Lesermeinung – Ganz großer feministischer Aufschlag – Freising | ABC-Z

Da hat sich die regionale SZ auf den letzten Metern des Jahres und ihres Existierens ja noch einmal einen ganz großen feministischen Aufschlag geleistet und sich mit Blick auf Krippenkunst und Jubiläumsjahr an vermeintlichen Defiziten abgearbeitet.
Beim Blick auf Maria in der Krippe dürfte manche in Ehren ergraute Theologin etwas verzweifelt sein, wofür sie sich jahrzehntelang Mund und Stift fusselig geredet und geschrieben hat für eine zeitgemäße Mariologie, die nicht im Pingpong von Mutterschaft, Sittsamkeit und (natürlich männlich dekretiertem) Schönheitsideal befangen bleibt. Da war doch mal die „Magd des Herrn“, die Erzengel Gabriel am Lesepult überrascht, damit sie im Vollbewusstsein der Zumutung ihrer Rolle im Schöpfungsplan zustimmen kann. Dass ihre Mutter Anna – in jeder gotischen Kirche auf einer Ebene mit den Aposteln -sie das Lesen lehrt, ist ein essenzielles Motiv seit dem Mittelalter. Seit dieser Zeit gilt sie auch als wichtigste Lehrerin, durch die man das Heilsgeschehen verstehen lernt und die den richtigen
Umgang mit den Mysterien vorlebt. Handfester ist das Nachtreten in Sachen Millenium. Das hätten laute Männer und leise Frauen gekennzeichnet – um dann den lautesten Beitrag zum Jahr, den alles andere als leisen Tweet von Susanne Günther zu stellen, der sie das Amt der Kulturreferentin gekostet hat. Das kann man aus guten Gründen völlig überzogen finden, wenn auch zumindest -Ehrenamt hin, Ehrenamt her – ein Mitarbeitergespräch nicht geschadet hätte, das ihr den Unterschied zwischen der Rolle als Kulturreferentin und als grüne Aktivistin hätte klarmachen sollen.
Danach dürfen sich die Männer dieser Welt einmal mehr als besserwisserische, mehr oder weniger alt (und natürlich weiße) Männer denunziert fühlen. Frauen seien in der jubelmäßig begangenen Welt „nur am Rande vorgekommen“. Gut gebrüllt, Löwin. Nebenbei: Das gilt natürlich auch für 95 bis 98 Prozent aller Männer, die von der Erinnerung genauso rückstandslos verschluckt worden sind und sich nun mit den Heiligen und Herzögen an den feministischen Pranger gestellt sehen, der sie einmal mehr kollektiv als psychopathologisch /“toxisch“ oder gleich gar kriminell, in jedem Fall söderesk-breitbeinig-laut einordnet.
Dass Frauen in einer heute unerträglichen (auch vor Jahrhunderten schon gefühlten und – selten -ausgesprochenen) Art und Weise Rollenbildern unterworfen waren, ist zweifellos richtig. Ähnliches gilt aber auch für die oben erwähnten 95 bis 98 Prozent der Männer. Die so beliebte, unfassbar platte Rede vom „Patriarchat“ hat alle Züge einer Verschwörungstheorie, die in ihrem Erkenntniswert ungefähr so leistungsfähig ist wie die angeblichen Umtriebe des „Weltjudentums“. Bei genauem Blick findet man natürlich viele Frauen, von der Herzogin über verwitwete Weingastwirtinnen bis zu den Tagwerkerinnen, die auf jeder Baustelle Mörtel gerührt und Steine getragen haben.
Es interessiert sich nur niemand dafür – auch Frauen nicht. Da müsste schon eine „Bischöfin“ kommen. Wer es übrigens noch nicht mitbekommen hat: Es gibt christliche Kirchen mit Bischöfinnen und die Erfahrung, dass sie sich zur rechten Zeit mit Glaubwürdigkeit der Lebensführung oder der Souveränität im Umgang mit Missbrauch in der Kirche nicht leichter tun als männliche Kollegen. Wie so oft wird nämlich auch hier lärmig die Gender-Tröte geblasen, wo wirklichen Erkenntnisgewinn die leisere Beschäftigung mit sozialen Funktionen versprechen würde, denen gegenüber man mit jedem Geschlecht dieser Welt versagen oder genügen kann.
Robert Leutner, Freising
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