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Evangelische Landeskirche spart: Ebersberg büßt sein Weihnachtsmusical ein – Ebersberg | ABC-Z

Ob „Treffpunkt Stall“, „Räuber Horrificus“ oder „Spezialauftrag für einen Esel“ – mit diesen und anderen Stücken hat die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Ebersberg – Hohenlinden – Kirchseeon – Steinhöring, vor allem dank der engagierten Religionspädagogin Brigitte Hacker seit 2010 dafür gesorgt, dass für viele große und noch mehr kleine Menschen im Landkreis Weihnachtszeit auch Musical-Zeit ist.

Oder besser war. Denn dieses Jahr wird es weder in der Heilig-Geist-Kirche noch im Klosterbauhof ein Singspiel zu sehen und zu hören geben, bei dessen Vorbereitung sich in der Vergangenheit längst nicht nur evangelische Kinder zwischen sechs und 16 Jahren ab Oktober „mit dem christlichen Glauben auf lebendige Weise“ auseinandersetzten. So beschreibt der Geschäftsführer der Kirchengemeinde, Pfarrer Edzard Everts den Mehrwert, den dieses mit viel Herzblut und äußerst professionell realisierte Projekt den Mitwirkenden neben dem Spaß am gemeinsamen Tun bescherte.

Pfarrer Edzard Everts bedauert die Entwicklung, verweist aber auch auf gestiegene Kosten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Kürzungen vonseiten der Landeskirche sollen den Ausschlag gegeben haben. Auf Nachfrage antwortet Pressesprecherin Christine Büttner: „Frau Hacker hat neben der Haupttätigkeit im Religionsunterricht seit mindestens 2015/16 jeweils zwei Stunden aus dem sogenannten Ausweitungskontingent des Religionsunterrichts für Arbeit in der Kirchengemeinde bekommen.“ Dies sei eine sehr lange Zeit, denn eigentlich seien die Stunden aus diesem Kontingent nur für kurzfristige Überbrückungen gedacht und nicht mit einer offiziellen Stelle in der Gemeinde verbunden. „Das heißt, es handelt sich um außerplanmäßig finanzierte Unterstützung für die Gemeindearbeit, die zeitlich immer begrenzt ist.“ Aufgrund der Einsparvorgaben der Haushaltsplanung der Landeskirche, so die Sprecherin weiter, seien in mehreren Fällen in diesen Bereichen Stunden gekürzt oder gestrichen worden. „Insgesamt circa eine Vollzeitstelle.“

Die mögliche Alternative, eine Selbstfinanzierung auf Spendenbasis – wie von der Gemeinde oder sogar aus den Reihen der Eltern angeboten – könne sie sich derzeit nicht vorstellen, so Hacker. Hinzu komme, dass das Kinder-Musical auch privat sehr viel Zeit und Kraft koste. Darum sei für sie die berufliche Situation und Kürzung der Stunden „auch Anlass gewesen, einfach einmal Pause zu machen“.

Brigitte Hacker möchte nicht, dass für das Musical der Kinder deren Eltern aufkommen müssen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Everts bedauert die Entwicklung der Ereignisse sehr, sieht den Vorgang aber zugleich als „deutliches Signal, dass der schrumpfende Rückhalt der Kirchen in der Gesellschaft sich auch vor Ort deutlich spürbar bemerkbar“ mache. So habe es bereits vor zwei Jahren drastische Einsparungen im Personalbereich gegeben, Ebersberg habe 0,75 Pfarr-Planstellen verloren und Grafing ebenfalls 0,5.

Alles wird teurer, auch für die Kirche und mehr Geld gebe es nicht, so Pfarrer Edzard Everts

Auch im Bereich der Finanzen sehe die Sache wenig anders aus. „In meinen zehn Jahren in Ebersberg waren die Zuweisungen nominal zwar gleich.“ Berücksichtige man aber, dass 80 Prozent für Gehälter verwendet werden, „also in Menschen stecken, die unsere Kirche leben lassen, ob nun die Sekretärin oder der Hausmeister“, sei der Betrag aufgrund jährlicher Lohnsteigerungen im Endeffekt eben doch gesunken. Ganz abgesehen davon, dass Kosten für Lebensmittel oder Dienstleistungen ja auch nicht weniger geworden seien.

Was die generelle Haltung anbetrifft, betont Everts aber auch, dass man differenzieren müsse zwischen der „Abwendung von der Institution Kirche“ einerseits und dem Leben vor Ort. Großes Manko der Institution als solcher sei deren Anonymität und die Tatsache, dass Menschen sich fragten, was mit ihrem Geld passiert und warum sie jeden Monat etwas abgezogen bekämen, wenn sie eigentlich „nur hin und wieder“ die Kirche bräuchten.

Da ist der Gedankensprung nicht mehr fern zu einer „projektbezogenen“ Zahlung – für jede Hochzeit, Taufe oder Beerdigung. Die man sich dann leisten kann oder eben halt nicht. An diesem Punkt findet Everts allerdings deutliche Worte: „Das wäre ganz fatal, da würde ich nicht mitmachen. Der Zugang zu den Kasualien, also praktisch zur Liebe Gottes, darf nicht vom Einkommen abhängen!“

Brigitte Hacker wird dem Team des Kindergottesdienstes erhalten bleiben

So weit ist es zum Glück noch nicht – ebenso wenig wie sich der Verteilerschlüssel der Gelder der Landeskirche am Einkommen der einzelnen Gemeinden orientiert. „Das solidarische System macht kein Unterschied zwischen unserem reichen Oberbayern und strukturschwachem Raum in der tiefsten Oberpfalz. Und das soll auch so sein!“

Everts legt außerdem Wert auf die Feststellung, dass man in seinem Sprengel, obwohl auch hier nur knapp die Hälfte der Menschen überhaupt konfessionell gebunden sei, die Kirche als Teil der Gesellschaft versteht. „Hier feiert man gern mit uns, lädt uns gern mit ein.“ Angefangen von den Kommunalpolitikern „egal, welcher Fraktion“, bis hin zu den Vereinen. „Und als unsere Glocken kaputt waren und saniert werden musste, bestanden sogar drei Viertel der Spender nicht aus Mitgliedern unserer Kirchengemeinde, sondern aus Menschen, denen das wichtig ist.“

Wichtig ist Brigitte Hacker, dass ihre Verbindung zur Gemeinde, auch wenn das Musical dieses Jahr entfällt, nach wie vor eine intensive ist. Weiterhin wird sie ehrenamtlich das Team des Kindergottesdienstes leiten, „weil dort das ganze Jahr über Kinder begleitet werden – mit dem Ergebnis, dass auch immer wieder viele Erwachsene mit ihren Kindern teilnehmen“.

Everts ist dafür sehr dankbar. „Brigitte ist einfach eine tolle Religionspädagogin und versteht es immer wieder, neue Menschen für den Bereich zu begeistern, wie etwa die Konfirmandinnen, die nach einem Praktikum dabeibleiben, bis der Schulstress zu groß wird oder Eltern mit jungen Kindern.“ Was die Zukunft des Musicals anbetrifft, so hofft er, dass sich im nächsten Jahr ein Weg findet, wie es wieder stattfinden kann.

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