Was sind die Probleme des Massentourismus in Barcelona? | ABC-Z
Auch in Deutschland gehen die Berichte über die Demonstrationen gegen den Massentourismus durch die Medien. Während einzelne Anwohner ihrer ohnmächtigen Frustration auf unschöne Weise Luft machen, schütteln die nichtsahnenden Touristen verständnislos den Kopf. Was ist los in Barcelona?
Welche Probleme entstehen in der Stadt durch den Massentourismus und welche Maßnahmen ergreift Barcelona dagegen?
Der Massentourismus ist kein neues Problem. Schon vor der Pandemie berichteten Zeitungen und Fernsehsender von den überquellenden Straßen in Barcelona, Amsterdam oder Venedig (Sommer Sonne Urlaubsglück – eine Reportage von ZDF Zoom zum Thema Massentourismus). Die durch das Virus verursachte Zwangspause brachte nur kurze Erholung. Längst sind die Besucherzahlen wieder auf Vor-Pandemie-Niveau angelangt.
Wie viele Besucher hat Barcelona im Jahr?
Die Olympischen Spiele 1992 sind für Barcelona ein großes Davor und Danach. Seit den Spielen stieg die Zahl der Besucher um von rund 1 Mio pro Jahr auf viele Millionen, jedes Jahr werden es mehr. Zu den meist per Flugzeug anreisenden Besuchern gesellen sich die Tagestouristen der Kreuzfahrtschiffe hinzu, die die Rambla hoch und runterlaufen und sich Gaudís bunte Bauten ansehen wollen, ehe sie auf ihrer Check-List ein Häkchen hinter Barcelona machen. Die Zahlen der Touristenmassen, mit denen Barcelona angeblich zu kämpfen hat schwanken also von 7 Mio bis 30 Millionen, je nachdem ob man die Übernachtungen oder Ankünfte am Flughafen und am Kreuzfahrtterminal zählt, ob der Großraum Barcelona oder nur die Stadt erfasst wird, und ob nationaler und internationaler Tourismus getrennt oder zusammen aufgeführt wird. (Quellen Ayuntamiento , IDESCAT, INE )
Welche Probleme verursacht Massentourismus?
Das Problem bei den Touristen, die mit dem Schiff kommen ist, dass sie oft nichts konsumieren, weder Restaurants noch Markt oder Supermarkt aufsuchen, weil sie auf ihrem Kreuzfahrtschiff all-inklusive bezahlt haben. Lediglich der Müll dieser Massen, sowohl Abfall als auch C02 Ausstoß der Schiffe bleibt in Barcelona. Diejenigen die ein paar Tage länger bleiben, finden oft Ferienapartments attraktiver als Hotels. Das hat nur leider zur Folge, dass viele Leute, und da müssen sich die Barcelonesen auch an die eigene Nase fassen, lieber kurzfristig an Touristen, als langfristig an einheimische Familien oder Studenten zu vermieten, denn Ferienvermietungen sind deutlich lukrativer.
Gerade musste der neue Bürgermeister Collboni viel Kritik einstecken, weil er den Park Güell für eine Modenschau und den Passeig de Gràcia für eine Formel-1 Show umfunktionieren ließ und gleichzeitig die Begrünung der Stadt durch Ada Colaus Superillas rückgängig machen zu wollen scheint. Um die ohnehin schon am Limit des Erträglichen grummelnden Einwohner der Stadt zu befrieden, ließ er überraschend verkünden, dass die Genehmigungen der Pisos Turisticos, der Ferienvermietungen, ab 2028 nicht weiter verlängert werden sollen. Aber bedeutet das, dass Barcelona ab 2028 tatsächlich keine Ferienwohnungen mehr haben wird? Ganz so einfach wird es vermutlich nicht sein. Schließlich vermieten nicht nur private Besitzer, sondern auch ganze Unternehmen ihre Apartments auf den einschlägigen Buchungsplattformen. Ob die Wohnungen, denen die Lizenz der Ferienvermietung entzogen werden soll, dadurch automatisch Erleichterung auf dem schwer gebeutelten Wohnungsmarkt in Barcelona bringen werden, ist ebenfalls zweifelhaft. Derzeit herrscht also große Aufregung, aber wirklich klar ist noch nichts. Die Hotelketten allein könnten das hohe Besucheraufkommen nicht auffangen, es sei denn es werden massiv neue Hotels gebaut?
Mehr Gedanken zum Thema Massentourismus in Barcelona findest du hier: Overtourism oder nachhaltiges Reisen? und 13 Fragen: Schluss mit Massentourismus.
Das Problem in Barcelona sind nicht die interessierten, aufgeschlossenen Besucher der Stadt, die Land und Leute kennenlernen wollen. Dagegen hat niemand etwas. Die Demonstrationen richten sich gegen die Art von Tourismus und ganz schlicht und einfach die Massen der Besucher. Besonders im Zentrum Barcelonas leiden die Anwohner unter Junggesellinnen Abschiedspartys und nächtlichen Pub-Crawl Touren, deren angesagtes Ziel es ist, betrunken durch die Nacht zu ziehen.
Das Phänomen des Massentourismus ist ein allgemeines Problem geworden, dass nicht nur Barcelona betrifft. Venedig, Amsterdam, andere Städte und auch thailändische Inseln sind davon betroffen. Auch unsere Freunde in Berlin stöhnen bereits unter dem Ansturm der Besucher. Vielleicht wäre es sinnvoll über internationale Lösungen nachzudenken, denn letztenlich geht es uns alle an. Ich hoffe, dass das Reisen weiterhin eine schöne Möglichkeit bliebt, andere Menschen und Kulturen kennenlernen zu können und dass irgendjemand eine gute Idee hat, wie man Kreuzfahrten einschränken und dem Partytourismus ganz generell Einhalt gebieten könnte.