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Kanadas Kabinett kriselt vor Trump: Justin Trudeau schwimmen die Felle weg | ABC-Z

Berlin taz | Nach dem Rücktritt seiner bisherigen Finanzministerin und Vizepremierministerin sieht sich Kanadas Regierungschef Justin Trudeau in der schwersten politischen Krise seiner Amtszeit. Chrystia Freeland, die über Jahre hinweg als engste Verbündete und Parteifreundin Trudeaus innerhalb der Liberalen Partei angesehen wurde, hatte am Montag in einem öffentlichen Schreiben ihren Rückzug aus dem Kabinett erklärt. Lediglich ihr Abgeordnetenmandat werde sie noch behalten, erklärte die 56-Jährige.

Als unmittelbaren Grund nannte sie massive Meinungsverschiedenheiten mit Trudeau über den Umgang mit der kommenden Regierung Donald Trumps in den USA. Trump hatte erklärt, gegen Mexiko und Kanada jeweils Strafzölle in Höhe von 25 Prozent für alle Importe aus diesen Ländern verhängen zu wollen. Damit wolle er die Regierungen zwingen, gegen illegale Grenzübertritte von Mi­gran­t*in­nen und Drogenschmuggel vorzugehen.

Kanada müsse diese Bedrohung seiner Wirtschaft absolut ernst nehmen, erklärte Freeland – aber genau das vermisse sie in den jüngsten Ankündigungen von Premier Trudeau. Der hatte – nach Einschätzung von Kri­ti­ke­r*in­nen ausschließlich, um seine niedrigen Beliebtheitswerte etwas aufzubessern – kürzlich angekündigt, für zwei Monate die Umsatzsteuer für zahlreiche Waren des täglichen Bedarfs auszusetzen. Zudem wollte er allen Ka­na­die­r*in­nen mit einem Haushaltseinkommen unter 105.000 kanadischen Dollar (umgerechnet rund 70.000 Euro) einen Scheck über umgerechnet 165 Euro zukommen lassen – was das Staatsdefizit auf über 61 Milliarden kanadische Dollar hätte anwachsen lassen. Freeland hatte als Finanzministerin stets auf einem maximalen Defizit von 40 Milliarden beharrt.

Vor allem in der derzeitigen Situation müsse sich die Regierung finanzpolitische Handlungsfähigkeit bewahren, um mit der Bedrohung durch Trump umzugehen, sagte Freeland. Bereits am vergangenen Freitag hatte Trudeau sie deshalb als Finanzministerin entlassen, aber darum gebeten, in anderer Funktion Teil seines Kabinetts zu bleiben. Dem erteilte Freeland nunmehr eine Absage: Offensichtlich sei das Vertrauen verloren, das sie benötige, um im Kabinett eine Rolle zu bekleiden. Auch Wohnungsbauminister Sean Fraser kündigte am Montag seinen Rücktritt an.

Trip zu Trump ohne Freeland

Freeland hatte schon während Trumps erster Amtszeit federführend die kanadisch-US-amerikanischen Beziehungen gestaltet. Unter anderem hatte sie das in den 1990er Jahren unterzeichnete Freihandelsabkommen Nafta zwischen Kanada, den USA und Mexiko neu verhandelt.

Auch jetzt hatte Trudeau sie zunächst mit den Vorbereitungen auf eine zweite Trump-Regierung beauftragt. Als er dann jedoch vor einigen Wochen selbst nach Mar-a-Lago in Florida reiste, um Trump – erfolglos – von den Zollideen abzubringen, nahm er Freeland nicht mit.

Der konservative Oppositionsführer Pierre Poiliere, in den Umfragen derzeit rund 20 Prozentpunkte vor Trudeau, forderte Trudeau nun selbst zum Rücktritt und schnellstmöglichen Neuwahlen auf. Spätestens im Oktober nächsten Jahres muss in Kanada ohnehin neu gewählt werden.

Justin Trudeau, der im Parlament auf wechselnde Allianzen angewiesen ist, will gern als erster kanadischer Premier für vier Amtszeiten gewählt werden und hat bislang keine Anstalten zum Rücktritt gemacht. Ob es dabei bleiben kann, wird davon abhängen, ob er im Parlament eine Mehrheit für einen Haushalt zusammenbekommt.

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