Der Wandertipp führt zu den Bibern am Breitsee bei Weibersbrunn | ABC-Z

Knapp hundert Jahre liegt die Ausweisung der ältesten Naturschutzgebiete im Spessart zurück. Was nach langer Vorarbeit 1928 am Rohrberg und nahe Weibersbrunn endlich glückte, ihre mehrhundertjährigen Eichenhaine zu bewahren, hat sich allerdings fast ins Gegenteil verkehrt. Nicht, weil man trotz Schutzstatus Raubbau betrieb, vielmehr wurde die Eigengesetzlichkeit der Natur unterschätzt. Eine Bestandsaufnahme im Weibersbrunner Naturschutzgebiet (NSG) Metzger ergab, dass von den damals gut hundert Eichen noch zehn stehen. Die anteilig ohnehin vorherrschende Buche verdrängte alles.
Sie kommt mit dem wechselnden Klima Mitteleuropas am besten zurecht, verhindert jedoch durch ihr dichtes Blätterdach artenreichen Unterwuchs, einschließlich der Eiche. Es half auch nicht, 2006 das NSG von sieben auf 14 Hektar zu erweitern, um den letzten Patriarchen mehr Luft und Licht zu verschaffen. Oder soll man sie, wie jetzt erwogen, freistellen, schließlich ist jeder Naturwald letztlich Kulturwald – selbst die scheinbar urwüchsigen Bestände im Spessart.
Dessen Symbolbaum ist nun einmal die Eiche. Ihr kam zugute, dass der größte Eigner, das Erzbistum Mainz, über Jahrhunderte Rodung und Besiedlung untersagte. Der Wald und sein Gehalt waren Ausdruck ihrer – auch statusbedingten – Jagdleidenschaft. Gezielt förderte man die Eiche für Wildfutter und hochstämmigen Wuchs als Bauholz. Aber erst die spätere Glasherstellung übernutzte die Wälder so stark, dass der Mainzer Haupterbe, das bayerische Königshaus, zur Aufforstung die schneller wachsende Buche vorzog.
Auch im fernen München wusste man lichte Laubwälder für die Jagd zu schätzen. Namentlich Prinzregent Luitpold reiste bis 1912 fast jedes Jahr zur Pirsch an. Das Heimatmuseum von Weibersbrunn zeigt Fotografien, wie er huldvoll Zigarren verteilt. Damals herrschte unvorstellbare Not, nachdem eine 150 Jahre bis 1862 bestehende Glashütte nicht länger mit Industrieware konkurrieren konnte. Erst die Spessart-Autobahn erleichterte von 1960 an den Anschluss an die allgemeine Entwicklung.
Das Hauptkapital ist heute ein immaterielles. Weite Gebiete wandeln sich zu Naturwäldern und die Gewässer zu Auen und Biotopen, in die auch, als sichere Beglaubigung ihrer Natürlichkeit, der Biber findet. Selbst im abgelegenen, ursprünglich zum Nässen von Stämmen aufgestauten Breitsee vollziehen sie jetzt, was sonst zum Tabu wurde – Fällarbeiten.
Das heutige Landschaftsschutzgebiet ist nicht fern vom NSG Metzger zu suchen. Darin, in ihrer Leuchtturmfunktion für den Schutzgedanken, liegt der eigentliche Wert der frühen Naturreservate. Ob man auch in die Vegetation eingreift oder ihr freien Lauf lässt, ist dank der am Rohrberg und im „Metzger“ gewonnenen Erfahrungen jetzt besser zu beurteilen. Ohne Steuerung wäre der Spessart in 100 Jahren reiner Buchenwald und damit in den Zustand Mitteleuropas vor den Rodungen rückversetzt.
Wegbeschreibung:
Wo man im lang gestreckten Weibersbrunn den Wagen zurücklässt, macht keinen Unterschied. Als Ausgangspunkt wurde der östliche Teil gewählt im Bereich der 1864 auf dem Fundament der Glashütte errichteten Pfarrkirche und des einige Schritte weiter anzutreffenden Heimatmuseums. Davor hält auch der von Aschaffenburg kommende Bus.
Zum Auftakt wird neben dem Museum mit der Kombination W1 in den Pottaschenweg eingebogen und kurz darauf aus der Senke rechts in ein unscheinbares Pfädchen; erst führt es oberhalb von Kleingärten entlang, dann in dicht stehenden Wald. Bereits dort, obwohl noch weit vom NSG Metzger entfernt, zeigen sich Ansätze einer natürlichen Entwicklung. Bis an den Weg reichen umgestürzte Bäume, während rechter Hand der renaturierte Steinbach mäandert.
So geht es eine Weile, bis Holztafeln das NSG anzeigen. Die Markierungen rotes Dreieck und schwarzer Eber weisen in den Hang. Aus Schutz- wie Sicherheitsgründen verläuft der Pfad nicht (mehr) durch das urwaldartige Terrain. Dennoch ergeben sich bewegende Einblicke, etwa zu abgestorbenen, aber noch stehenden Stämmen. Vergleichbar einem mit Noppen besetzten Spessartglas, drapieren sie tellergroße Pilze, wogegen diese auf Altholz am Boden an übergroße Muscheln erinnern.
Bei Erreichen eines Querweges hat man die Möglichkeit, verkürzend auf der Höhe zu verbleiben. Dann weiter mit dem roten Dreieck unter prachtvollen Buchen bis zum Richtungspfosten Tanzplatz an einer Kreuzung. Man kann weiter geradeaus gehen oder links gen Weibersbrunn direkt zurückkehren.
Für die ausholende Variante über den Breitsee biegen wir an besagtem Querweg rechts ab. Zu sehen sind zwei Nordic-Walking-Strecken (violett und blau). In trauter Eintracht umkurven sie erst den Bergrücken Steinknückel und schwingen dann vorwiegend eben am Steilhang entlang. Auch an dieser Seite setzte der Wandel zu Naturwald ein, so nicht, wie hier, Fichten vorherrschen. Aufforstungen mit den schneller wachsenden Nadelbäumen gibt es selbst im Spessart.
Nach gut einer Stunde kreuzen die Nord-Walking-Wege eine auffallende Schneise. Dort heißt es ohne Markierung rechts, wobei die geneigten Kronen einer Allee Hainbuchen den Abgang ins Breitbachtal beschatten. Gleich links, zwischen dunklen Fichten, kann der 700 Meter entfernte Breitsee direkt angelaufen werden. Schöner ist die andere, weil bessere Einblicke in die auenartige Vegetation gewährende Seite. Dazu wechselt man halb rechts über das Bächlein und links mit dem roten Diagonalstrich bis zum Gewässerdamm. Drüben dann rechts, vorbei an frisch von Bibern umgelegten Stämmen.
Das unterdessen hinzugetretene Zeichen eines „Spessarträubers“ (grün) begleitet uns nun fast auf dem ganzen Rückweg. Es verlässt bald links die Senke und nach einem Kilometer den ansteigenden Weg überraschend erneut links in einen unauffälligen Pfad. Damit endet der ansteigende Weg noch nicht, aber einmal mehr sind wir vom Märchenwald umfangen. Auch ohne Schutzstatus steht der sich selbst überlassene Forst dem NSG Metzger kaum in etwas nach. Das fahle Licht lässt ihn sogar etwas mystischer erscheinen, fortgesetzt ab dem Richtungspfosten Königsweg, wo die Abkürzenden eintreffen.

Der Wald endet erst an der Landstraße vor einer Klinik. Ergänzt um das Zeichen roter Schmetterling, wird deren Parkplatz gequert, ausgangs links und gleich rechts in Offenland. Zwischen Wiesen und Bauminseln geht es im oberen Hangbereich und dann, nach Links-rechts-Abzweigen, am Waldrand weiter. Dabei bleibt der „Spessarträuber“ zugunsten eines Spessart-Kulturweges zurück (blau mit gelben Sternchen). Rund einen Kilometer später löst er sich an dem Bildstockhäuschen vom Schmetterling und führt rechts abwärts Weibersbrunn entgegen. Tiefer unten halb rechts, trifft man genau am Heimatmuseum ein.
Sehenswert
Die Hauptsehenswürdigkeit im Spessart ist die Natur, hier das 1928 zum Erhalt alter Eichen ausgewiesene NSG Metzger. Dominiert wird es heute von der allenthalben vorherrschenden Buche. Darüber hinaus sind große Waldanteile der Bewirtschaftung entzogen und die meisten Flüsse renaturiert, ebenso stehende Gewässer wie der ursprünglich zum Nässen von Stämmen angelegte Breitsee. Hier wie in anderen Feuchtgebieten finden nun Biber intakte Reviere. Weibersbrunn ist ein junger Ort, der im frühen 18. Jahrhundert für eine Glashütte gegründet wurde. Ihre hochwertigen, im Heimatmuseum bewahrten Erzeugnisse, Spiegel und „Mond(fenster)glas“, waren weithin begehrt, überdauerten aber nicht die Industrialisierung. Auf den Fundamenten der Hütte entstand 1864 in neugotischer Manier die Pfarrkirche.
Öffnungszeiten
Anfahrt
Über die A 3 bis zur Anschlussstelle Weibersbrunn; Wanderbeginn ist im älteren, östlichen Teil gen Rothenbuch; Parkmöglichkeiten entlang der Hauptstraße. Es bestehen zweistündlich – auch am Wochenende – Busverbindungen mit dem Aschaffenburger Hauptbahnhof.