Politik

CNN sitzt in Syrien einem falschen Häftling auf | ABC-Z

Der amerikanische Fernseh­sender CNN hat bekannt gegeben, dass ein Mann, der in einem zuvor veröffentlichten Filmbeitrag als ein befreiter Gefangener der gestürzten Assad-Regierung in Syrien vorgestellt worden war, von Zeugen als Geheimdienstoffizier des Regimes identifiziert wurde.

Die bewegenden Bilder hatte CNN am 12. Dezember gezeigt. Sie entstanden, als Clarissa Ward, eine Chefkorresponden­tin des Senders, in Begleitung bewaffneter Kämpfer in einem Gefängnis in Damaskus nach dem amerikanischen Journalisten Austin Tice suchte, der 2012 in Syrien entführt worden war und bis heute vermisst wird. In dem Filmbeitrag stoßen Ward und ihre Begleiter in dem Gefängnis auf eine von außen mit einem Vorhängeschloss versperrte Zelle. Nachdem das Schloss durch einen Schuss aufgebrochen war, fanden sich im Inneren einer geräumigen Zelle eine Decke und darunter ein Mann, der sich als Zivilist ausgab.

Er heiße Abdel Ghurbal, so seine Aussage in dem Beitrag, komme aus der Stadt Homs und habe vom Sturz Assads am 8. Dezember gar nichts mitbekommen. Er sei seit drei Monaten eingesperrt, und dieses Gefängnis das dritte, in dem man ihn gefangen halte.

Der Mann, der sich Abdel Ghurbal nannte, im Moment seiner Entdeckung in einer verschlossenen Zelle in DamaskusCNN

Doch nach Angaben von CNN wurde der Sender am 16. Dezember von einem Einwohner von Homs auf ein Foto aufmerksam gemacht, das denselben Mann in Militärkleidung am Schreibtisch eines Büros der Assad-Regierung zeige. Gesichtserkennungssoftware habe die Identität mit dem Mann aus der Zelle in Damaskus mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent bestätigt, berichtet ein noch am gleichen Tag auf der Website von CNN veröffentlichter Artikel. Der wahre Name des Mannes sei dem Zeugen zufolge Salama Mohammad Salama, und es handele sich um einen Leutnant des Geheimdienstes der syrischen Luftwaffe un­ter Assad.

Für Erpressung und Drangsalierung berüchtigt

Mehrere Einwohner von Homs hätten dem Sender daraufhin bestätigt, dass es sich um Salama handelt. Auch bekannt als „Abu Hamza“, habe er Kontrollposten des Luftwaffengeheimdienstes kontrolliert und sei für Erpressungen und Drangsalierungen berüchtigt gewesen. Wie der Mann in die Zelle in Damaskus kam, sei unklar, so CNN weiter, unbestätigten Gerüchten zufolge sei seine Inhaftierung die Folge von Konflikten mit vorgesetzten Offizieren über die Verteilung erpresster Gelder gewesen.

Der aktuelle Verbleib des Mannes ist unbekannt. Die Kämpfer, die Clarissa Ward in Damaskus begleitet hatten, so CNN, hätten ihn dem syrischen Roten Halbmond übergeben. Die Hilfsorganisation habe auf Nachfrage ange­geben, ein befreiter Häftling sei zu Verwandten in Damaskus gegangen. Mit welcher Sicherheit es sich dabei um Salama alias Abdel Ghurbal handelt, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Bilder zum Teil inszeniert?

Inzwischen sind auch Vorwürfe laut geworden, die Aufnahmen in der Zelle in Damaskus seien zumindest teilweise inszeniert gewesen. Diesen Vorwurf hat laut France 24 ein syrischer Journalist auf der Plattform X erhoben, der unter an­derem für den französischen Sender ar­beitet. France 24 zeigte am Dienstag auch Bilder von Protesten syrischer Frauen gegen den Bericht von Clarissa Ward. Gegenüber der Zeitung „Liberation“ wies CNN alle Anschuldigungen gegen seine Reporterin zurück. Die Filmaufnahmen in ihrem Beitrag seien authentisch und in keiner Weise inszeniert.

Schon so ist der Vorgang aber für CNN in hohem Maß peinlich, sollte sich die Identität des Mannes aus der Zelle in Damaskus mit dem Geheimdienstleutnant Salama abschließend bestätigen.

Allein die von dem Sender veröffentlichten Filmaufnahmen lassen Zweifel auf­kommen, ob die Programmverantwort­lichen vor der Veröffentlichung auf den Ge­danken gekommen sind, ihre Repor­terin könnte hier einem Lügner aufgesessen sein. Das alles andere als ver­wahr­loste Erscheinungsbild des Häftlings sowie die saubere warme Jacke, die er trug, als Ward und ihr Team auf ihn stießen, hätten stutzig machen und zumindest zu ei­ner vorsichtigeren Prä­sentation des Bildmaterials anregen müssen.

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