Anschlag in Magdeburg: So lief die Todesfahrt über den Weihnachtsmarkt ab – Kritik an Sicherheitskonzept | ABC-Z
Über einen Flucht- und Rettungsweg gelangte der Attentäter auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Er konnte problemlos ein- und ausfahren. Die Stadt verteidigt ihr Sicherheitskonzept. Es sei ein Fall, „der vielleicht nicht zu verhindern war“, sagt ein Stadtvertreter.
Wie konnte es zum Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt im Zentrum von Magdeburg mit fünf Toten und 200 Verletzten kommen? Am Tag nach der Todesfahrt geben die Behörden weitere Details bekannt – und werfen damit Fragen zum Sicherheitskonzept auf.
Um auf den Weihnachtsmarkt zu kommen, nutzte der Täter Taleb al-Abdulmohsen nach Angaben der Stadt einen Flucht- und Rettungsweg. Dieser war nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Notarzt und Feuerwehr sollten über diesen Weg bei Unfällen oder anderen Einsätzen auf dem Platz gelangen können, sagte Stadtvertreter Ronni Krug am Samstag bei einer Pressekonferenz.
Der Schilderung des Einsatzleiters, Tom-Oliver Langhans, Direktor der Polizei Magdeburg, zufolge vollzog sich der Anschlag binnen drei Minuten:
- Um 19.02 Uhr sei der Fahrer mit seinem BMW am Fußgängerüberweg „mit langsamer Geschwindigkeit“ in den Flucht- und Rettungsweg in Richtung des Alten Marktes gefahren.
- Dann beschleunigte der Mann auf dem Weihnachtsmarkt, verletzte dort 200 Menschen und tötete vier Erwachsene und ein neunjähriges Kind.
- Ein Video, das online kursiert, zeigt, wie der Fahrer durch die Gasse rast und Menschen überfährt.
- Der MDR hatte am Freitag einen Polizeisprecher zitiert, dass der Täter mit dem Auto „mindestens 400 Meter über den Weihnachtsmarkt“ gefahren sei.
- Er bog dann von dem Markt ab auf die Ernst-Reuter-Straße und wurde dort von der Polizei gestellt, nachdem das Auto um 19.05 Uhr verkehrsbedingt anhalten musste.
- Die eigentliche Festnahme sei unmittelbar danach erfolgt.
Stadtvertreter Krug verteidigte auf der Pressekonferenz das Sicherheitskonzept und die Möglichkeit, dass der Mann überhaupt mit dem Auto auf den Markt gelangen konnte, der an zwei Stellen nicht mit Betonpollern gesichert war. Am offenen Rettungsweg seien mobile Einsatzkräfte der Polizei stationiert gewesen. Die Wege seien daher nicht ungeschützt gewesen, argumentierte Krug.
Auf Nachfrage von Journalisten, warum in anderen Städten lückenlose Sicherung möglich sei, nicht aber in Magdeburg, rechtfertigte Krug das Vorgehen: Das Konzept habe sich „über lange Jahre bewährt“. Der Täter habe „Rettungswege und Fluchtgassen ausgenutzt“.
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Zu Beginn der Pressekonferenz hatte er mitgeteilt, dass das Sicherheitskonzept der Stadt zuletzt am 24. November als Reaktion auf die Messerattacke von Solingen „verschärft“ worden sei, ohne dies näher zu erläutern.
Es gehe immer auch darum, sicherzustellen, dass die Besucher nicht nur geschützt werden, sondern das Gelände im Gefahrenfall auch zügig verlassen könnten, argumentierte er. Das Konzept sei „mit sämtlichen Behörden abgestimmt“ gewesen und werde „auch dieses Mal wieder überarbeitet“, da es sich um ein „fließendes Konzept“ handle.
Auf die Frage nach seiner Bewertung angesichts der Toten und Verletzten sagte Krug: „Ich halte unser Sicherheitskonzept für gut, da es abgestimmt gewesen ist.“ Weiterhin erklärte er wörtlich: „Wir haben es mit einem Fall zu tun, mit dem kein Veranstalter rechnen konnte, der vielleicht auch nicht zu verhindern war.“