Supercoppa in Riad: AC Milan hofft auf Neustart nach Krise – Sport | ABC-Z

Weiße Rosen prägten das Bild des Neustarts bei der AC Milan, nur für die Hoffnung standen sie nicht. Eine Halskette aus prächtigen Blüten bekamen die Mailänder Spieler umgehängt nach ihrer Ankunft in Riad, Saudi-Arabien, wo in den kommenden Tagen die italienische Supercoppa ausgespielt wird. Zum zweiten Mal in seiner langen Geschichte findet der Wettbewerb in der Wüste statt, im dezent aufgeblähten Modus als Mini-Turnier mit Halbfinale und Finale zum Jahresstart: Inter, Atalanta Bergamo, Juventus Turin und Milan dürfen teilnehmen – es sind die großen Vereinsnamen, die der Auslandsvermarktung der Serie A helfen sollen. Auch wenn derzeit allenfalls an drei Standorten hinter einem großen Namen auch großer Fußball steht.
Die Rossoneri sind zuletzt in eine Krise gestürzt, die so schwer erscheint, dass die Flughafenmitarbeiter in Riad schon gewaltige Blumensträuße gebraucht hätten, um den Ärger zu verdecken. Allzu glücklich jedenfalls wirkten die Beteiligten mit ihren Kränzen nicht, wer soll es ihnen verdenken: Tabellenplatz acht steht in der Liga als Jahresfazit fest, die nationale Konkurrenz ist enteilt, der Trainer entlassen. Und die sportliche Führung spürt den Druck der Tifosi mehr denn je, was man auch an kleinen Details ablesen kann.
Nach der Trainer-Entlassung war Ibrahimovic ungewöhnlich kleinlaut
Für Entschuldigungen ist Zlatan Ibrahimovic noch nie bekannt gewesen, weder als Fußballer noch in seiner neuen Rolle als sportlicher Chefberater des Milan-Besitzers RedBird Capital. Am Montag allerdings war der Schwede vergleichsweise kleinlaut vor die Mikrofone getreten, um bei der Anhängerschaft um Verzeihung zu bitten für die Posse, die sich zuvor abgespielt hatte: Nach dem 1:1 gegen die Roma am Sonntag hatte Ibrahimovic entschieden, dass Trainer Paulo Fonseca noch 2024 entlassen werden musste. Dann allerdings hatte Fonseca noch einmal den Auftrag bekommen, sich in eine Pressekonferenz zu setzen – als sein Schicksal schon besiegelt war.
:Die Verheißung auf römischen Frieden
Der dritte Akt: Mit 73 Jahren übernimmt Claudio Ranieri noch einmal die AS Rom, seinen Herzensverein, der zuletzt in Tumulten versank. Er ist die letzte Hoffnung, für die Besitzer, für die Fans – und nicht zuletzt für den glücklosen Mats Hummels.
Wenn die Situation schon sportlich eine Katastrophe ist, sollte es wenigstens um Anstand und Würde gehen, so der Tenor der Kritiker: Einem Trainer, der sich menschlich stets von seiner besten Seite gezeigt hatte und dafür den Respekt einer anfänglich sehr kritischen Kurve bekommen hatte, sollte man zum Abschluss nicht auch noch ein Tribunal zumuten. Fonseca aber nahm seinen Abschied seriös entgegen. Das letzte Bild, das von ihm blieb, war das eines Interviews aus dem Auto heraus, in dem er freundlich lächelte und zu Protokoll gab, er habe „alles versucht“ in seinem halben Jahr als Trainer.
Der ehemalige Trainer Paulo Fonseca beging fachliche Fehler
Vieles davon war fachlich allerdings auch gehörig schiefgegangen. Seine fortwährende Auseinandersetzung mit dem Duo Theo Hernández und Rafael Leão etwa beschäftigte den Verein: Beide mögen Egozentriker mit einem Hang zur Faulheit sein, haben allerdings auch eine herausragende fußballerische Qualität, die Fonseca in seinem System nie einbinden konnte. Was er mit Milan auf dem Feld wirklich vorhatte, war meist unklar. Durch den Herbst retteten ihn nur die guten Auftritte in der Champions League, unter anderem ein Sieg gegen Real Madrid. In der Liga war es ein anderes Bild: So unbeständig die Ergebnisse dort waren, so wild durchgemischt waren die Aufstellungen des Portugiesen. Dem nun ein Landsmann nachfolgen soll.

Sérgio Conceição trat am ersten Amtstag seine erste Dienstreise nach Riad an, wo es am Freitag auch gleich zu einem Duell mit seinem Sohn Francisco kommen wird – einem Außenstürmer bei Juventus Turin. Familiäre Verbindungen dürften keine Rolle bei der Verpflichtung gespielt haben: Der ehemalige Stürmer Conceição hat bis Juni sehr erfolgreich den FC Porto trainiert, er passt in die Idee Ibrahimovics, lieber auf große Namen auf der Bank zu verzichten, solange jemand mit einem Konzept nach Norditalien anreist. Die Frage ist allerdings, ob das bei Milan so funktioniert.
Conceição hat eine Vergangenheit bei Inter Mailand. Inwiefern ihm das die Kurve noch nachträgt, dürfte man erst bei der Premiere im San Siro abschätzen können, geholfen hat ein Karriereabschnitt beim Stadtrivalen allerdings ganz sicher noch niemandem. Vielmehr zeigt schon ein Blick auf die nationale Konkurrenz und deren Trainer, wie sehr Milan ins Hintertreffen geraten ist, nach einem verlorenen halben Jahr unter Fonseca.
Bei Inter ist mit Simone Inzaghi seit 2021 ein akribischer Taktiker am Werk, der über Jahre ein perfektes System aufgebaut hat, das schwer schlagbar erscheint. In Bergamo ist Gian Piero Gasperini dasselbe gelungen, Konstanz und ein Talent in der Menschenführung verbinden sich dort zu einer sehr erfolgreichen Einheit. In Turin soll Thiago Motta ausreichend Zeit bekommen, um einen ganzen Verein neu zu erfinden.
Und bei Milan? Dort legt ein amerikanischer Besitzer den ganzen Verein derzeit in die Hände eines Mannes, der abseits des Fußballplatzes erst mal seine Eignung unter Beweis stellen muss. Zlatan Ibrahimovic wollte immer der mächtige Bestimmer sein, seine Wünsche wurden erhört: Unter dem Eigentümer RedBird hat er nun weitgehende Freiheit in seinen sportlichen Entscheidungen, aber bislang läuft bei diesem großen Verein nur wenig zusammen.