Bezirke

Burg Grünwald – Die Heimat der alten Rittersleut ist ein Museum – Landkreis München | ABC-Z

Die Witwe eines Kaisers, ein Hochstapler, der sich als Alchimist ausgab, und der Münchner Komiker Karl Valentin als „Rittergutaufräumungsgeneral“: Seit mehr als 800 Jahren gehen schillernde Gäste in der Burg Grünwald ein und aus. Trotzdem wüssten viele kaum etwas über den geschichtsträchtigen Bau über der Isar, sagt Harald Schulze von der Archäologischen Staatssammlung, die hier ein Zweigmuseum betreibt. „Dabei war Grünwald eine der wirklich bedeutenden bayerischen Burgen.“

Von außen deutet nicht viel auf die bewegte Vergangenheit des Gemäuers hin. Auf den ersten Blick wirkt es nicht so sehr wie die trutzige Burg, die man sich zu Rittergeschichten vorstellt. Der Burghof liegt in idyllischer Stille, die Wände sind sauber in hellgelb gestrichen. Doch Grünwald war einst Ferien- und Jagdsitz der Wittelsbacher und beherbergte bedeutende Charaktere ihrer Zeit. Innen im Museum wird die Geschichte der Burg auf anschauliche Weise gezeigt.

Schon vor mehr als 1000 Jahren war das heutige Grünwald ein strategisch wichtiger Standort: In römischer Zeit überquerte ein Stück weiter südlich die bedeutende Straße zwischen Salzburg und Augsburg die Isar. Der Übergang wurde von der Römerschanze aus bewacht. Auch aus dieser Zeit gibt es Funde im Museum zu sehen, zum Beispiel Schwerter oder Lanzenspitzen, die wohl einst beim Überqueren der Isar verloren gingen, wie Archäologe Schulze sagt.

Der Archäologe Harald Schulze nennt die Burg Grünwald “eine der wirklich bedeutenden bayerischen Burgen“. (Foto: Claus Schunk)

Auf dem flachen Hügel, auf dem die Burg heute steht, gab es schon seit dem Jahr 900 erste Befestigungen, die immer wieder über- und umgebaut wurden. Um 1200 schließlich wurde die Anlage zu einer repräsentativen Burg umgestaltet, rund 40 Jahre später fiel sie in den Besitz der Wittelsbacher. Die Burg sei zum Sitz des Jagdministers geworden, erzählt Schulze. „Sie haben extra Wild gezüchtet, damit es genug gibt.“ Das Jagdschloss war bekannt als „Burg zum grünen Walde“ und gab dem Ort, der früher Derbolfing hieß, schließlich auch seinen heutigen Namen.

Nicht nur die adligen Jäger bevölkerten die Burg im Mittelalter, auch Frauen spielten laut Schulze eine große Rolle. Grünwald sei oft der Wohnsitz für Witwen von Wittelsbacher-Herrschern gewesen, beispielsweise residierte Kaiserin Margarethe von Holland hier, die Gemahlin des Kaisers Ludwig des Bayern. Und manch ein Herzog habe hier seine bürgerliche Geliebte versteckt, sagt Schulze. Denn Grünwald war noch nah genug an ihrem Sitz in der Münchner Residenz für ein heimliches Rendezvous und gleichzeitig doch weit genug entfernt, um vor unerwünschten Beobachtern zu schützen.

Blick von oben: Die Burg Grünwald im Modell. (Foto: Claus Schunk)

Im späten Mittelalter wurde die Anlage zur „absoluten Luxusburg“ ausgebaut, wie Schulze sagt. Spuren davon sind noch heute zu erkennen: Die bunten Wappen am Giebel des Torhauses wurden in dieser Zeit gemalt. „Das ist das Who’s who des europäischen Hochadels“, erläutert der Archäologe und zeigt auf eine Tafel im Museum, auf der die Wappen aufgeschlüsselt sind. Der damalige Herzog ließ gewissermaßen seinen Stammbaum aufmalen: Wittelsbacher und Habsburger sind ebenso zu finden wie Adelswappen aus Tirol, Portugal oder Sizilien. Am Torhaus von Grünwald sei also zu erkennen, wie stark der Adel international vernetzt war.

Bei der Luxussanierung im späten Mittelalter wurden Kachelöfen eingebaut. Reste der Kacheln sind noch erhalten. (Foto: Claus Schunk)

Zur Luxussanierung der Burg gehörten seinerzeit auch Annehmlichkeiten wie Butzenscheiben sowie Öfen in jedem Raum. Reste der Kacheln sind noch heute im Museum zu sehen. Ein großes Modell zeigt, wie die Burg in ihrer Blütezeit über der Isar thronte. Von der einstigen Pracht sind indes nur noch Teile übrig. Im 17. Jahrhundert rutschte der Burgberg laut Schulze zum Fluss hin ab, samt herrschaftlichem Wohnhaus, Türmen und Mauern.

Der abgebrochene Teil wurde weniger prunkvoll wieder aufgebaut und als Gefängnis genutzt. Im Museum wird die Geschichte des wohl schillerndsten Insassen erzählt: Der italienische Bauernsohn Caetano hatte sich bei Hofe als Alchimist und Goldmacher ausgegeben. An der Wand der Grünwalder Burg ist noch eine Zeichnung zu sehen, die er während der Haft mit Ziegelresten malte. Er verglich damit seine eigene Geschichte mit dem Leidensweg Christi. „Das hat ihm später das Genick gebrochen“, sagt Schulze. Unter anderem wegen Gotteslästerung wurde er erhängt.

Zwischenzeitlich nutzte ein Wachspräparator die Burg. Einige seiner Figuren sind in der Ausstellung zu sehen. (Foto: Claus Schunk)

Später kamen Burgen aus der Mode, wie Schulze sagt – zumindest zeitweise. Die Anlage in Grünwald wurde als Munitionsdepot genutzt, bis die Münchner Familie Zeiller sie kaufte. Paul Zeiller war königlicher Wachspräparator und nutzte die Räumlichkeiten, um seine Figuren auszustellen, die unter anderem in den damals beliebten Panoptiken zum Einsatz kamen. Einige dieser Büsten lassen sich heute noch im Burgmuseum bestaunen.

Die Dauerausstellung wurde vor zehn Jahren eröffnet

Zeillers Sohn veranstaltete regelmäßig Kostümfeste für die Münchner Künstlerszene auf der Burg und war befreundet mit Karl Valentin. Der Komiker nutzte die Burg als Rückzugsort und suchte regelmäßig mit dem Spaten nach Relikten. Ohne Erfolg, dennoch inspirierte ihn die Anlage. Grünwald ist der Stammsitz des Ritters Unkenstein in seinem gleichnamigen Theaterstück, in seinem Lied „Die alten Rittersleut“ ist die Burg ebenfalls verewigt. Im Museum steht eine Ritterrüstung, wer ihr die Hand drückt, bekommt einige Verse vorgespielt.

Wer der Ritterrüstung die Handschüttelt, hört einige Verse von Karl Valentins Spottlied “Die alten Rittersleut”. (Foto: Claus Schunk)

1976 konnte der Freistaat die Burg zurückerwerben. Die vor zehn Jahren eröffnete Dauerausstellung weitet auch den Blick über Grünwald hinaus: Weitere Räume beleuchten die Geschichte der Burgen in ganz Bayern. Dabei lernt man unter anderem, wie die Anlagen gebaut wurden, wie vielfältig das Leben auf einer Burg war und wie wichtig auch die Umgebung für die Bewohner war.

Auch Gewänder von Rittern und Burgfräulein werden in der Ausstellung gezeigt. In manche kann man sogar hineinschlüpfen. (Foto: Claus Schunk)

Die Ausstellung seien auch gut für Familien geeignet, sagt Schulze. „Ritter und Burgfräulein sind immer noch ein großes Thema für Kinder.“ Kleine, aber auch große Besucher können daher auch selbst einmal in diese Rolle schlüpfen: Im Museum hängen historische Kostüme bereit, in denen man sich wie ein Burgbewohner fühlen kann.

Das Grünwalder Burgmuseum ist zwischen Dienstag und Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Ein Ticket kostet 2,50 Euro, an Sonntagen einen Euro. Kinder unter 18 Jahren haben freien Eintritt.

Back to top button