In der Hoffnung auf hohe Gewinne: Anlagebetrug: “Verbraucher werden von vorn bis hinten betrogen” | ABC-Z
Kryptobörsen, unseriöse Tradingplattformen oder sogar Festgeldangebote – Kapitalanleger sollten sich vor möglichen Betrügern in Acht nehmen. Immer wieder gibt es neue Maschen, um ahnungslose Verbraucher mit vermeintlich lukrativen Anlagemöglichkeiten um ihr Geld zu bringen.
Professionell gestaltete Webseiten, gefälschte Werbung und sogar KI-generierte Prominente schaffen eine glaubwürdige Fassade, um das Vertrauen der Anleger gezielt auszunutzen. Immer wieder fallen Anlegerinnen und Anleger in der Hoffnung auf hohe Gewinne auf unseriöse Plattformen herein. Vor allem im Bereich von Kryptowährungen und komplexen Finanzprodukten wie CFDs (Contracts for Difference), also hochspekulativen Derivaten, gibt es immer wieder neue Betrugsfälle – aber nicht nur dort.
Christian Urban, Leiter der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale NRW e.V., beschreibt ein Beispiel, wie eine Betrugsmasche ablaufen kann: Eine Verbraucherin stieß auf eine vermeintlich seriöse Tradingplattform, die über eine professionell gestaltete, aber mutmaßlich gefälschte Webseite beworben wurde. Die Plattform wirkte vertrauenswürdig, sodass sie einen Account eröffnete und 250 Euro investierte.
Zunächst schien alles vielversprechend: Die Gewinne stiegen moderat an, sodass die Verbraucherin weitere 5000 Euro einzahlte. Doch als sie sich Geld auszahlen lassen wollte, gab es plötzlich Probleme. Die Plattform verlangte weitere Zahlungen für einen sogenannten “Cashflow-Nachweis”, der angeblich zur Einhaltung von Geldwäschebestimmungen notwendig sei. Dazu sollte die Verbraucherin 15.000 Euro auf das Konto überweisen, die noch am selben Tag zurücküberwiesen würden. Also überwies die Verbraucherin das Geld. Es wurde jedoch nicht zurücküberwiesen, sondern die 15.000 Euro samt vorherigem Einsatz und vermeintlichem Gewinn (insgesamt 92.000 Euro) eingefroren. Die Begründung: Weil sie von einem nicht regulierten Handelskonto stammten, müssten sie erst deklariert werden. Da dämmerte es der Verbraucherin, dass ihr gesamtes investiertes Geld weg war.
“Dauerbrenner”: Unseriöse Tradingplattformen
Doch die Betrugsmasche ging noch weiter: Wenig später meldete sich ein Unternehmen aus Singapur bei der Verbraucherin. Man versprach, ihr Geld zurückzuholen – allerdings nur gegen Vorkasse. Sie sollte über 13.000 Euro für angebliche Steuern im Voraus entrichten, bevor sie ihr Geld zurückerhalten würde. Da sie von diesem Anbieter noch nie zuvor gehört hatte, lehnte sie ab und stellte klar, dass sie kein Geld zahlen würde. Danach brach der Kontakt ab.
“Definitiv sind unseriöse Tradingplattformen ein ‘Dauerbrenner'”, sagt Christian Urban, Leiter der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale NRW. “Wir erhalten regelmäßig Fälle von Verbrauchern, die “vorn vorn bis hinten” betrogen wurden – vom Investment selbst über das Nachschießen von Geldern bis hin zu falschen Anwälten, die versprechen, das Geld zurückzuholen. Besonders häufig handele es sich dabei um Kryptowährungen oder CFDs – Finanzprodukte, die für Laien schwer verständlich sind.
Diese Betrüger gehen gezielt vor, um das Vertrauen der Anleger zu gewinnen. Sie locken mit kleinen, realistisch erscheinenden Gewinnen, um die Anleger zu größeren Investitionen zu verleiten – wie in dem oben geschilderten Fall der Verbraucherin. Doch wenn es an die Auszahlung geht, tauchen immer neue Hürden auf. Weitere Zahlungen werden verlangt, Konten eingefroren oder versprochene Auszahlungen bleiben aus.
Gefälschte Werbung: Vorsicht in sozialen Netzwerken
Eine weitere beliebte Masche ist die Täuschung durch gefälschte Werbung, vor allem in sozialen Netzwerken. “Immer wieder erhalten wir Meldungen von Fake-Videos, in denen Prominente angeblich für hoch lukrative Investments werben. Diese Videos entstehen häufig mithilfe von KI”, erklärt Urban. Die manipulierten Inhalte wirken glaubwürdig, sodass viele Menschen in die Falle tappen und in die beworbenen Anlagen investieren – oft mit fatalen Folgen.
Dabei bedienen sich die Betrüger häufig manipulierter Werbung, die auf Nachrichtenportalen geschaltet wird und wie redaktionelle Beiträge aussieht. So berichten angeblich Prominente wie Helene Fischer oder Markus Lanz von ihren vermeintlichen Erfolgen und einer “todsicheren” Kapitalanlage. Über einen Link gelangen die Verbraucher dann auf die betrügerische Plattform, wo sie von einem “Berater” betreut werden. Dort läuft es dann oft ähnlich ab wie oben beschrieben: Zunächst sehen sie erste Gewinne – natürlich nur virtuell. Dann drängt der “Berater” dazu, noch mehr Geld zu investieren. Und sobald sich die Anleger Geld auszahlen lassen wollen, gibt es plötzlich Probleme. Oft merken die Verbraucherinnen und Verbraucher erst dann, dass sie einem Betrug aufgesessen sind.
So auch im Fall eines Ehepaares, über den die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen berichtete: Wegen eines angeblichen Youtube-Videos von Peter Maffay investierte die Familie 1275 Euro. Innerhalb kurzer Zeit wuchs das Konto auf fast 4000 Euro an. Der Broker drängte darauf, mehr zu investieren. Als das Ehepaar das Geld abheben wollte, blieb das Guthaben jedoch eingefroren.
So erkennen Sie Betrug
Betrügerische Anlageangebote tarnen sich oft geschickt als seriöse Investitionsmöglichkeiten. Doch bei genauerem Hinsehen lassen sich in vielen Fällen typische Warnzeichen erkennen. Die Verbraucherzentrale hat einige wichtige Hinweise zusammengestellt, wie Sie Betrug frühzeitig identifizieren können:
- Unrealistische Gewinnversprechen: Angebote, die schnellen Reichtum ohne Risiko versprechen, sind fast immer unseriös.
- Fehlende Transparenz: Achten Sie auf ein vollständiges Impressum und Angaben zu einer zuständigen Finanzaufsicht.
- Druck und Drängen: Wenn Ihnen schnell Geld abverlangt wird oder Sie unter Druck gesetzt werden, misstrauen Sie dem.
- Prominentenwerbung: Überprüfen Sie, ob Prominente tatsächlich in Interviews oder Werbespots aufgetreten sind. Seriöse Nachrichtenportale erkennen Sie an der URL.
- Englischsprachige Geschäftsbedingungen: Eine angeblich deutsche Plattform, die nur AGB auf Englisch bietet, ist häufig ein Warnsignal.
Vorsicht vor Betrug bei vermeintlich sicheren Festgeld-Angeboten
Nicht nur Tradingplattformen sind betroffen, auch vermeintlich sichere Anlageformen wie Festgeld geraten zunehmend ins Visier von Betrügern. “Im Gegensatz zu den schnellen Renditen bei Tradingplattformen wirken Festgeld-Angebote auf den ersten Blick glaubwürdig”, so Urban. Die Betrüger locken mit täuschend echten Websites und vermeintlich soliden Zinsen. Besonders tückisch: Die Zinssätze der angebotenen Festgelder sind oft nur leicht höher als die marktüblichen, sodass die Angebote seriös wirken.
So läuft die Betrugsmasche ab
1. Angebote über Fake-Webseiten oder angebliche Beratungsfirmen
Betrüger präsentieren täuschend echt wirkende Webseiten oder treten als Beratungsfirmen auf, die Festgeldanlagen vermitteln.
2. Realistische, aber leicht überdurchschnittliche Konditionen
Die beworbenen Zinssätze wirken attraktiv, aber nicht unrealistisch.
3. Gefälschte Formulare und Antragswege
Nach der Kontaktaufnahme erhalten Verbraucher realistisch aussehende Antragsformulare vermeintlicher Partnerbanken oder werden auf gefälschte Webseiten weitergeleitet, die wie die echte Seite der Bank aussehen.
4. Überweisung auf fremde Konten
Verbraucher werden aufgefordert, den Anlagebetrag oft – aber nicht immer – auf ein Konto mit einer ausländischen IBAN zu überweisen. Urban weist darauf hin, dass es auch Fälle gibt, in denen – unwissentlich oder nicht – deutsche Mittelsmänner (und damit eine deutsche IBAN) in den Prozess eingebunden werden.
5. Kontaktabbruch
Nach der Überweisung bricht der Kontakt meist ab. Mögliche Anzeichen:
- Online-Zugänge funktionieren nicht oder existieren gar nicht.
- Es wird behauptet, es gebe technische Probleme.
- Auszahlungen werden verschleppt oder verweigert.
Manchmal erhalten Betroffene noch einen gefälschten Kontoauszug, um sie weiter zu täuschen.
Beispiel: van Tilburg Consultancy
Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass die Firma “van Tilburg Consultancy” angeblich günstige Festgeldangebote bei Banken wie der Qliro Bank, der Collector Bank oder der Nordea Bank vermittelt. Auf Nachfrage der Verbraucherzentrale haben diese Banken jedoch bestätigt, keinerlei Geschäftsbeziehungen mit der van Tilburg Consultancy zu haben.
Recherchen zeigen weitere Hinweise auf Betrug: Die angeblichen Manager der Firma sind lediglich Stock-Fotos, und das Unternehmen hat keine Zulassung der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht).
Wie Sie sich schützen können
- Zinsen prüfen: Wenn ein Angebot deutlich besser ist als das von seriösen Kreditinstituten, sollten Sie skeptisch werden.
- Anbieter überprüfen: Stellen Sie sicher, dass die Vermittlungsfirma bei der BaFin registriert ist.
- Bankkontakt bestätigen: Fragen Sie direkt bei der angegebenen Partnerbank nach, ob eine Zusammenarbeit besteht.
- Keine voreiligen Überweisungen: Überweisen Sie keine Beträge an Konten, deren Seriosität Sie nicht zweifelsfrei geklärt haben.
Was tun, wenn Sie betroffen sind?
Wenn Sie auf Betrüger hereingefallen sind, sollten Sie schnell handeln:
- Kontaktieren Sie Ihre Bank: Bei Überweisungen gibt es oft nur ein enges Zeitfenster, um Ihr Geld zurückzuholen.
- Chargeback-Verfahren nutzen: Wenn Sie mit Kredit- oder Debitkarten bezahlt haben, können Sie Ihr Geld möglicherweise über ein Chargeback-Verfahren zurückerhalten.
- Anzeige erstatten: Melden Sie den Vorfall bei der Polizei und der Verbraucherzentrale.
- Keine weiteren Zahlungen leisten: Lassen Sie sich nicht dazu drängen, noch mehr Geld zu zahlen.
Generelle Tipps zur Vorbeugung
Anlagebetrug kann jeden treffen – doch mit der richtigen Vorsicht und einer kritischen Herangehensweise lassen sich Risiken minimieren. Die folgenden allgemeinen Tipps können dabei helfen, Betrüger von unseriösen Anbietern zu unterscheiden:
- Recherchieren Sie gründlich: Nutzen Sie Warnlisten der BaFin oder der Stiftung Warentest. Seien Sie bei Online-Bewertungen vorsichtig – viele sind gefälscht.
- Hinterfragen Sie das Geschäftsmodell: Überlegen Sie vor einer Investition: Warum sollte ein Unbekannter ausgerechnet Ihnen helfen, reich zu werden?
- Hinterfragen Sie das Investment: Seien Sie besonders skeptisch bei komplexen Produkten wie Kryptowährungen, CFDs oder anderen Derivaten.
- Vorsicht bei unrealistischen Renditen: Versprechen von garantierten oder außergewöhnlich hohen Renditen sind häufig ein Warnsignal für Betrug.
- Prüfen Sie die Seriosität des Anbieters: Kontrollieren Sie, ob der Anbieter bei einer Finanzaufsichtsbehörde registriert ist, und nehmen Sie Kontakt mit unabhängigen Experten oder Verbraucherschutzorganisationen auf.
- Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen: Betrüger versuchen oft, durch Zeitdruck schnelle Entscheidungen zu erzwingen.
- Schützen Sie Ihre Daten: Geben Sie Ihre Kontaktdaten nur an vertrauenswürdige Stellen weiter.