Wladislaw Inosemzew: “Ich bezeichne dieses System der Rekrutierung als Ökonomie des Todes” | ABC-Z
Viele im Westen unterschätzen die Resilienz der russischen Wirtschaft, sagt der Ökonom Wladislaw Inosemzew. Er fordert neue Ansätze bei den Russlandsanktionen.
Wladislaw Inosemzew ist ein russischer Ökonom, Publizist
und ehemaliger Regierungsberater. Bis 2005 arbeitete er im
Management privater Banken in Russland. Heute ist er Direktor des Zentrums für
Postindustrielle Studien in Moskau und lebt in den USA.
ZEIT ONLINE: Herr Inosemzew, zum Jahresende werden die Probleme der
russischen Wirtschaft größer. Das Wachstum geht zurück. Der Rubel fällt. Sie
hingegen sagen seit Langem, dass weder Krieg noch Sanktionen Russland ruinieren werden. Warum sind
Sie sich so sicher?
Wladislaw Inosemzew: Ich gebe zu: Auch ich dachte in den ersten
Kriegswochen vor knapp drei Jahren, Russland könne wirtschaftlich ins Wanken
geraten, besonders als die EU und die USA die ersten Sanktionen verhängten.
Doch die entschlossenen und weitreichenden Gegenmaßnahmen von Putins
Wirtschaftsteam waren überraschend effektiv. Der Leitzins wurde kurzfristig
hochgeschraubt. Aber gleichzeitig verpflichtete Putin die Exporteure, ihre
erlöste Fremdwährung in Russland gegen Rubel zu tauschen. Das Finanzministerium
schöpfte überschüssige Gewinne der Energiekonzerne ab. Das hat funktioniert.