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Supertramp-Gründer Rick Davies wird 80 | ABC-Z

Ende 1979, auf dem Höhepunkt ihres Welterfolgs, nahm die britische Band Supertramp ein Livealbum in Paris auf, und von der Bühne herab erinnerte sie die übervolle Halle daran, dass sie bei ihrem ersten Auftritt in Frankreich, nur knapp fünf Jahre früher (im dann 2015 durch den Terroranschlag leider berüchtigt gewordenen „Bataclan“), vor gerade einmal acht zahlenden Gästen gespielt hatte, von denen wiederum sechs vom französischen Veranstalter für ihr Kommen bezahlt worden waren. „Just a Normal Day“ war damals das Auftaktstück gewesen – und noch tatsächlich normal, dass sich niemand für Supertramp interessiert hatte, obwohl das Album „Crime of the Century“, mit dem die Band ihren Durchbruch erleben sollte, kurz vorher erschienen war.

Bei „Just a Normal Day“, das erst auf der folgenden Platte „Crisis? What ­Crisis?“ veröffentlicht werden sollte, teilen sich den Gesangspart jene zwei Männer, die man mit Supertramp verbindet: Roger Hodgson und Rick Davies. Beide spielten seit 1969 zusammen, als Davies per Annonce Mitstreiter für eine Band gesucht hatte, die im Jahr darauf dann den Namen Supertramp bekam – als Zeichen der Sympathie für die antibürger­liche Gegenkultur der späten Sechziger. Pink Floyd und King Crimson hatten ­damals in England mit ihren frühen ­psychedelischen Konzeptalben das ausgelöst, was fortan Progressive Rock genannt wurde. Und „Crime of the Cen­tury“ war nach zwei früheren Versuchen und einer kompletten Neubesetzung, die vom ursprünglichen Supertramp-Personal nur Davies und Hodgson übrig gelassen hatte, das erste Werk der Band, das diesem Trend entsprach. Auf ihm firmierten denn auch Davies und Hodgson erstmals als angeblich untrennbares Songwriter-Duo – Lennon/McCartney oder Jagger/Richard ließen marketingtechnisch grüßen.

Seine Solo-Karriere war ein Segen für ihn

Aber es blieb immer unüberhörbar, wer von beiden welchen Anteil am rasch wachsenden Liedkatalog von Supertramp hatte, denn Hodgson und Davies sangen in ihren charakteristischen Tonfällen (bis ins Falsett reichender Tenor der Erstere, knarziger Bariton der Letztere) jeweils nur eigene Kompositionen, und wenn es zur Freude der Fans bei einigen Stücken Wechsel­gesang gab, legten beide Wert darauf, für ihre Parts zumindest die Texte selbst zu schreiben. Auf den Platten wurde solche Chancengleichheit für die untrennbaren Einzelgänger zum Prinzip: Nach einem Lied von Davies kam eines von Hodgson und umgekehrt. Selbst die Konzerte folgten dieser Dramaturgie.

Nur dass Hodgson die großen Hits der Band verantwortete („Dreamer“, „Give a Little Bit“, „The Logical Song“, „Breakfast in America“, „It’s Raining Again“), während Davies zwar das traditionelle Abschlusslied aller Supertramp-Auftritte geschrieben hatte („Crime of the Cen­tury“), doch ansonsten eher anspruchsvollere, aber eben auch weniger populäre Songs wie „Rudy“, „From Now On“, „Gone Hollywood“ oder „Waiting So Long“. Dass es Hodgson war, der nach dem letzten gemeinsamen Album, „Famous Last Words“, eine Solokarriere antrat, war folgerichtig. Und ein Segen für Davies.

Denn der schrieb danach allein das komplette Songmaterial für „Brother Where You Bound“, die abwechslungsreichste Supertramp-Platte, mit dem der Rest der Band 1985 auf das im Jahr zuvor erschienene Hodgson-Album „In the Eye of the Storm“ antwortete. Pikanterweise holte Davies als Gitarristen für das Titelstück David Gilmour von Pink Floyd ins Studio – Vorbild ersetzte Abtrünnigen. Und obwohl beide Platten mit dem für Supertramp charakteristischen Elek­troklavier anhoben und die gewohnt weitgespannten Liedbögen boten (Hodgson ging an die Neun-Minuten-Grenze, Davies übertraf gar sechzehn), zeigte sich, wer der wahre Erbe der Bandtradition war: nicht die markantere Stimme, sondern der bessere Songwriter.

Allerdings ließ der niemanden mehr neben sich gelten, so dass fortan die Hits fehlten; nach vier Alben ohne Hodgson und ohne Erfolg löste Rick Davies Supertramp auf – als Gründer der Band bat er die verbliebenen Kollegen gar nicht erst um deren Meinung. Immerhin muss man ihm hoch anrechnen, seitdem nicht auf der Revival-Welle zu schwimmen, die ­etliche alternde Stars der Vergangenheit unter ihren berühmten Bandnamen zurück auf kleine Bühnen gespült hat. Einmal Bataclan vor acht zahlenden ­Besuchern, das hat Davies mit Supertramp gereicht. An diesem Montag wird er achtzig Jahre alt.

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