Ex-BSI-Chef Schönbohm legt Zweites Deutsches Fernsehen-Intendant Himmler Rücktritt nahe | ABC-Z
Nach dem Urteil des Landgerichts München, das dem ZDF und Jan Böhmermann vier von fünf Aussagen über ihn im „ZDF Magazin Royale“ und auf zdf.de verbot, hat der frühere Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, dem Intendanten des ZDF, Norbert Himmler, den Rücktritt nahegelegt.
ZDF-Chef sei seiner Dienstaufsichtspflicht nicht gerecht geworden
Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ sagte Schönbohm auf die Frage, was er vom Intendanten des ZDF erwarte: „Dass er erklärt, was er tut, damit so etwas nicht noch einmal geschieht. Ich glaube aber auch, dass er seiner Dienstaufsichtspflicht nicht gerecht wird, und daraus ergibt sich die Konsequenz.“ Ob diese seines Erachtens in einem Rücktritt bestehe, wollte die Zeitung von ihm wissen. „Das“, sagte Schönbohm, „entscheiden die zuständigen Gremien. Aber wenn man während des russischen Angriffskriegs den Präsidenten einer nationalen Sicherheitsbehörde derart beschuldigt, da kann man schon auf den Gedanken kommen, dass er seinen Laden nicht im Griff hat.“
Jan Böhmermann hatte Schönbohm, der kurz nach der Sendung vom 7. Oktober 2022 von seinem Posten abberufen wurde, eine – unwissentliche – Nähe zu Kreisen nachgesagt, die mit russischen Geheimdiensten verflochten seien und ihn als „Cyberclown“ und vermeintliche Gefahr für die Cybersicherheit in Deutschland lächerlich gemacht. Der Beitrag kam, so Schönbohm in der „Süddeutschen“, „wenige Tage, nachdem Nord Stream 2 gesprengt worden war. In dem Moment wird dem Präsidenten der nationalen Cybersicherheitsbehörde unterstellt, er sei im Kontakt mit russischen Spionen. Da erwarte ich, dass so ein Beitrag auf Herz und Nieren geprüft wird. Insgesamt muss ich sagen: Dieser ZDF-Beitrag gefährdete Deutschlands Sicherheit, er hätte überhaupt nicht erscheinen sollen.“
„Die ganze Welt hat diesen Unsinn geglaubt“
Er hätte erwartet, dass ein solcher Beitrag vom ZDF besser geprüft würde: „Und zwar nicht nur durch diese Redaktion, die bekanntlich auf Skandal und Quote setzt, sondern durch qualifizierte Stellen, die wir mit unseren Gebühren bezahlen. Ungeprüft wurden offenbar Behauptungen von einer ,Unterhaltungssendung‘ eins zu eins in die Hauptnachrichten des ZDF übernommen. Die ganze Welt hat diesen Unsinn daher geglaubt. Herr Böhmermann ist das eine, der öffentlich-rechtliche Rundfunk das andere.“
Schönbohms Urteil über den ZDF-Unterhalter ist eindeutig: „Im Mittelalter gab es einen Pranger, heute gibt es Jan Böhmermann. Das vernichtet Menschen. Und das von unseren öffentlich-rechtlichen Gebühren. Der Unterschied ist, er hat Spaß daran. Seine Reaktion zum Urteil spricht für sich.“
„Das vernichtet Menschen … er hat Spaß daran“
Auf der Nachrichtenplattform Mastodon hatte Böhmermann die Entscheidung des Landgerichts München mit den Worten kommentiert, die „Recherche“ seines Magazins stehe, alle Fakten stimmten, „unsere Meinung zur mangelnden Eignung als BSI-Präsident bleibt unverändert und ist gut begründet“. Zwei Formulierungen habe das Gericht als „unzulässig mehrdeutig“ bewertet (zwei weitere stammten vom ZDF). Schönbohms Schadenersatzansprüche seien zurückgewiesen worde, er trage einen Großteil der Gerichtskosten. „Alles andere ist Schaum bzw. Quatsch bzw. Clickbait.“
Das ZDF betonte, die Einschätzung, „die Cybersicherheit in Deutschland ist in Gefahr, und zwar durch den Chef der Cybersicherheit in Deutschland“, sei als zulässige Meinungsäußerung bewertet worden. In der Sendung seien bewusste Kontakte Schönbohms zur russischen Diensten „gar nicht – weder direkt noch indirekt – behauptet worden“.
Tatsächlich hat die 26. Zivilkammer am Landgericht München dem ZDF und Böhmermann vier Äußerungen untersagt, die dem früheren BSI-Chef Schönbohm, – unbewusste oder fahrlässige – Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten unterstellten (Az. 26 O 12612/23). Diesen Eindruck rief das „ZDF Magazin Royale“ auch durch geschickte Weglassungen hervor. So war Schönbohm aus dem „Cyber-Sicherheitsrats Deutschland e. V.“, in dem eine im ZDF als russlandkontaminiert bezeichnete Firma Mitglied war, vier Jahre vorher ausgetreten, bevor das besagte Unternehmen dort Mitglied wurde. Eine Rede auf einer Jubiläumsfeier des „Cyber-Sicherheitsrats Deutschland“ hatte Schönbohm erst gehalten, nachdem ihm das Bundesinnenministerium diese ausdrücklich genehmigt hatte. Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) berief Schönbohm gleichwohl kurz nach der Böhmermann-Show von seinem Posten ab.
Was Böhmermann, dessen Sendungen wiederholt vor Gericht landen, dem ZDF wert ist, hatte die „Welt am Sonntag“ im September des vergangenen Jahres herausgefunden: Der Sender habe mit dem Komiker einen mit jährlich 651.000 Euro plus Mehrwertsteuer dotierten Vertrag abgeschlossen. Bis 2025 solle die Summe auf 713.000 Euro pro Jahr steigen
Das Landgericht München habe nun klargestellt, sagte Arne Schönbohm nach der Verhandlung am vergangenen Donnerstag, dass das ZDF „falsche Tatsachen“ verbreitet habe. Die „mediale Hinrichtung“ habe für ihn und seine Familie massive Folgen gehabt. Seine Kinder seien auf der Straße gefragt worden, ob ihr Vater ein russischer Spion sei. Und er habe Morddrohungen erhalten.
Die Gerichtsentscheidung ist noch nicht rechtskräftig.