aber Scholz habe bewiesen, „dass er ein Staatsmann ist“. Und er sei der Einzige, dem Köning zutraut, „Verantwortung zu übernehmen für die Modernisierung Deutschlands“.
Oberbürgermeister Reiter sah sich hernach in Erklärungszwang, warum auch er jetzt Olaf Scholz unterstütze – obwohl er zunächst gegen ihn als neuerlichen Kandidaten gewesen war. Er sei nicht mit allem einverstanden gewesen, was die Regierung unter Scholz’ Führung geleistet habe, sagte Reiter; vor allem bei Wohnungs- und Mietrecht hatte er mehr erwartet. Die anwesenden Bundestagskandidaten Sebastian Roloff, Seija Knorr-Köning und Philippa Sigl-Glöckner forderte er deshalb auf: „Legt euch ins Zeug! Wir brauchen euch in Berlin.“
Angesichts der Weltlage sei ihm allerdings „die ruhige Hand von Olaf Scholz deutlich lieber als die kraftmeiernde CDU/CSU“. Dabei attackierte Reiter vor allem den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der dann am Montagabend im Augustinerkeller den Wahlkampf seiner Partei einläutete: „Seine politischen Leitplanken sind aus Gummi und jederzeit dehnbar.“ Söder könne zwar „zu allem irgendwas sagen“, aber die Betonung liege auf: irgendwas.