Skispringer Pius Paschke und deutsche Erfolge: „Wahnsinn. Es läuft leicht“ | ABC-Z
Es war Nacht in Zhangjiakou in der chinesischen Provinz Hebei, 100 Kilometer nordwestlich von Peking, als Katharina Schmid der bisher beste Sprung der Saison gelang. Auf der kleinen Olympiaschanze von 2022 landete die deutsche Skispringerin, 28 Jahre alt, am Samstag erst nach 106 Metern und erhielt zudem großartige Noten.
Mit ihrem zweiten Flug distanzierte sie die Konkurrenz mit einem Abstand von 27 Punkten, das entspricht 15 Metern. Eine solche Dominanz ist auf einer Kleinschanze außergewöhnlich.
Es war ebenfalls dunkel in Titisee-Neustadt, als das bayerische Phänomen Pius Paschke, 34 Jahre alt, ein Polizeiobermeister aus Kiefersfelden im Inntal, am Samstag einen hoch benoteten Telemark in den Auslauf der Hochfirstschanze setzte. Zweimal erhielt er die 19,5 – die Idealnote ist die von den Sprungrichtern selten gezückte 20 –, dreimal benoteten die Juroren Paschkes Flug auf 144 Meter, den weitesten des Abends, mit 19,0.
Im Flow seines Lebens
Der Vorsprung von 6,4 Punkten auf den ebenfalls herausragend springenden Schweizer Gregor Deschwanden war deutlich. Damit ging der Sieg erneut an Paschke, es war bereits der vierte im siebten Wettkampf dieses Winters. Hinzu kommen ein zweiter und ein dritter sowie ein siebter Platz.
Paschke gewann zudem am Freitag mit Andreas Wellinger, der am Samstag Vierter wurde, den Single-Mixed-Wettbewerb im Schwarzwald, in dem zwei Springer einer Nation antreten. Ein neues Format, das auch 2026 bei den Olympischen Spielen von Cortina d’Ampezzo anstelle des traditionellen Vierer-Teamwettbewerbs im Programm sein wird. Paschke und Wellinger distanzierten die in dieser Saison ebenfalls starken Österreicher Daniel Tschofenig und Jan Hoerl um gewaltige 23,3 Punkte.
Damit bestätigte sich ein Trend: Egal, wo derzeit gesprungen wird, ob bei den Frauen, den Männern oder im Team-Wettbewerb – in dieser Saison siegen zumeist die Deutschen. Denn auch Wellinger hat in diesem Winter bereits ein Einzelspringen gewonnen.
Vor allem Paschke, Vater von zwei kleinen Kindern, befindet sich im Flow seines Lebens. Das ist umso erstaunlicher, weil der Spätstarter Paschke erst mit 27 Jahren regelmäßiges Mitglied des A-Kaders des Deutschen Ski-Verbandes wurde. Davor hatten seine Leistungen nicht einmal mehr für das B-Team gereicht.
Eine solche Beharrlichkeit und Rückkehr nach vorn ist eine Rarität in der Welt des Skispringens, erst recht in diesem hohen Athletenalter. Seinen ersten und bis zum Beginn dieser Saison einzigen Weltcup-Sieg feierte Paschke ziemlich genau vor einem Jahr in Engelberg. Jetzt ist er der konstant Beste von allen. Paschke selbst sagt dazu: „Wahnsinn. Es läuft einfach.“
Er habe schon noch Arbeit zu verrichten, um den Zustand zu erreichen, „in dem mein Sprung funktioniert“, erzählte er in Titisee-Neustadt. Allerdings „so wenig wie noch nie für mich. Mir gelingt es relativ gut, den für mich wichtigen Zustand herzustellen.“
„Pius springt auf faszinierendem Niveau“
Paschkes einstiger Teamkollege Severin Freund beschreibt dessen Hochform im Gespräch mit der F.A.Z. so: „Du merkst, dass du gar nicht so viel dafür tun musst, dass du weit und schön springst, und dass du sogar von Sprung zu Sprung besser wirst. Du schwebst, das ist ein unglaubliches Gefühl. In diesem Zustand ist der Pius gerade.“
Paschke sei derzeit in der Lage, kleine Fehler so zu kaschieren, dass sie keine Auswirkungen hätten. Aktuell sei Paschke „im zweiten und dritten Flugdrittel überragend, seine Position in der Luft ist extrem effektiv und nicht anfällig für Windeinflüsse. Hinzu kommen sein starker Absprung und seine schöne Telemark-Landung“.
Darüber, dass sich derzeit alles fügt für Paschke, erstaunt auch dessen Teamkollege Wellinger: „Der Pius springt auf einem faszinierenden Niveau. Seine Sprünge gelingen, auch wenn sie scharf oder früh ausgelöst werden, er hat sein Setup beieinander. Deshalb fliegt er weit und gewinnt verdient.“
Die Gründe für das Hoch von Paschke und Katharina Schmid liegen auch in der ehrgeizigen Trainingsarbeit im Sommer begründet, der Feinabstimmung mit dem Material und daran, dass individuelle Baustellen geschlossen wurden. Im Fall von Paschke war es dessen zu große Aggressivität am Schanzentisch und bei Schmid vor allem die Beseitigung von Motivationsproblemen, die sie im Vorwinter plagten.
Am Sonntag bestätigte Schmid ihre Führungsrolle und gewann auch den zweiten Wettkampf in Zhangjiakou. Es war ihr dritter Saisonerfolg im vierten Springen, einmal belegte sie Rang zwei. Diesmal hatte Schmid 12,2 Punkte Vorsprung – auch das ist im Frauen-Skispringen eine Welt.